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Abstimmungskämpfe: Mehr Transparenz

Die Schweizer Regierung soll sich bei Abstimmungskämpfen engagieren, mit sachlicher und transparenter Information. Keystone Archive

Die Schweizer Regierung soll sich bei Abstimmungs-Kämpfen engagieren - unter strikten Regeln. Propaganda ist ausgeschlossen.

Diesen Schluss zieht eine Arbeitsgruppe des Bundes, deren Bericht am Donnerstag in Bern veröffentlicht wurde. Der Bericht enthält Leitplanken für das Engagement, an denen sich die Landesregierung in Zukunft messen lassen will. Die Information müsse vor allem sachlich und transparent bleiben.

Früher galt der Grundsatz, dass sich Bundesrat und Verwaltung aus dem Abstimmungs-Kampf heraushalten müssten. Die Behörden begenügten sich weitgehend damit, krasse Verzerrungen zu kontern oder grobe Fehler zu korrigieren. Kurz: Man tat alles, um auch den geringsten Anschein staatlicher Propaganda zu vermeiden.

Eine Frage von Verständnis und Vertrauen

In den vergangen Jahren hat sich dies allerdings bereits geändert. Auf Grund politischer, rechtlicher, gesellschaftlicher und medialer Veränderungen habe der Bundesrat begonnen, eine aktivere Rolle zu spielen.

“Es wäre heute unverständlich, wenn der Bundesrat im Parlament für seine Geschäfte kämpfen, sich dann aber in den entscheidenden Phasen in den Elfenbeinturm zurückziehen würde”, sagte Bundesrats-Sprecher Achille Casanova als Leiter der Arbeitsgruppe. Denn eine freie unverfälschte Meinungsbildung sei nur dann möglich, wenn die Positionen aller relevanten Akteure bekannt seien.

Für Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz gehört die Information zur Führungsaufgabe: “Eine Voraussetzung für die freie Willensbildung in der Demokratie, in der Volksabstimmungen eine zentrale Rolle spielen. Es gehe darum, bei den Bürgerinnen und Bürgern Verständnis und Vertrauen zu schaffen.

Vier Grundsätze

Die Arbeitsgruppe analysierte verschiedene Abstimmungs-Kampagnen der Vergangenheit und leitete daraus mehrere Forderungen ab. Nach Ansicht der Arbeitsgruppe muss sich das staatliche Engagement an strikte Regeln halten.

Damit der Prozess der politischen Meinungsbildung fair und korrekt verlaufe, müssten vier Grundsätze eingehalten werden: Kontinuität, Transparenz, Sachlichkeit und Verhältnismässigkeit. Sonst drohe Gefahr, dass ein Eindruck von Staatspropaganda entstehe, sagte Achille Casanova weiter.

Die Behörden sollen ihre Argumente so früh wie möglich bringen und wichtige Informationen nicht zurückhalten. So gebiete zum Beispiel die Transparenz die Publikation aller Meinungsumfragen und verbiete verdeckte Informationen (etwa auf dem Weg von Leserbriefen). Die Stimmberechtigten sollen mit sachlichen Argumenten überzeugt, nicht aber überredet werden.

In Broschüren müssten die jeweiligen Abstimmungs-Themen ohne allzu starke Vereinfachungen erklärt werden. Emotionale und suggestive Wirkungen seien besonders in der Abstimmungsphase zu vermeiden.

Nicht im gekauften Raum

In der heissen Phase des Abstimmungskampfes dürfen nach Ansicht der Arbeitsgruppe weiterhin keine Plakate, Inserate oder andere kommerzielle Medien eingesetzt werden. “Kommunikation im gekauften Raum” wäre rechtlich und staatspolitisch bedenklich. Sie sei auch nicht nötig, weil dem Bundesrat genügend andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden.

Bei den so genannten Themen-Kampagnen vor dem eigentlichen Abstimmungs-Kampf können kommerzielle Kommunikations-Mittel ausnahmsweise eingesetzt werden. Bei diesen Kampagnen gehe es nur darum, grundsätzliche Angaben zu vermitteln, etwa um bei komplexen Inhalten Sachkenntnisse zu vermitteln.

Spätestens bei Bekanntgabe des Abstimmungstermins müssen solche Kampagnen aber abgeschlossen sein. Zudem müssten Kredite für solche Kampagnen vom Parlament genehmigt werden. Als Beispiel nannte Casanova die 1,2 Mio. Franken für die Information über den UNO- Beitritt.

Der Bundesrat hat den Bericht am Mittwoch eingehend diskutiert und sich laut Huber-Hotz zu den darin enthaltenen Leitplanken bekannt. Es gehe um einen Beitrag zu mehr Transparenz in einer staatspolitisch wichtigen Frage.

Der Arbeitsgruppe, die den Bericht verfasste, gehörten Informationsbeauftragte aller Departemente und weitere Fachleute der Bundesverwaltung an.

swissinfo und Agenturen

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