Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Peter Aliesch: Amt ja – Partei nein

Peter Aliesch erklärt den Medien seinen sofortigen Austritt aus der FDP. Keystone

Der Bündner Justizdirektor Peter Aliesch allein auf weiter Flur: Nach dem Auftauchen von kompromitierenden Videobändern hat ihm die Bündner FDP die Unterstützung entzogen. Aliesch wich der drohenden Misstrauenserklärung mit einem Parteiaustritt aus. Die Regierung entzieht ihm die wichtigsten Dossiers.

Die Ereignisse im Fall des Bündner Justizdirektors begannen sich am Freitagnachmittag (10.08.) zu überstürzen. Bevor die Parteileitung die neuste Entwicklung beraten konnte, gab Aliesch den sofortigen Parteiaustritt bekannt.

Er trete zwar aus der Partei aus, werde aber sein Amt “mit ganzer Kraft und Energie” weiter führen, sagte er anschliessend vor den Medien. Zu den Bestechungs-Vorwürfen und zu Gründen des Parteiaustrittes wollte er nicht weiter Stellung nehmen.

“Befreiungsschlag”

Der Parteivorstand entzog bei der anschliessenden Sitzung erwartungsgemäss ihrem Justizdirektor das Vertrauen. Parteipräsident Hans Joos bedauerte Alieschs Rückzug in letzter Sekunde. Der Parteivorstand habe die Situation aber unabhängig davon eingehend diskutiert.

Die politische Analyse der bekannten Faktoren habe ungeachtet der juristischen Gegebenheiten zum Entzug des Vertrauens und damit zur Rücktritts-Forderung geführt. Joos erachtete Alieschs Parteiaustritt als “Befreiungsschlag”.

Ohne Rückendeckung im Parlament werde es Aliesch kaum gelingen, seine Dossiers erfolgreich weiter zu bearbeiten. “Ich hoffe, dass er einsieht, dass man ohne Basis nicht politisieren kann”, sagte Joos. Es sei denkbar, dass der designierte Nachfolger Martin Schmid früher antreten müsse.

Aliesch soll WEF-Dossier entzogen werden

Auch die Bündner Regierung ging am Freitagabend klar auf Distanz zu Peter Aliesch. Die Regierung habe an ihrer Sitzung vom Freitag keine abschliessende Lage-Beurteilung vornehmen können, weil Aliesch an der Sitzung nicht teilnahm. Sie wolle aber am kommenden Dienstag Massnahmen beraten.

Zu diesen gehöre die Übertragung bestimmter Aufgaben an Baudirektor Stefan Engler. Die Regierung denkt besonders an den Polizeibereich, vor allem die Vorbereitung des World Economic Forum (WEF) in Davos. Geprüft würden weitere Schritte im Interesse einer glaubwürdigen Regierungstätigkeit. Ziel sei es, Schaden vom Kanton und seinen Institutionen abzuwenden.

Ein Fest zuviel

Aliesch steht in der Affäre um Geschenke des griechischen Geschäftsmanns Papadakis unter steigendem Druck. Die Haltung der Parteien und der Regierung gegenüber dem Justizdirektor war aufgrund eines Amateur-Videos gekippt, welche die “Rundschau” von SF DRS ausgestrahlt hatte und eine Geburtstagsparty zeigte, die der mutmassliche Millionen-Betrüger Papadakis in einem Zürcher Luxushotel 1998 gegeben hatte.

Das Video zeigt Aliesch zusammen mit Chefbeamten aus seinem Departement und enthält eine Geburtstags-Rede des Zürcher SVP-Kantonsrats Werner Furrer mit klaren Anspielungen auf die Probleme des Griechen mit seiner Aufenthalts-Bewilligung und seine Freundschaft mit der Bündner Regierung.

Immunitität aufheben

Die Zürcher Bezirksanwaltschaft ermittelt gegen Aliesch wegen des Verdachts auf passive Bestechung. Der Bündner Grosse Rat will am kommenden 7. September über die vom Betroffenen selber unterstützte Aufhebung der Immunität entscheiden.

Aliesch hat sich für die Annahme von Geschenken des Griechen entschuldigt, bestreitet aber ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Eine Amtsenthebung ist nicht möglich. Die Bündner Verfassung kennt kein Amtsenthebungs-Verfahren.

swissinfo und Agenturen

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft