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Schweizer Schützenpanzer für Irak

Schützenpanzer M113 sind auch noch in der Schweiz im Einsatz. Keystone

Grünes Licht des Bundesrates zum Verkauf von 180 Schützenpanzern M113 an die Vereinigten Arabischen Emirate, die sie dem Irak schenken wollen.

Diese Entscheidung findet nicht überall Zustimmung, insbesondere nicht bei den linken Parteien und der Schweizerischen Volkspartei SVP.

Der Bundesrat hat am Mittwoch grünes Licht gegeben für die Lieferung von 180 gepanzerten Mannschaftstransportwagen M113 in den Irak. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) wurde damit ermächtigt, auf vorliegende Gesuche einzugehen.

Die 180 Schützenpanzer aus Überbeständen der Armee zum Preis von 12 Millionen Franken sollen vorerst in die Vereinigen Arabischen Emirate (VAE) ausgeführt werden. Die VAE wollen die M113 in der Folge der irakischen Regierung schenken, wie der Bundesrat weiter schreibt.

Die Landesregierung begründet die Lieferung von Kriegsmaterial in das Krisengebiet im Nahen Osten mit dem Argument, dass die Schweiz ein Interesse habe, dass sich die Lage im Irak baldmöglichst stabilisiere.

Zudem habe der UNO-Sicherheitsrat in seiner Resolution vom 8. Juni 2004 die UNO-Mitglieder aufgefordert, der Regierung in Bagdad beim Aufbau wirksamer Sicherheitskräfte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit behilflich zu sein.

Grünes Licht auch für Indien und Pakistan

Für Rüstungsgeschäfte mit Indien, Pakistan und Südkorea hat die Regierung zudem die Weichen gestellt. Bei Indien geht es um die Vergabe von Lizenzen für den Bau von Fliegerabwehrkanonen im Kaliber 35mm und die Zulieferung von Bauteilen dazu im Gesamtwert von 300 Mio. Franken.

Pakistan möchte 736 Mannschaftstransportwagen M113 im Wert von etwa 40 Mio. Franken kaufen für UNO-Einsätze seiner Truppen in anderen Ländern. Hier müssen die entsprechenden Verträge jedoch noch ausgehandelt werden.

Im Falle von Indien und Pakistan hatte der Bundesrat nach den Atomwaffentests im Juni 1998 entschieden, keine Ausfuhrgesuche für Kriegsmaterial mehr zu bewilligen. Mit dem jüngsten Entscheid komme somit wieder das von der Kriegsmaterial-Gesetzgebung vorgesehene Verfahren zum Zug, schreibt der Bundesrat.

Bei Südkorea handelt es sich um eine vorübergehende Ein- und anschliessende Wiederausfuhr zwecks Unterhaltsarbeiten an 50 bis 100 Gefechtsköpfen zu Luft-Luft-Lenkwaffen des Typs “Sidewinder” im Wert von maximal 2,5 Mio. Franken.

Links und Rechts dagegen …

Die Beschlüsse des Bundesrates haben kontroverse Reaktionen hervorgerufen.

“Nicht mit der Neutralität vereinbar”, lautet das Verdikt der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP). Es handle sich um eine radikale Abkehr von der bisherigen Politik. So verkomme das Kriegsmaterial-Gesetz zum “Papiertiger”.

Aber auch die rechtsbürgerliche Schweizerische Volkspartei (SVP) hegt Bedenken, weil die betroffenen Länder Krisen- oder – im Falle Iraks – gar Kriegsgebiete seien, erklärte Mediensprecher Simon Glauser. Widersinnig sei auch die Waffenlieferung an Südkorea, wo die Schweiz schliesslich an der Überwachung des Waffenstillstands beteiligt sei.

Der Bundesrats-Entscheid komme einem Paradigmenwechsel gleich. Zudem seien auch neutralitätspolitische Fragezeichen zu setzen, sagte Glauser weiter.

Umgehender Protest auch von den Grünen: Die Bewilligung stehe in völligem Widerspruch zum Sinn und Geist des Kriegsmaterial-Gesetzes. Dieses halte nämlich fest, dass Kriegsmaterial-Ausfuhren im Einklang mit der Schweizer Aussenpolitik stehen müssen. Dazu gehörten entwicklungs- und friedenspolitische sowie menschen- und völkerrechtliche Kriterien.

Nichtregierungsorganisationen sagen Nein

Nach Ansicht der Gruppe Schweiz ohne Armee GSoA ist dieser bundesrätliche Paradigmenwechsel bei den Rüstungsexporten seit drei bis vier Jahren zu sehen. Ihr Sekretär, Stefan Luzi, vermutet den Grund im Krieg gegen den Terrorismus nach den Anschlägen vom 11. September 2001.

Vorher seien Menschenrechts- und Entwicklungsargumente viel stärker in die Bewilligungspraxis eingeflossen. Im Fall der Lieferungen an den Irak sei von einem gewissen Druck der USA auszugehen.

Und der Schweizerische Friedensrat ist der Ansicht, eine Entsorgung von veraltetem Armeematerial müsse im In- und nicht im Ausland erfolgen.

Zentrum einverstanden

Erfreut auf den Entscheid des Bundesrates reagierte hingegen die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP). Die alten Schützenpanzer wären in der Schweiz nur verschrottet worden und hätten Kosten verursacht, sagte Generalsekretär Reto Nause. So stärkten sie die Sicherheit im Irak und hälfen den pakistanischen Blauhelmen bei ihrer Aufgabe.

Auch die Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz (FDP) stellte sich hinter den Bundesrat. Ihr Generalsekretär Guido Schommer sagte, die Regierung habe das geltende Kriegsmaterial-Gesetz angewendet.

swissinfo und Agenturen

Bis 2010 wird die Schweizer Armee für etwa 10 Mrd. Franken Material liquidieren müssen (Neupreise):
1200 leichte Schützenpanzer M109 und M113
200 Panzer 68/88
30 Helikopter Alouette III
45 F-5 Tiger- Kampfflugzeuge
2600 Tonnen Stacheldraht
20’600 Tonnen Genie-Material
320 Tonnen Tarnnetze
230 Tonnen Zelte

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