Die Sterne aus Bethlehem
Im Westen der Stadt Bern, in einem von Hochhäusern geprägten Quartier namens Bethlehem, hat der Frauenfussball eine lange Tradition.
Seit 1984 können dort Mädchen und Frauen organisiert Fussball spielen.
Dass aller Anfang schwer ist, zeigt der Weg des zweiten Juniorinnen-Teams in Bethlehem: Die ersten Spiele, welche die Mädchen austrugen, endeten fast immer in einer vernichtenden Niederlage.
Die Fussballneulinge mussten erst lernen, die Angst vor Ball und Gegnerinnen – die oft nicht nur spielerisch, sondern auch körperlich überlegen waren – zu überwinden.
Ausserdem musste zuerst experimentiert und herausgefunden werden, wer sich auf welcher Position am Besten entfalten konnte.
Die Mädchen liessen sich jedoch nicht entmutigen. Sie besuchten weiterhin diszipliniert die Trainings, freuten sich auf jedes Spiel und schafften es schliesslich, einige Begegnungen für sich zu entscheiden.
Warum Fussball?
Fragt man die «C-Juniorinnen», warum sie sich für Fussball entschieden haben, bekommt man spontan zu Antwort: «Wüus fägt!» («Weil es Spass macht!»).
Dass Fussballspielen Spass bereitet, hatten sie unter anderem beim unverbindlichen Mitkicken auf dem Schulhof festgestellt. Nachdem das erste dieser potenziell fussballinteressierten Mädchen den Mut gehabt hatte, der Mannschaft beizutreten, folgten einige ihrer Freundinnen ihrem Beispiel.
Dies sprach sich schnell herum und schon bald interessierten sich weitere Mädchen für diesen vermeintlichen Männersport.
Echte Begeisterung
Nach einer gewissen Zeit zeigte sich, dass die Idee, in einem Team Fussball zu spielen, nicht nur ein vorübergehender Spleen von pubertierenden Mädchen war, sondern auf echter Begeisterung gründete.
Die Trainings werden diszipliniert besucht und während der Spielphasen sind die Samstage in der Freizeitplanung der jungen Frauen ganz klar für die Matchs reserviert.
Dies hat auch eine direkte Auswirkung auf die Freizeitplanung der Eltern, denn ihre Unterstützung ist sehr wichtig. Sie sind nicht nur eine wichtige Fangruppe, sondern häufig auch für den Transport zu den Austragungsorten zuständig.
Lebensschule
Der Fussball ist für die jungen Frauen eine wichtige Lebensschule. Der Kampf auf dem Feld stärkt das Selbstvertrauen, da sie lernen, sich gegen andere durchzusetzen.
Gleichzeitig müssen sie darauf achten, dabei fair zu bleiben, da sie sonst bestraft werden. Sie lernen, in einem Team zu arbeiten, mit Kritik umzugehen und ab und zu auch ungerechte Schiedsrichter-Entscheide hinzunehmen, ohne gleich die Fassung zu verlieren.
Ausserdem stärken die regelmässigen Trainings die physische und psychische Kondition, was auch ausserhalb der Fussballwelt durchaus hilfreich ist.
Mehr Junge
Während in der Saison 2007/2008 erstmals in der Geschichte des Bethlehemer Frauenfussballs keine Damenmannschaft zusammengestellt werden konnte, verzeichnen die Juniorinnen-Teams seit der Weltmeisterschaft in Deutschland einen stetigen Zuwachs an Spielerinnen.
Vor zwei Jahren konnte deshalb das zweite Juniorinnen-Team, die C-Juniorinnen, aufgebaut werden.
Im letzten Jahr war der Ansturm gar so gross, dass eine dritte Juniorinnen-Equipe (D-Juniorinnen) gegründet wurde, da nicht mehr alle Mädchen bei den B- oder C-Juniorinnen Platz fanden.
Brotloser Job
Momentan zeigt die Entwicklungskurve der C-Juniorinnen tendenziell nach oben. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass seit der Saison 2007/2008 die Sommertrainings für C- und D-Juniorinnen separat durchgeführt werden können.
Dafür braucht es jedoch genügend Trainer und Trainerinnen, was nicht ganz unproblematisch ist: Der Job verlangt viel Engagement und Zeit, ohne dass dabei viel Geld oder Ansehen zu holen wäre.
Da bleibt nur zu hoffen, dass die Bethlehem-Juniorinnen weiterhin gute Coaches finden und ihre Begeisterung für den aktiven Fussball noch lange bestehen bleibt.
swissinfo, Ruth Widmer
Der FC Bethlehem (Männermannschaft) wurde 1964 unter dem Namen FC Kickers 3027 gegründet.
Seit 1984 gibt es beim FC Bethlehem auch Damenteams.
Bei den Frauen gibt es vier Teams: Die Aktiven, die nach einer einjährigen Spielpause in der Saison 2008/2009 wieder spielen werden und drei Juniorinnen-Teams.
Ein Trainer oder eine Trainerin der C-Juniorinnen «verdient» jährlich 300 Franken.
Frauenfussball ist immer noch ein Minderheitensport, aber in der Schweiz boomt er: Die Zahl der lizenzierten Spielerinnen hat sich seit 2003 auf fast 18’000 verdoppelt.
Fussball wird damit auch bei den Schweizerinnen bald zur beliebtesten Team-Sportart.
Und der Schweizer Frauenfussball ist erfolgreich: Das U-20 Nationalteam nahm 2006 erstmals an einer WM teil, und der SC LUwin.ch erreichte in der Saison 2005/06 als erstes Schweizer Team die zweite Gruppenphase des UEFA Women’s Cup, der Champions-League der Frauen.
Der Profibetrieb wächst, grosse Turniere werden weltweit vom Fernsehen übertragen.
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