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MBA, auch in der Schweiz immer gefragter

Die MBA-Abschlüsse des Lausanner Instituts IMD gehören zur europäischen Spitze. Keystone

Auch in der Schweiz bieten immer mehr Schulen einen Abschluss als Master of Business Administration (MBA) an. Das International Institute für Management Development (IMD) in Lausanne gehört sogar zur europäischen Spitzenklasse.

Zum ersten Mal in der Schweiz, machte die World MBA Tour diese Woche Halt in Zürich.

Die World MBA Tour, eine Plattform zum Austausch zwischen Schulen und künftigen Studierenden, besucht jedes Jahr rund 40 Städte in der ganzen Welt.

An der Veranstaltung in Zürich gab es Informationen zu 75 Schulen, darunter sechs aus der Schweiz. Wieso jetzt? Weil die Schulen sie angefragt hätten, erklärt der Chef der World MBA Tour, Matt Symonds.

Die Zahl der Anwärter in der Schweiz sei sehr gross. Viele wollten ihre Erfahrungen ausweiten oder ihrer Karriere durch einen dritten Ausbildungs-Zyklus neuen Schwung verleihen, so Symonds.

Und die Schweiz ist kein Sonderfall. Weltweit ist die Begeisterung für den MBA seit drei, vier Jahren kaum zu bremsen.

Die Gründe dafür liegen nach Ansicht von Matt Symonds bei der desolaten Wirtschaftslage. Viele “überzählige” Kaderleute investierten daher in ihre Weiterbildung – in der Hoffnung auf bessere Zeiten.

Eine Trumpfkarte



Die Welle der Begeisterung für den MBA nahm ihren Anfang jedoch schon vor rund 20 Jahren.

Mit dem erleichterten Studienzugang wurde die Konkurrenz auch unter Akademikern schärfer. Der dritte Ausbildungs-Zyklus kann zur Trumpfkarte werden, mit der man sich weiter profilieren kann.

Headhunters ihrerseits sind aufmerksam und wissen zu unterscheiden zwischen einem MBA, der diesen Namen auch verdient und “Billig-Angeboten”.

Headhunter Jean-Claude Falciola von der Egon Zehnder International: “Der MBA ist zum Modeartikel geworden, den jeder haben will. Man kann ihn gar in einer Wundertüte erwerben.”

Und unterstreicht damit sowohl das Übermass an MBA-Angeboten als auch die nicht immer angebrachte Schwärmerei von Seiten der Studierenden.

Wertvolle Zusatz-Ausbildung



Eigentlich ist der MBA eine Zusatz-Ausbildung im akademischen Bereich. Ärzte, Ingenieure, Musiker – mit einem MBA können sie sich Kompetenzen im Managerbereich erwerben. Wer also schon Wirtschaft studiert hat, wird mit einem klassischen MBA seiner Karriere kaum auf die Sprünge helfen können.

Seit der MBA praktisch zum Kult wurde, gibt es denn auch die unterschiedlichsten Formen und Ausgestaltungen. So kann fast jeder etwas finden, das ihm passt.

Da gibt es den einjährigen, berufsbegleitenden Exekutiv-MBA (oft vom Arbeitgeber bezahlt) – und zahlreiche weitere.

In der Schweiz boten Universitäten, Hochschulen und private Institute im vergangenen Jahr rund 30 verschiedene MBAs an. Im Jahr zuvor war es nur rund die Hälfte gewesen. Und das Angebot steigt weiter.

Ein Land, das zählt

So lanciert die ETH Zürich beispielsweise ab nächstem Frühling als erste Hochschule im deutschsprachigen Raum einen spezialisierten MBA, der auf internationales Supply Chain Management fokussiert ist. Zielgruppe sind Manager, die Organisation, Prozesse und Techniken der internationalen Wertschöpfung beherrschen und umsetzen müssen.

“Wir beobachten eine Zunahme dieser spezialisierten MBA”, stellt Thierry De Preux, Headhunter bei Korn/Ferry International, fest. “Diese Tendenz wird von der Bologna-Hochschulreform verstärkt: Nach dem Bachelor fahren viele Studierende weiter, hin zum Master.”

Trotz ihrer Kleinheit zählt die Schweiz in der Welt des MBA. Das IMD in Lausanne gehört gar zusammen mit der INSEAD in Frankreich und der London School of Economics zur europäischen Spitze.

“Wir stehen mit diesen beiden europäischen und den besten in Amerika in Konkurrenz”, erklärt denn auch Janet Shaner, Marketing-Direktorin des IMD. “Wer eine internationale Karriere anstrebt, kommt entweder zu uns oder geht ins Ausland.” Wer auf den Schweizer Markt setze, der sei hierzulande durchaus gut bedient.

“Das IMD ist die Messlatte für die Schweizer Institutionen”, so Matt Symonds. Das erkläre auch die allgemein gute Qualität der Schweizer Angebote. Eine Stufe unter dem renommierten IMD liegt die Universität St. Gallen gefolgt von den MBA der HEC Genf, der Swiss Banking School und der “Graduate School of Business Administration” (GSBA) in Zürich.

MBA-Industrie?

Auch viele weitere Universitäten und staatliche Institutionen bieten ihre eigenen MBA an. Dazu kommt eine ganze Reihe privater Anbieter – dazu gehören sehr seriöse wie auch weniger empfehlenswerte.

Gibt es also eine regelrechte Industrie für MBA? – Die meisten Beobachter sind dieser Meinung. Doch der Markt trenne rasch einmal die Spreu vom Weizen.

Das führt dazu, dass es die meisten Institutionen nicht schaffen, einen MBA in ihr Programm aufzunehmen. Für viele ist es ein Kommunikations-Instrument, um schliesslich den Unternehmen Ausbildungen ohne Diplom zu verkaufen.

Grosse Nachfrage



Das grosse MBA-Angebot entspricht primär der grossen Nachfrage. Denn nicht jede und jeder schafft den Einstieg in eine der Prestige-Institutionen, die häufig sehr selektiv Studierende auswählen.

Dies zeigt das Beispiel des IMD: Von 900 Kandidatinnen und Kandidaten lädt das Lausanner Institut jährlich 300 zum Bewerbungsgespräch ein. Und schliesslich aufgenommen werden 100 Personen.

swissinfo, Pierre-François Besson
(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch und Eva Herrmann)

Der Master of Business Administration (MBA) ist ein akademischer Titel, der Studien im Bereich Wirtschaft und Management krönt.

Im bisherigen Schweizer System entspricht er einem Lizenziat, im angelsächsischen System ist es ein post-graduiertes Zertifikat.

Weltweit gibt es mehr als 2000 MBA-Abschlüsse, darunter 400 in Europa.

Ein MBA-Abschluss zieht vor allem zwei Altersgruppen an. Die 26-28-Jährigen, die am Karriere-Beginn stehen, und Kaderleute zwischen 35 und 40, die ihrer Karriere neuen Impuls geben wollen.

Pro Jahr werden in privaten und öffentlichen Institutionen weltweit zwischen 150’000 und 200’000 MBA-Abschlüsse gemacht. Form, Dauer, Anforderungsprofile und Kosten sind sehr unterschiedlich.

So kostet ein MBA in der Schweiz zwischen 9750 Franken in Genf und 115’000 Franken am IMD in Lausanne.

Auch die Qualitäts-Unterschiede sind teilweise beträchtlich. Medien wie Business Week, Financial Times, Fortune, Wall Street Journal, The Economist publizieren regelmässig – teilweise umstrittene – Bestenlisten der MBA-Abschlüsse.

Der Titel MBA ist nicht geschützt. Verschiedene unabhängige Institute (FIBBA, Equis, AACSB, AMBA) vergeben aber so etwas wie ein Gütesiegel für die seriösesten Angebote.

Mit der Bologna-Reform wird bis ins Jahr 2010 ein einheitliches europäisches Universitäts-System geschaffen, auch in der Schweiz. Die wichtigste Neuerung ist die dreistufige Ausbildung: Drei Jahre für einen Bachelor, zwei weitere für den Master und dann folgt der Doktor.

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