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Lange vergessene Gräueltaten

Der Völkermord an den Armeniern 1915 bis 1918 gilt vielen Historikern als erster staatlich organisierter Genozid der modernen Geschichte. Die Türkei weist die Völkermord-Anschuldigung zurück und spricht von "kriegsbedingten Ereignissen".

Der Genozid am armenischen Volk fand während des Ersten Weltkrieges statt. Das armenische Siedlungsgebiet war zwischen den verfeindeten Staaten Türkei (osmanisches Reich) und Russland geteilt.

Aus Angst vor Unabhängigkeitsbestrebungen und einer Kollaboration zwischen den christlichen Armeniern und Russland deportierten die türkischen Behörden ab April 1915 Hunderttausende von Armeniern in die Wüste Mesopotamiens. Nach armenischen Angaben starben dabei etwa 1,5 Millionen Armenier, die Türkei geht von etwa 200’000 Toten aus.

Die Überlebenden flüchteten erst in Nachbarstaaten, dann in westeuropäische Länder. In der Schweiz wurde die Armenier-Hilfe organisiert. Ein wichtiger Helfer war der Appenzeller Diakon Jakob Künzler (1871-1949), der rund 8000 armenische Kinder nach Libanon rettete.

In der Schweiz leben heute rund 5’000 Armenier – vor allem in den Regionen Genf, Lugano, Aargau und Kreuzlingen. In der armenisch-apostolischen Kirche in Troinex GE wird jeweils am 24. April eine Messe zum Gedenken an den Armenier-Genozid zelebriert.

Völkermord oder kriegsbedingte Ereignisse?

Das Armenier-Massaker war lange Zeit aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Erst die Terrorwelle der Armenischen Geheimarmee Asala in den Achtziger Jahren lenkte die Aufmerksamkeit der Welt wieder auf das Schicksal dieses Volkes.

Die Parlamente mehrerer Länder anerkannten den Armenier-Genozid offiziell – so das Europaparlament 1987, das russische Parlament 1994 und das französische Anfang dieses Jahres.

Die Türkei weist den Vorwurf des Völkermords an den Armeniern strikt zurück. Ankara spricht von kriegsbedingten Ereignissen und verweist auf die damalige armenische Unterstützung für die aus Osten anrückenden russischen Truppen.

swissinfo und Agenturen

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