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Vorbereitung auf mögliche Pandemie

Passagiere in Flughäfen werden vielleicht schon bald mit Infrarot-Kameras auf Fieber, eines der Vogelgrippe-Symptome, überprüft. EMPA

Ein Aktionsplan, Armee-Einsatz, Infrarot-Kameras auf Flugplätzen: Die Schweiz bereitet sich auf eine mögliche Vogelgrippe-Pandemie vor.

Obwohl bislang in der Schweiz noch kein einziger Vogelgrippe-Fall aufgetreten ist, will der Bund auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.

Ende März will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen aktualisierten Pandemieplan vorlegen, worin auch die Verantwortlichkeiten der Behörden definiert werden.

Der bereits existierende Plan werde laufend verfeinert, sagte BAG-Sprecher Jean-Louis Zürcher. Im Zusammenhang mit der Vogelgrippe würden verschiedene Szenarien entwickelt und organisatorische Fragen geklärt. Details wollte Zürcher nicht nennen.

Tamiflu eingelagert

Bereits eingelagert sind Vorräte des Grippemedikaments Tamiflu für 25% der Schweizer Bevölkerung. Der Vorrat befinde sich beim Hersteller Roche, wo er sicher gelagert sei, sagte Zürcher. Im Falle einer Pandemie werde die Verteilung mit den Kantonen geklärt.

In Europa hat sich bislang kein Mensch mit dem gefährlichen Vogelgrippevirus H5N1 infiziert. Experten befürchten eine weltweite Epidemie, eine so genannte Pandemie, sollte sich das Virus so verändern, dass es von Mensch zu Mensch übertragbar wird.

Überwachung mit Infrarot-Kameras

Der Bund prüft auch den Einsatz von Infrarotkameras, um im Fall einer Pandemie Menschen mit Fieber bereits bei der Einreise am Flughafen abfangen zu können. Auch die Armee könnte für Einreisekontrollen aufgeboten werden.

“Diese Kameras können die Haut- und Augentemperatur messen”, sagt René Rossi von der Materialprüfungsanstalt EMPA in St. Gallen gegenüber swissinfo. Die EMPA hat einige hochempfindliche Kameras getestet.

“Wir haben eben eine Test-Serie abgeschlossen. Nun evaluieren wir die Resultate und schreiben einen Bericht. Dann überlegen wir uns gemeinsam mit dem Bundesamt für Gesundheit, wie es weiter gehen soll.”

Das System müsse sehr rasch prüfen können und einfach zu bedienen sein, damit eine grosse Anzahl Menschen effektiv überwacht werden könne, so Rossi.

Möglicher Armee-Einsatz

Falls es in der Schweiz zu einem Vogelgrippe-Ausbruch kommt, führen die Kantone die Bekämpfung durch. Dabei können sie die Hilfe der Armee in Anspruch nehmen, wie Marcel Falk, Sprecher des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET), sagte. Einzelne Kantone hätten auch vorgesehen, Feuerwehr oder Zivilschutz einzusetzen.

Die Armee verfügt einerseits selber über Tierärzte. Andererseits könne sie – wie Feuerwehr und Zivilschutz – beim Absperren von Gebäuden oder beim Erstellen von Desinfektionsschleusen zu betroffenen Betrieben helfen, sagte Falk.

Tierhalter entschädigen

Der Bund werde zudem Geflügelhalter entschädigen, deren Tiere im Zuge einer Vogelgrippe-Bekämpfung getötet werden müssten, wie Falk sagte. Der Bund entschädige die Geflügelhalter aber nur für den Wert der Tiere und nicht für den Betriebsverlust. Ausbezahlt würden 90% des geschätzten Wertes.

Sollte es soweit kommen, müsse der Bundesrat einen Nachtragskredit sprechen, um die Entschädigungen zu finanzieren, sagte Dieter Leutwyler, Sprecher des Eidgenössischen Finanzdepartements. Dieser müsste vom Parlament genehmigt werden.

Die Winterthur-Versicherung, als einzige mit einer Epidemie-Versicherung im Angebot, nimmt keine neuen Kunden mehr auf. Nur bisher Versicherte können somit von den Leistungen profitieren. Diese umfassen auch den Verdienstausfall der Geflügelproduzenten, welcher vom Bund nicht entschädigt würde.

swissinfo und Agenturen

Bislang sind weltweit 170 Menschen mit dem Virus infiziert worden, 92 davon sind gestorben.
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch konnte bisher noch nicht beobachtet werden.
Wissenschafter befürchten jedoch, das Virus könnte mutieren, dann direkt von Mensch zu Mensch übertragen werden und eine Pandemie hervorrufen.

Das H5N1-Virus ist seit über 10 Jahren bekannt. 1997 ist es in Hong Kong erstmal bei einem Menschen festgestellt worden. In den folgenden Jahren hat es sich auf verschiedene Länder Asiens ausgebreitet.

2005 ist es in der Türkei, Rumänien und Asien aufgetaucht.

Anfang Februar 2006 wurde es erstmals in Afrika lokalisiert.

In den letzten Tagen ist es in sechs Ländern der Europäischen Union aufgetreten, darunter in den Nachbarländern Italien, Deutschland, Österreich und Frankreich.

Seit Montag gilt (wie bereits im letzten Herbst) in der Schweiz eine unbefristete Stallpflicht für Hausgeflügel.

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