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Bertarelli als Navigator im America’s Cup

Der reichste Schweizer will Navigator den America's Cup mitgewinnen. Keystone Archive

Ernesto Bertarelli, CEO der Serono SA und mit 13 Milliarden Vermögen der reichste Schweizer, wird selbst am nächsten America's Cup teilnehmen.

Gegenüber swissinfo bestätigte Russell Coutts, dass Ernesto Bertarelli als Navigator persönlich an Bord der Jacht seines Projekts “Alinghi” am America’s Cup 2003 mitfahren wird. Der Cup ist die älteste Sporttrophäe der Welt. Coutts, der Bertarellis Projekt als Manager und Steuermann zum Erfolg führen soll, hat mit Bertarelli in den letzten Monaten mehrere Regatten gesegelt und auch gewonnen. Der Neuseeländer Coutts konnte zum Erstaunen seiner Landsleute als America’s Cup-Gewinner 2000 vom Schweizer Bertarelli für den kommeden Cup angeheuert werden.

Computerkenntnisse auf hoher See

Da der Genfer Serono-Chef auch über gute Computer-Kenntnisse verfüge, so Coutts, sei er in der Lage, auf einem America’s Cup die Aufgabe des Navigators zu übernehmen. Bertarelli werde allerdings nicht alle Regatten des Cups bestreiten, der ein halbes Jahr dauert. Dazu hat der Geschäftsmann wohl die Zeit nicht – aber das Geld schon.
Gemäss “Alinghi”-Sprecherin Véronique Teurlay wird das America’s Cup-Unternehmen mit insgesamt 55 Mio. Dollar (rund 92 Mio. Fr.) gesponsort. Neben Bertarelli selber figurieren die UBS und Infonet als Sponsoren, Audemars Piguet und Riri sind Co-Sponsoren.

Hohe Siegeschancen?

Möglicherweise wird Bertarelli in 14 Monaten sogar die Trophäe des Cups in den Händen halten. In eingeweihten Kreisen Neuseelands räumt man dem Unternehmen Alinghi immer mehr Kredit ein. Die Basis im Hafen von Auckland, die als Arbeitsplatz und Werft für die beiden Alinghi-Rennjachten dient, hat sowohl die “locals” als auch die “challengers”, sprich die Herausforderer der Schweizer, stark beeindruckt.

Neueste Tessiner Architektur

Das vom Tessiner Architekten Ugo Brunoni, dem Erbauer der runden Kirche von Sainte Trinité, entworfene Gebäude hebt sich deutlich von den anderen Basen ab. Der Flachbau besteht aus mit Silber überschichtetem Plexiglas. Dadurch verändert sich je nach Lichteinfall die Aussenfarbe. Aus dem zarten Rosa in der Morgensonne wird im Schatten der Dämmerung ein mattes Violett.

Einzigartig wird auch die Öffnung für das Publikum empfunden. Rund ein Viertel der Basis wird den Besuchern zugänglich sein. Sie erleben das Einwassern der Jachten aus nächster Nähe. Genau das will Marketingchef Michel Hodara. Den Leuten soll der America’s Cup näher gebracht werden.

“Match Race” auch im Büro

Die Basis dient jedoch in erster Linie als Arbeitsplatz für fast hundert Leute, die beim Projekt Alinghi dabei sind. Segelcrew, Designteam, Bootsbauer, Marketingleute, Unterhalts- und Büro-Crew wollen die älteste Sporttrophäe der Welt gewinnen. Weil nur eine topp fitte Crew einem Match Race gewachsen ist, wird im Kraftraum täglich anderthalb Stunden trainiert.

Naturburschen aus hartem Holz

Jean-Pierre Egger, der ehemalige Trainer von Werner Günthör, hat das Programm zusammengestellt. Er staunt über den Durchhaltewillen und die Moral der Profisegler: “Das sind Naturburschen, die am Meer aufwuchsen und damit aus anderem Holz geschnitzt sind.”

Weil die Arbeit an Bord immer wieder zu Verletzungen führt, hat Coutts Xavier Jolis angestellt, den ehemaligen Physiotherapeuten des Formel-1-Rennfahrers Michael Schumacher.

Segelschiffe: Testen macht schneller

Doch die echten Protagonisten sind die Segelschiffe. Momentan sind es zwei – das Trainingsboot SUI 59 und der erste America’s Cupper der neuen Generation, die SUI 64. Sie werden jeden Tag von der Segelcrew sechs bis sieben Stunden lang auf dem Meer getestet.

Denn ähnlich wie in der Formel 1 wird eine moderne High-Tech-Jacht erst durch ein umfangreiches Testprogramm schnell gemacht. Weil der America’s Cup fast ein halbes Jahr dauert, müssen die Jachten verschiedene Wetterprofile abdecken. Eines der beiden Boote wird für leichte, das andere für starke Winde gebaut.

Der Sekundenteufel liegt im Detail

Auch Segel, Mast, Ruder- und Kielform werden getestet. Dabei geht es um den Gewinn von Sekunden, wie der Schiffsarchitekt Rolf Vrolijk betont. “Heute gibt es beim Bau keine Überraschungen mehr. Denn die bestehende Vermessungsformel ist ausgeritzt. Alle Teams arbeiten in den gleichen Bereichen.” Dafür ist es die Gesamtheit der vielen kleinen Innovationen am Rigg, am Segel oder im Unterwasserbereich, die letztlich den Ausschlag geben könnten.

Zuerst nur gegeneinander

Die Testergebnisse fliessen nun in den Bau der zweiten Jacht ein, die im Juli in einer Werft in Vevey fertig erstellt wird. Ab August segeln die beiden neuen Jachten in einer weiteren Testphase gegeneinander. Doch erst wenn die wirklichen Cup-Regatten gegen die Schiffe anderer Herausforderer beginnen, wird das Alinghi-Team wissen, wie gut ihre Jachten tatsächlich sind.

Gegeneinander segeln müssen nicht nur die Schiffe, sondern auch das Segelteam. Dieses besteht aus 32 Männern aus 14 Nationen, wovon aber nur 16 im ersten Schiff Platz nehmen können. Dabei haben die acht Schweizer gegen den Rest der Crew keinen leichten Stand. Denn sie verfügen über wenig Cup-Erfahrung. Gemäss Coutts haben sie dennoch Fortschritte gemacht. Chancen, dass einer oder mehrere Schweizer im Challenger-Boot selbst dabei sein kann, gibt es – an der Seite Ernesto Bertarellis.

Alinghi – Babysprache

Bertarelli hat seinem Traum, den America’s Cup zu gewinnen, den Fantasienamen Alinghi gegeben, weil dies angeblich das erste Wort war, das der heute 37jährige als Baby aussprach.

Walter Rüegsegger

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