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Regierung will “Heiratsstrafe” abschaffen

Das aktuelle Steuersystem in der Schweiz benachteiligt die verheirateten Paare - mit oder ohne Kinder. Keystone

Verheiratete Paare zahlen in der Schweiz mehr Steuern als nicht verheiratete. Die Regierung will diese "Heiratsstrafe" nun baldmöglichst abschaffen.

Im Mai 2004 hat das Stimmvolk ein Steuerpaket abgelehnt, welches unter anderem diese Benachteiligung abschaffen wollte.

Laut Finanzminister Hans Rudolf Merz bringt der Wechsel von der Ehepaar- zur Individual-Besteuerung Einnahmenausfälle von bis zu 2 Mrd. Franken jährlich.

Die verfassungswidrige Benachteiligung der Ehepaare gegenüber den Konkubinatspaaren müsse “auf jeden Fall” beseitigt werden, sagte Merz am Donnerstag vor den Medien. Die entsprechenden Sofortmassnahmen seien so auszugestalten, dass sie eine weitergehende spätere Steuerreform “zumindest nicht behindern”.

Mit Abzügen?

Dies entspricht auch dem Wunsch des Nationalrates. Dieser hat letzthin eine freisinnige Motion angenommen, die den Übergang von der Ehepaar- zu einer zivilstands-unabhängigen Individualbesteuerung verlangt. Am Freitag nimmt die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerates zum Systemwechsel Stellung.

Dem Entscheid von Departement und Bundesrat wollte Bundesrat Merz nicht vorgreifen. Auf dem Tisch liegen viele Varianten. Weil die Individualbesteuerung als Sofortmassnahme ausser Betracht fällt, dürfte eine Lösung mit Abzügen im Vordergrund stehen.

Gegen eine Neuauflage des mit dem Steuerpaket im Mai 2004 untergegangenen Teilsplittings regte sich zumindest im Nationalrat Widerstand.

Die Finanzierung ist noch offen

Laut Merz wird die Abschaffung der “Heiratsstrafe” zu Einnahmenausfällen von 1,5 bis 2 Mrd. Franken führen, was dem jährlichen Spareffekt des Entlastungsprogramms 04 entspricht. Weil eine zusätzliche Verschuldung nicht in Frage komme, werde der Bundesrat mit den Sofortmassnahmen auch Finanzierungsvorschläge machen.

Die Familienbesteuerung hänge politisch eng mit der nun beim Parlament liegenden Unternehmens-Steuerreform II zusammen, sagte Merz. Vor einer allfälligen Referendums-Abstimmung über die Unternehmens-Steuer müssten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auch Klarheit darüber haben, wie es hier weitergeht.

Unternehmenssteuer: Doppelbelastung mildern

Am Mittwoch hat der Bundesrat die Unternehmens-Steuerreform II verabschiedet. Die Vorlage sei “ausgewogen und verkraftbar”, sagte Finanzminister Merz am Donnerstag. Sie fördere das Risikokapital, komme den kleinen und mittleren Unternehmen entgegen und verbessere insgesamt die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmensstandortes Schweiz.

Ein vorrangiges Ziel der Reform ist die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung. Diese entsteht dadurch, dass zuerst über die Gewinnsteuer der Unternehmensgewinn und dann über die Einkommenssteuer beim Aktionär auch noch die Dividende voll besteuert wird.

Nach dem Vorschlag des Bundesrates sollen die Dividenden vom Bund im Privatvermögen künftig nur noch zu 80% und im Geschäftsvermögen nur noch zu 60% besteuert werden. Die Kantone entscheiden frei, wie hoch sie diese Teilbesteuerung festlegen wollen.

swissinfo und Agenturen

Das aktuelle Steuersystem benachteiligt bei der direkten Bundessteuer die verheirateten Ehepaare.

So bezahlt ein verheiratetes Paar, bei dem der Mann ein Einkommen von 60’000 Fr. und die Frau ein solches von 40’000 Fr. versteuert, insgesamt 1133 Fr. direkte Bundessteuern. (Mann: 849 Fr., Frau: 284 Fr.)

Bei verheirateten Paaren werden die beiden Einkommen kumuliert. Das heisst: das verheiratete Paar hat bei gleichen Einkommen ein steuerbares Einkommen von 100’000 Fr. und bezahlt 2425 Franken direkte Bundessteuern.

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