Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Thabo Sefolosha, Basketball-Held und Botschafter

Hat seine Schweizer Wurzeln nicht vergessen: Basketball-Star Thabo Sefolosha. Keystone Archive

Er hat dem Basketball in der Schweiz neue Impulse verliehen: Der in Vevey geborene Thabo Sefolosha ist der erste Schweizer Spieler in der amerikanischen NBA, der besten Basketball-Liga der Welt.

Im Alter von 23 Jahren ist er in seiner Funktion als Sprecher von Swiss Roots auch ein “Botschafter des Charmes” für die Schweiz in den USA.

swissinfo: Sie kommen eben aus der Schweiz zurück, wo sie ein Trainingscamp für Kinder organisiert hatten. Worum geht es bei dem Projekt?

Thabo Sefolosha: Es ist ein Trainingscamp von einer Woche, das sich an Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 18 Jahren richtet. Ich war jeden Tag dort, um den Kindern gewisse Techniken zu zeigen.

Das Camp ermöglicht es mir, meine Erfahrungen mit Jugendlichen zu teilen und dem Basketball in der Schweiz zu etwas mehr Beachtung zu verhelfen.

swissinfo: Haben Sie Ideen für weitere Initiativen, um junge Schweizer Spieler aufzubauen?

T.S.: Ich würde für sie gerne Trainingscamps in den USA organisieren. Sie erhielten damit auch eine Chance, von Talentspähern der amerikanischen Universitäten entdeckt zu werden.

swissinfo: Ihre Eltern, die unterdessen geschieden sind, hatten eine gemischte Ehe. Ihre Mutter ist eine weisse Schweizerin, Ihr Vater ein schwarzer Südafrikaner. Haben Sie in der Schweiz unter Rassismus gelitten?

T.S.: Es gab einige kleinere Dinge, aber nichts wirklich Ernsthaftes. Ich spürte manchmal, dass ich etwas anders behandelt wurde, weil ich der einzige oder einer der einzigen schwarzen Schüler in meiner Schule war. Es gab unfreundliche Blicke oder verletzende Worte. Einmal wurde ich auch von der Polizei im Rahmen einer Routine-Kontrolle angehalten.

swissinfo: Seit September 2006 leben Sie in Chicago, wo die Beziehungen zwischen den Rassen nicht immer ohne Spannungen waren. Sie spielen in einem Team, in dem die Schwarzen die Mehrheit stellen. Waren Sie seit Ihrer Ankunft je mit Rassismus konfrontiert?

T.S.: Überhaupt nicht. Zum Team der Chicago Bulls gehören auch andere Europäer sowie Spieler aus Lateinamerika. Das Milieu im Basketball in den USA ist sehr gemischt.

swissinfo: Der Trainer der Bulls hat von Ihnen gesagt, sie verfügten über “grosse körperliche Qualitäten, die viele andere in der Liga nicht haben”. Was sind Ihre besonderen Trümpfe?

T.S.: Es ist wahr, ich spiele meine athletischen Stärken aus, ich bin gross und bewege mich schnell. Ich denke, dass ich heute hier bin, weil ich ein guter Defensivspieler bin.

swissinfo: Sie sind der erste Schweizer, der in der National Basketball Association (NBA) spielt. Kennen Ihre Kollegen und die amerikanischen Fans die Schweiz?

T.S.: Nicht wirklich, wenn man von Schokolade und Uhren absieht. Aber eigentlich ist das auch ziemlich normal, die Schweiz ist ein kleines Land.

swissinfo: Seit diesem Sommer sind Sie auch ein Sprecher für Swiss Roots, ein Programm, das sich um engere Beziehungen zwischen Amerikanern mit Schweizer Wurzeln und der Heimat ihrer Vorfahren bemüht. Wie verstehen Sie diese Rolle?

T.S.: Es ist eine Ehre für mich, Swiss Roots zu unterstützen und Teil davon zu sein. Swiss Roots ist eine gute Initiative, sie dient Schweizer und amerikanischen Interessen gleichzeitig.

swissinfo: Sind Ihnen Ihre Schweizer Wurzeln wichtig?

T.S.: Absolut. Die Schweiz ist das Land, aus dem ich komme. Sie ist auch das Land, in das ich jeweils zurück gehe, denn dort leben meine Familie und meine Freunde.

swissinfo: Nach Ihren Basketball-Anfängen in der Schweiz, spielten sie in Frankreich in Chalon-sur-Saône, danach in Italien, bevor Sie für die NBA rekrutiert wurden. Wie unterscheidet sich das Spiel in Europa von jenem in den USA?

T.S.: In Europa dominiert die Teamarbeit. In den USA kommt es oft vor, dass sich Spieler im direkten Zweikampf gegenüber stehen. Zudem sind da die Superstars, und die andern, die hauptsächlich dazu da sind, diese Stars zu unterstützen.

Das Spiel in den USA ist stark auf Angriff ausgerichtet. Es ist körperlicher, nicht zuletzt wegen Spielern, die oft stärker und muskulöser sind als die aus Europa.

swissinfo: Stören Sie das viele Geld und die Publizität rund um die NBA?

T.S.: Nein, überhaupt nicht. Basketball funktioniert hier nun mal so. Es ist ein grosses Geschäft. Es ist ganz anders, als das, was ich zuvor gekannt hatte.

swissinfo: Haben Sie auch Heimweh?

T.S.: Ein bisschen. Die NBA-Saison dauert zwischen acht und zehn Monaten. Ich bin also während einer langen Zeit getrennt von meiner Familie, meinen Freunden. Aber wir telefonieren regelmässig. Zudem lebt jetzt auch meine Freundin mit mir in Chicago.

swissinfo: Bertille, die Sie 2003 kennen lernten?

T.S.: Ja. Wir trafen uns, als ich Chalon spielte. Sie ist zwar nicht Coiffeuse, aber sie kümmerte sich um meine Zöpfe!

swissinfo: Gibt es Heiratspläne?

T.S.: Wir werden sehen. Für den Moment … Ja, ich kann sagen, wir haben Verlobungs- und Heiratspläne. Aber vorerst gibt es noch keine Daten anzukündigen.

swissinfo: Wie sieht Ihre Karriereplanung aus?

T.S.: Ich möchte, dass die Karriere in den USA weitergeht. Das wird auch von meiner körperlichen Verfassung abhängen, davon, wie mein Körper die nächste Saison hier aushält. Mit 82 Spielen ist die Meisterschaft sehr lang. Es bedeutet alle zwei, drei Tage ein Spiel, gegen Spieler, die 100 Kilogramm schwer sind, und die häufig aufeinander prallen.

swissinfo: Denken Sie denn auch schon an eine Neuausrichtung?

T.S.: Nicht jeden Tag, aber ich denke schon ernsthaft darüber nach. Die Karriere eines Basketball-Spielers ist grundsätzlich eher kurz. Im Durchschnitt ziehen sich die Spieler so im Alter von 33, 34 Jahren zurück.

Ich denke schon ab und zu an die Zeit danach, suche Kontakte. Ich interessiere mich für verschiedene Bereiche. Etwa für das Coaching, aber auch andere Aktivitäten im Zusammenhang mit Sport.

swissinfo: Sie haben auf Ihren Armen zwei Tätowierungen. Was sagen sie?

T.S.: “The game chose me” (“Das Spiel hat mich ausgewählt”) und “God guides my steps” (“Gott führt meine Schritte”).

swissinfo: Was bedeuten die Tätowierungen für Sie?

T.S.: Das erste Tattoo sagt, dass es nicht viel gab, das mich für eine Karriere in der NBA prädestinierte, da ich aus der Schweiz komme. Wieso ich? Ich weiss es nicht. Also hat der Basketball mich gewählt.

Die zweite Tätowierung spricht für sich selbst. Ich wurde zwar in keiner Religion getauft, aber Gott und Spiritualität sind mir wichtig.

swissinfo-Interview, Marie-Christine Bonzom in Washington
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Thabo Sefolosha wurde 1984 als Sohn eines südafrikanischen Musikers und einer Schweizer Malerin in Vevey am Genfersee geboren.

Mitte der 1990er-Jahre beginnt er zusammen mit seinem älteren Bruder Kgomotso, im Club von Blonay Basketball zu spielen. Zurzeit sind Beide in der Schweizer Nationalmannschaft.

Seine ersten Schritte in der Schweizer Nationalliga A macht Thabo im Dress von Riviera, einem Team, das aus der Fusion von Blonay und Vevey hervorgegangen war.

Zwei Jahre später wechselt Thabo zum französischen Erst-Divionsclub Chalon-sur-Saône, wo er in den Playoffs 2003/2004 richtigghend “explodiert”.

In der Saison 2004/2005 spielt er bei Angelico Biella in Italien, wo er von Anfang an Stammspieler ist.

Am 28. Juni 2006 wird Thabo Sefolosha (2,01 Meter, 98 Kg) der erste Schweizer Basketball-Spieler, der in der amerikanischen NBA spielt, der besten Liga der Welt. Er stösst zu den Chicago Bulls, dem Club, in dem auch die Legende Michael Jordan gespielt hatte.

Im Sommer 2007 nimmt Sefolosha in Europa mit der Schweizer Nationalmannschaft, die in der B-Division spielt, an der Vorqualifikationsrunde für die EM 2009 teil. Dabei verpassen die Schweizer den Aufstieg in die A-Division knapp.

Das Projekt Swiss Roots wurde 2006 von Präsenz Schweiz lanciert, die Koordination lag beim Generalkonsulat in New York. Unterstützt wurde das Programm zudem unter anderem von Schweiz Tourismus und einigen Privatunternehmen. Ziel ist es, Amerikaner mit Schweizer Wurzeln zu motivieren, ihre alte Heimat zu entdecken.

Im März 2006 wurde die Internet-Site swissroots.org aufgeschaltet. Die Website, auf der sich unterdessen Hunderte von schweizerisch-amerikanischen Geschichten finden, wird monatlich gut 20’000 Mal aufgerufen. Seit der Lancierung des Programms haben die Anfragen zur Beantragung des Schweizer Bürgerrechts von Amerikanern mit helvetischen Wurzeln zugenommen.

Insgesamt wurden 2006 im Rahmen des Programms in den USA rund 150 Anlässe unterschiedlichster Art organisiert; einer der grössten war die Ausstellung “Small Number, Big Impact” (Kleine Zahl, grosse Wirkung) auf der Einwanderer-Insel Ellis Island vor New York.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft