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Wasser als Kulturgut

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Am kommenden Wochenende findet der Europäische Tag des Denkmals statt. Das Thema "Am Wasser" gibt Anlass, die Schweizer Kulturlandschaft und die sie prägenden Elemente vom Wasser aus in den Blick zu nehmen.

Hoch oben im Tessiner Maggiatal: Auf 2000 Meter Höhe führt eine schöne Wanderung oberhalb von Fusio am Lago di Mognola vorbei. Hier stossen Natur- und Kulturlandschaft direkt aufeinander.

Der ruhige Bergsee, sprudelnde Bäche, aber im Hintergrund auch der grosse Sambuco-Stausee mit seiner mächtigen Staumauer zur Elektrizitätsgewinnung.

Vor uns im Boden ein Stück Zeitgeschichte: Ein enger Kanal aus Granitsteinen, den Bergbauern einst anlegten, um Wasser von einem Bach über 1,5 Kilometer auf die Alpweide Canà zu leiten.

Bis 1956 wurde der “Acquedotto di Canà” genutzt. Heute ist er ein einmaliges Kulturdenkmal für das Tessin – Teil einer vergangenen Berglandwirtschaft.

Mit viel Aufwand hat man dieses kulturgeschichtliche Zeugnis restauriert, genauso wie andere Kulturdenkmäler dieser Art: Mühlen, Hammerschmieden, Waschtröge.

Kultur versus Ökologie

Der Europäische Tag des Denkmals konzentriert sich dieses Jahr auf solche kulturgeschichtlichen Zeugnisse, die mit dem Wasser verbunden sind. Gerade in der wasserreichen Schweiz drängt sich dieses Thema auf. Dabei steht Wasser heute namentlich für Energiegewinnung und Transport.

Besucht werden können beispielsweise zwei Pionierwerke der Wasserkrafterzeugung: Die Grande Dixence im Wallis, die höchste Gewichtsstaumauer der Welt, oder die Kraftwerke Grimsel/Oberhasli. Es sind zwei gigantische Werke, welche die sie umgebende Landschaft nachhaltig verändert haben.

“Diese Werke faszinieren und irritieren”, sagt daher Hans Widmer, Präsident der nationalen Informationsstelle für Kulturgüter-Erhaltung (Nike), welche für die Durchführung des Denkmaltags in der Schweiz verantwortlich zeichnet. Gerade am Beispiel Wasser zeigt sich seiner Meinung nach “das Spannungsfeld zwischen Kulturgut-Erhaltung und Ökologie”.

Von Fabriken bis …

Ihre Tore öffnen am Tag des Denkmals auch Schlösser und Villen am Wasser. Darüber hinaus Gebäude, welche für die Wirtschafts- und Industriegeschichte der Schweiz von grosser Bedeutung waren: Lagerhäuser, Fabriken, Papier- oder Kornmühlen.

Wasser steht aber auch für Naturgewalt und Zerstörung. Strassen und Geleise werden überflutet oder in Folge von Moränen verschüttet. Oft genug sind Menschen durch Wassermassen in den Tod gerissen worden. Und immer wieder haben Menschen Bauwerke geschaffen, um andere Bauwerke oder sich selber vor Wassergewalten zu schützen.

So wurde zum Beispiel der Gruonbach bei Flüelen (am Vierwaldstättersee), der zuvor regelmässig die Geleise der Gotthardbahn verschüttet hatte, mit gewaltigen Steinblöcken und Baumstämmen verbaut. Am Tag des Denkmals kann diese ingenieurtechnische Meisterleistung unter fachkundiger Führung besichtigt werden.

… zu Pfahlbauten

Ob Wasser- und Pumpwerke einer Stadt, Badeanstalten oder Ziehbrunnen: Die Palette der wassergebunden Kulturdenkmäler ist gewaltig. “Und das kulturelle Erbe ist die Basis unserer Identität”, sagt Jean-Frédéric Jauslin, Direktor des Bundesamts für Kultur.

Ein Kulturerbe, das besonders weit in die Vergangenheit reicht, sind die einstigen Pfahlbauten. In Schönenwerd (Kanton Solothurn) kann im Bally-Park das Modell einer jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung angeschaut werden.

Pfahlbauten in sechs Alpenländern sollen künftig zum Unesco-Welterbe gehören. Unter Führung der Schweiz wird zur Zeit ein Dossier erstellt, das bis im Januar 2010 der Uno-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation übergeben werden soll.

Gerhard Lob, swissinfo.ch

Der europäische Tag des Denkmals findet in der Schweiz traditionell am zweiten September-Wochenende statt.

Der Tag steht für die wichtigste Sensibilisierungs-Kampagne auf dem Gebiet der Kulturgüter-Erhaltung in Europa.

Die diesjährigen Veranstaltungen in der Schweiz widmen sich ganz dem kulturellen Erbe, das dem Wasser entlang entstanden ist.

Besuchende erfahren, wie stark diese natürliche Ressource seit eh und je unseren Reichtum an Kulturgütern geprägt hat.

Im ganzen Land stehen dem Publikum kostenlos zahlreiche Veranstaltungen offen: Führungen oder individuelle Entdeckungsrundgänge zu Fuss oder per Velo, Ausstellungen, Filmvorführungen oder Konzerte.

Während zweier Tage öffnen viele historische Gebäude ihre Tore, die sonst für die Allgemeinheit nicht zugänglich sind.

Dazu sind Fachleute vor Ort, die interessierten Personen weiterführende Informationen geben.

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