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Mehr Asylbewerber brauchen Nothilfe

Nothilfe umfasst Obdach und Nahrung. Keystone

Die Zahl der Asylsuchenden, die in der Schweiz Nothilfe beziehen, ist im letzten Quartal 2004 leicht gestiegen.

Damit sie das Land schneller verlassen erhalten Asylbewerber, auf deren Gesuch nicht eingetreten wurde, keine Sozialhilfe mehr.

Obwohl die Zahl der Asylgesuche am sinken sei, stelle man einen Anstieg der Gesuche um Nothilfe fest, sagte Dominique Boillat, Sprecher des Bundesamts für Migration (BFM).

Seit dem 1. April 2004 erhalten Asylsuchende, auf deren Gesuch nicht eingetreten wurde, nur noch eine von der Verfassung garantierte minimale Nothilfe, anstatt wie bisher auch Sozialhilfe.

Seither erhielten rund 3800 Asylbewerber einen Nichteintretens-Entscheid, wie aus dem dritten Monitoring-Bericht des BFM hervorgeht. Die Kantone leisteten 649 (17%) von ihnen Nothilfe. In den Vorquartalen waren es jeweils 15 und 16%.

“Erhoffte Wirkung”

360 Personen mit einem Nichteintretens-Entscheid wurden im vierten Quartal 2004 insgesamt 553 Mal durch die Polizei angehalten, wie das BFM weiter schreibt. Über die Hälfte dieser Anhaltungen waren auf irregulären Aufenthalt zurückzuführen. Gut 6% der 3804 Personen mit einem Nichteintretens-Entscheid wurden auf Grund von Betäubungsmittel- oder Vermögensdelikten angehalten.

Im Übrigen zeige der mit Nichteintretens-Entscheiden verbundene Sozialhilfe-Stopp die erhoffte Wirkung, schreibt das BFM. Von den 1788 Personen, die von April bis Juni des letzten Jahres einen solchen Entscheid erhielten, wurden im vierten Quartal nur noch 20% als Nothilfe-Bezüger oder polizeilich erfasst.

Daraus lässt sich laut BFM tendenziell schliessen, dass der Sozialhilfe-Stopp die erhoffte Wirkung zeigt und die betroffenen Personen nach mehreren Monaten nicht mehr um Nothilfe ersuchen oder von der Polizei aufgegriffen werden. Für definitive Schlussfolgerungen sei es aber noch zu früh.

Verschärfung auch bei Nothilfe

In den letzten Monaten waren selbst die Nothilfe-Leistungen in Frage gestellt worden. Einzelne Kantone wollten renitenten Asylbewerbern, auf deren Gesuch nicht eingetreten worden war, die Nothilfe ganz verweigern. Zudem verschärfte der Ständerat die Vorlage zum Asylgesetz. Er wollte den Nothilfe-Stopp auf abgewiesene Asylbewerber ausdehnen.

Einen Tag später entschied das Bundesgericht jedoch, dass die Ausrichtung der Nothilfe nicht vom Widerstand der Asylbewerber abhängig gemacht werden darf. Es sprach sich für das uneingeschränkte Recht auf Nothilfe aus.

Für Bundesrat Christoph Blocher war das jedoch kein Grund, von der harten Linie des Ständerats abzuweichen. “Wenn die Streichung der Nothilfe für die Lösung eines tatsächlichen Problems etwas bringt, dann sollten wir uns eine Änderung des Gesetzes und allenfalls der Verfassung vorbehalten”, erklärte der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) in einem Interview mit der “Berner Zeitung”.

Knapp einen Monat danach will sich Blocher nun offenbar der Verfassung beugen und auf eine Änderung verzichten. Letzte Woche schlug er der nationalrätlichen Kommission bei der Beratung des Asylgesetzes vor, der Staat solle weiterhin Nothilfe ausrichten, wenn die Notlage eines Asylbewerbers mit rechtskräftigem Wegweisungs-oder Nichteintretens-Entscheid glaubhaft erscheine.

swissinfo und Agenturen

Der Bundesrat hat am 4. September 2002 die Botschaft zur Teilrevision des Asylgesetzes verabschiedet.

Anlass waren erste Erfahrungen mit dem am 1. Oktober 1999 in Kraft getretenen total revidierten Asylgesetz und die jüngste internationale Rechtsprechung.

Die Asylgesetz-Revision wurde im Rahmen der Sondersession im Mai 2004 im Nationalrat als Erstrat beraten.

Nach der Nationalratsdebatte brachte Justizminister Blocher neue Verschärfungen in die Asylgesetz-Vorlage ein.

Bevor der Ständerat darüber debattiert, wird die Vorlage zurzeit in der vorberatenden Kommission behandelt.

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