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Mehr Arbeitsplätze für die Jugend

Zehn Prozent Jugendarbeitslosigkeit: Das sagen die Gewerkschaften. Keystone

Für Bundesrat Joseph Deiss tragen die Massnahmen Früchte, Jugendlichen zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen. Die Situation bleibt aber ernst.

Jugendarbeitslosigkeit steht auch im Zentrum des Treffens der internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die am Dienstag in Genf begonnen hat.

“Die Situation für Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt ist nach wie vor ernst, aber alle Indikatoren weisen einen positiven Trend auf”, sagte Bundesrat Joseph Deiss. Der volkswirtschafts-Minister sprach am Dienstag an einer Fachtagung zum Thema “Jugendliche auf dem Weg in die Arbeitsgesellschaft” in Bern.

Ende April waren fast 6000 Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren auf Stellensuche. Bei den Arbeitsämtern waren fast 21’000 Junge zwischen 20 und 24 Jahren als arbeitslos gemeldet. Das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) bezeichnet die Lage als angespannt.

Laut den Gewerkschaften meldet sich jedoch nur die Hälfte der Jugendlichen arbeitslos, in Realität seien also ein Zehntel der Schweizer Jugendlichen ohne Arbeit.

Vier Prozent mehr Lehrstellen

Damit Jugendliche nicht ohne Arbeit seien, brauche es unter anderem ein gutes und engagiertes Elternhaus, eine optimale Schulbildung und mehr leicht zugängliche Angebote für schwächere Schüler, sagte Deiss weiter. Von der Wirtschaft verlangte er, die Anforderungen in der Berufsbildung nicht dauernd nach oben zu schrauben.

Im Jahr 2004 seien 4% mehr Lehrstellen angeboten worden. Das sei den gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Kantonen und Wirtschaft zu verdanken, freute sich der Magistrat.

Immer mehr Überbrückungs-Angebote

Jugendliche, die nach der obligatorischen Schulzeit von neun Jahren keine Lehrstelle finden, erhalten mittlerweile in allen Schweizer Kantonen kurzfristige Überbrückungshilfen. Diese Programme ergänzen die etablierten zehnten Schuljahre und Beratungsangebote.

Die neuen Angebote seien in den letzten drei Jahren ohne Aufsehen, aber mit grosser Wirkung entstanden, teilte der Schweizerische Verband für Berufsberatung (SVB) mit.

Die Berufsberater freut, dass die Praktikumsplätze von 3000 auf 6000 verdoppelt und die Motivationssemester von 7000 auf 10’000 erhöht werden. Trotzdem gebe es in der Schweiz kein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage an Ausbildungsplätzen.

Zu viele Jugendliche müssten auf Berufe ausweichen, die nicht ihrem Neigungs- und Begabungsprofil entsprächen. Rechtzeitige Beratung, Coaching und Information hälfen mit, die Wahlmöglichkeiten zu verbessern.

Weltweit fast die Hälfte aller Jugendlichen arbeitslos

Die Jugendarbeitslosigkeit steht auch im Zentrum der Jahressitzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die am Dienstag in Genf begann und zwei Wochen dauern wird. Der ILO gehören sowohl Vertreter der Arbeitgeber wie der Gewerkschaften an, in Genf treffen sich 4000 Delegierte. Diese werden auch Themen wie Zwangsarbeit, Arbeitszeiten, Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Arbeit in der Fischerei diskutieren.

Über 200 Mio. 15- bis 24-Jährige leben laut ILO in extremer Armut. Die Anzahl der arbeitslosen jungen Menschen wird auf 88 Mio. oder 47% aller weltweit Arbeitslosen geschätzt.

Schweiz gegen internationalen Standards

Viele junge Menschen seien unterbeschäftigt als unfreiwillige Teilzeit-, Zeitarbeit- oder Kurzarbeitnehmer, oder an einem Arbeitsplatz mit unzureichender Produktivität tätig.

Weltweit verrichten schätzungsweise 59 Mio. junge Menschen im Alter von 15 bis 18 Jahren gefährliche Arbeiten. Junge Frauen sind gemäss der ILO anfälliger für Arbeitslosigkeit als junge Männer.

Die Delegierten der ILO in Genf sind aufgefordert, Lösungen zu erarbeiten, um die Jugendarbeitslosigkeit zu vermindern. Die Schweiz warnt vor einer Überregulierung: “Wenn man die vielen verschiedenen Berufsbildungs-Systeme und Arbeitsmärkte auf der ganzen Welt betrachtet, braucht es keine neuen internationalen Standards”, erklärt Jean-Luc Nordmann, Direktor für Arbeit im Staatsekretariat für Wirtschaft (seco), die offizielle Position der Schweiz. “Gesetze in den einzelnen Ländern sind die effektivere Lösung.”

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz sind Jugendliche proportional am meisten von Arbeitslosigkeit betroffen.
Bei den 15- bis 24-Jährigen lag 2004 die Arbeitslosenrate durchschnittlich bei 4,7%, d.h. 28’310 Personen.
Laut den Gewerkschaften meldet sich aber fast die Hälfte der Jugendlichen nicht als arbeitslos. In Wirklichkeit gibt es also fast doppelt so viele junge Arbeitslose, rund 10%.
Im Jahre 2004 trugen die Anstrengungen gegen die Jugendarbeitslosigkeit erste Früchte, es gab 4% mehr Lehrstellen.
21’000 Jugendliche suchen eine Lehrstelle (laut Angaben des seco).
Weltweit ist die Hälfte aller Jugendlichen arbeitslos.

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