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Massiv höhere Steuerabzüge für Ehepaare

Die Heiratsstrafe wird vorerst nicht abgeschafft, aber gemildert. Keystone

Der Bundesrat will Ehepaaren mit doppeltem Einkommen künftig höhere Steuerabzüge ermöglichen, um die so genannte Heiratsstrafe zu mildern.

Ein Teil der Ausfälle soll durch höhere Steuern für Alleinstehende wieder hereingeholt werden.

Finanzminister Hans-Rudolf Merz schickte diese Sofortmassnahme zur Ehepaar-Besteuerung am Freitag in eine bis Ende Jahr dauernde Konsultation. Die steuerliche Benachteiligung von verheirateten gegenüber Konkubinats-Paaren war bereits 1984 vom Bundesgericht als verfassungswidrig gerügt worden.

Da Ehepaare ihr Einkommen gemeinsam versteuern müssen, müssen sie zurzeit wegen der höheren Progression mehr bezahlen als Konkubinats-Partner, deren Einkommen einzeln versteuert wird.

Der Bundesrat will diesen Missstand nun durch höhere Abzugs-Möglichkeiten beheben. Statt wie bisher fix 7600 Franken sollen Ehepaare mit zwei Einkommen künftig die Hälfte des kleineren Einkommens von der Steuer absetzen können.

Auf dem Rücken von Alleinstehenden

Der maximale Abzug wird dabei auf 55’000 Franken festgesetzt, der minimale Abzug bleibt beim heutigen Wert von 7600 Franken. “Die Frauen sind dann nicht mehr benachteiligt”, sagte Merz.

Die Entlastung wird beim Bund ab 2009 für Steuerausfälle von 750 Mio. Franken sorgen. Zumindest einen Teil dieser Ausfälle will Merz bei den Alleinstehenden wieder hereinholen. Er will den Tarif für Unverheiratete erhöhen und damit 250 Mio. Franken kompensieren.

Der Finanzminister wehrte sich aber gegen den Vorwurf, die Alleinstehenden müssten die Entlastung der Ehepaare finanzieren. Betroffen seien nur etwa 8% der Unverheirateten und nur jene mit hohen Einkommen.

Nur ein erster Schritt

Weitere 350 Millionen Franken will der Bundesrat über zusätzliche strukturelle Einsparungen bei den Departementen wettmachen. Ferner geht er davon aus, dass wieder mehr Ehefrauen arbeiten gehen, wenn sie dabei steuerlich nicht mehr bestraft werden.

Merz versprach sich davon zusätzliche Steuereinnahmen in der Höhe von 50 Mio. Franken. Zudem erwartet er generelle Wachstumseffekte von 100 Mio. Franken.

Der Finanzminister räumte ein, dass vom neuen Vorschlag nicht alle Ehepaare profitieren könnten und dass die Heiratsstrafe demnach nur gemildert, aber nicht gänzlich abgeschafft werde.

Ehepaare, bei denen das zweite Einkommen nicht aus Lohn, sondern aus anderen Quellen wie Renten oder Vermögenserträgen kommt, bleiben benachteiligt. Und die Rentner hat der Bundesrat ganz ausgenommen, da dies zusätzlich 300 bis 500 Mio. Franken gekostet hätte.

Umfassende Reform in weiter Ferne

Eine wirklich gerechte und verfassungskonforme Lösung könne erst mit einer umfassenden Reform der Ehepaarbesteuerung erreicht werden, sagte Merz. Zur Diskussion steht dabei auch der Übergang zur Individualbesteuerung, bei der auch Ehepartner getrennt besteuert würden. Ein solcher Systemwechsel werde wohl von einer Mehrheit befürwortet, die Umsetzung könne aber Jahre dauern.

Ein früherer Vorschlag zur Abschaffung der Heiratsstrafe war im Mai 2004 verpackt im Steuerpaket an der Urne gescheitert. Der Bundesrat hatte damals ein Splittingmodell vorgeschlagen. Das gemeinsame Einkommen eines Ehepaares wäre dabei zur Bestimmung des massgebenden Steuersatzes durch 1,9 geteilt worden.

Der neue Vorschlag des Bundesrates geht nun bis Ende Dezember in die Vernehmlassung. Die Entlastungen sollen auf Anfang 2007 in Kraft treten.

Geteilte Reaktionen der politischen Parteien

Die Parteien sind diesbezüglich aber geteilter Meinung. Die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Schweizerische Volkspartei (SVP) wollen, dass die Ehepaare weiterhin gemeinsam besteuert werden.

Die Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz (FDP) und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) fordern den Wechsel zur Individualbesteuerung.

Mit Merz’ Sofortmassnahmen war am Freitag nur die FDP wirklich zufrieden. SP und CVP kritisierten, nun würden einfach jene Ehepaare mit nur einem Einkommen bestraft. Die SVP will sich gegen die Mehrbelastung der Alleinstehenden wehren.

swissinfo und Agenturen

Ehepaare werden im aktuellen Steuersystem bei der direkten Bundessteuer benachteiligt.

So bezahlt ein nicht verheiratetes Paar, bei dem der Mann ein Einkommen von 60’000 Fr. und die Frau ein solches von 40’000 Fr. versteuert, insgesamt 1133 Fr. direkte Bundessteuern.

Beim selben Einkommen bezahlt ein verheiratetes Paar 2425 Fr. direkte Bundessteuern. Im Gegensatz zum Konkubinat werden hier beide Einkommen zusammengezählt. Damit steigt das Ehepaar in eine höhere Progression.

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