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Spitzenmedizin: Zürich beharrt auf Extrazug

Verena Diener erklärt die Position des Kantons Zürich. Keystone

Der Kanton Zürich will die Spitzenmedizin weiterhin in Genf/Lausanne und bei sich zentralisieren Er lehnt die Netzwerk-Strategie der anderen Kantone ab.

Die Gesundheitsdirektoren-Konferenz bedauert das Scheitern der interkantonalen Bemühungen. Verlangt wird eine Intervention des Bundes.

Der Zürcher Regierungsrat hält an der Konzentration der Spitzenmedizin auf zwei Zentren fest und fordert eine neue Diskussion auf der Basis eines unabhängigen Gutachtens.

Die Ratifizierung der Vereinbarung über die Koordination und Konzentration in der Spitzenmedizin sei kein Thema mehr, sagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Verena Diener. Nach erneuter Diskussion sei der Zürcher Regierungsrat weiterhin gegen eine Netzwerkstrategie.

Die Zürcher Regierung habe der interkantonalen Lösung eine Absage erteilt, heisst es denn auch im Communiqué der GDK: Das aktuelle Ratifizierungsverfahren sei definitiv gescheitert. Die GDK bedauere diesen Alleingang, der auch Unverständnis auslöse.

Kleinere, stärker spezialisierte Zentren

Die von der GDK vorgeschlagene Netzwerkstrategie beinhaltet mehrere kleinere, dafür stärker spezialisierte Zentren. Favorisiert wird diese von Genf, Lausanne, Basel und Bern. Neben Zürich äussern sich auch die Ostschweizer Kantone ablehnend.

Die Netzwerkstrategie bedeute eine Zementierung des Status quo mit gravierenden Folgen, sagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin. Diener warnte vor zunehmenden Kosten und abnehmender Qualität der Spitzenmedizin. Forschung und Nachwuchsförderung würden behindert.

Konzentration statt Koordination

Diener plädierte für Konzentration statt Koordination in der Spitzenmedizin. Nur eine Strategie der Konzentration erlaube der Schweiz, sich im schärfer werdenden internationalen Wettbewerb zu behaupten. Im Interesse des ganzen Landes seien zwei Zentren für hochspezialisierte Medizin nötig: in Zürich und in Lausanne/Genf.

Die Zürcher Gesundheitsdirektorin will eine neue Diskussion mit den Kantonen und dem Bund lancieren. Als Grundlage dafür fordert sie ein unabhängiges Gutachten, wobei auch ausländische Experten beigezogen werden müssten. Diener hofft, dass der Entscheid für ein Gutachten auch von den anderen Kantonen mitgetragen wird.

Zeitdruck für Gutachten

Laut Diener soll das Gutachten die Frage klären, welche Angebote der Spitzenmedizin zuzuordnen sind und wie sich diese mittel- und langfristig verändern. Ein anderes Thema sei die Bildung von Schwerpunkten im Verbund mit einer starken Forschung vor dem Hintergrund der internationalen Konkurrenz.

Berücksichtigt werden müsse auch die Herausforderung durch Privatspitäler in der Schweiz. Das Gutachten müsse noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden, sagte Diener. Erste Resultate sollten im nächsten Jahr vorliegen.

Noch ein Gutachten?

Cornelia Oertle Bürki, stellvertretende GDK-Zentralsekretärin, stellte sich hingegen die Frage, was ein weiteres Gutachten noch wolle: Man habe bereits bei der Ausarbeitung der Interkantonalen Vereinbarung über die Koordination und Konzentration der hochspezialisierten Medizin (IVKKM) genügend Daten zusammengetragen.

Man müsse genauer wissen, was der Kanton Zürich wolle. Dessen Sicht will Diener dem GDK-Vorstand an der nächsten Sitzung Ende Oktober näher erläutern. Die Kantone würden sicher weiter über die Problematik diskutieren, auch wenn der ganze Prozess derzeit lahm gelegt sei, sagte Oertle Bürki weiter.

Für den Berner Gesundheitsdirektor Samuel Bhend steht nun im Vordergrund, dass sich der Bund einschaltet und Vorgaben macht. Diener dagegen hat keine grossen Befürchtungen, dass der Bund interveniere, weil sich die Kantone zu keiner gemeinsamen Lösung durchringen könnten. Mit Ausnahme des Bereichs der Transplantationen habe der Bund dazu keine rechtlichen Grundlagen.

swissinfo und Agenturen

Die interkantonale Vereinbarung über die Koordination und Konzentration der hochspezialisierten Medizin (IVKKM) sollte 2008 in Kraft treten.

Dafür sollte sie von wenigstens 17 Kantonen, darunter alle mit Universitätsspital, wie Zürich, ratifiziert werden.

Der Kanton Zürich will dieser Vereinbarung nicht beitreten. Er bevorzugt eine Lösung, bei welcher die Spitzenmedizin auf 2 Spitäler und nicht 6 aufgeteilt wird, wie es die anderen Kantone möchten.

Das IVKKM sollte Organ-Transplantationen, die Herzchirurgie, die pädiatrische Kardiologie sowie die Behandlungen von grossflächigen Verbrennungen regulieren.

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