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Mehr Umweltschutz dank Daten aus Kopenhagen

Strahlung von Mobiltelefonen könnte ein Thema für die EUA werden. Keystone

Seit dem 1. April gehört die Schweiz der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen an, welche die Grundlagen für den Umweltschutz in Europa erarbeitet.

Die Schweiz will bei den Themen Lärm, Handystrahlung und Gentechnologie Prioritäten setzen.

Auf der Europakarte der industriellen Umweltverschmutzung ist die Schweiz ein leerer Fleck. Dies nicht deswegen, weil die schweizerische Industrie absolut sauber wäre. Der Grund ist schlicht, dass europäische Datenbanken bisher nur höchst selten mit Umweltdaten aus der Schweiz gefüttert wurden.

Mit dem Beitritt zur Europäischen Umweltagentur (EUA) am 1. April soll sich dies ändern. Zukünftig wird die Karte auch die bedeutenden industriellen Verschmutzer in der Schweiz zeigen – mit Firmennamen und detaillierten Angaben zu den Schadstoffen.

Direkter Zugang zur EUA

“Die Mitarbeit bei der Europäischen Umweltagentur wird uns erlauben, die Lage der schweizerischen Umwelt mit jener in ganz Europa zu vergleichen”, sagt Markus Wüest, Chef der Sektion Umweltbeobachtung im Bundesamt für Umwelt (BAFU). Zugleich erhält das BAFU direkten Zugang zu den Zahlen und Berichten der EUA.

Rund 150 Personen erarbeiten am Hauptsitz der Agentur in Kopenhagen die Grundlagen für die Umweltpolitik der Europäischen Union (EU), aber auch für sieben weitere Länder wie Norwegen oder die Türkei.

Unter der Leitung der britischen Generaldirektorin Jacqueline McGlade, einer Meeresbiologin, hat die EUA sich in den letzten drei Jahren aber nicht bloss darauf beschränkt, trockenes Grundlagenmaterial zusammenzustellen. Sie wagte sich auch an Themen, die für Brüssel heikel sind.

So untersuchte sie vermehrt, ob die Umweltpolitik der EU in der Praxis funktioniert – mit oft ernüchternden Ergebnissen. “Nach Jahren der neutralen Berichterstattung strebt die EUA verstärkt das Profil eines Wachhundes an”, verkündete die energische McGlade 2004 anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der EUA.

Schweiz will mitgestalten

Die inhaltliche Ausrichtung der EUA will das Neumitglied Schweiz in Zukunft mitgestalten. “Wir wollen die Umweltagentur dazu bewegen, dass sie die Themen stärker behandelt, die uns interessieren”, sagt Wüest.

Konkret nennt er die nicht ionisierende Strahlung, die Überwachung der Gentechnik und den Lärm als Prioritäten. Er erhofft sich unter anderem “Zahlen, die von beiden Seiten anerkannt sind, wenn die Schweiz mit der EU zum Beispiel über den Alpentransit oder den Luftverkehr verhandelt”.

Obwohl das Schweizer Volk kürzlich ein Moratorium für die Gentechnik in der Landwirtschaft beschlossen hat, bleibe auch dieses Thema wichtig, findet Wüest. “Das Moratorium läuft in fünf Jahren aus. Man sollte die Zeit nutzen, um die Folgen der zunehmenden Freisetzungen in Europa wissenschaftlich zu untersuchen.”

Zwei Millionen an EUA-Budget

Die Schweiz kann sich auf verschiedenen Ebenen einbringen. Die EUA ist zwar eine Institution der EU, verfügt aber über ein eigenes Budget und einen eigenen Verwaltungsrat, in den die Schweiz einen Vertreter abordnen kann.

Schweizer können sich zudem auf Stellen in der EUA bewerben. “Wir wollen dafür sorgen, dass qualifizierte Wissenschafter aus der Schweiz berücksichtigt werden, wenn die Umweltagentur externe Aufträge vergibt”, sagt Wüest weiter.

Kosten wird die Mitgliedschaft in der EUA die Schweiz jährlich zwei Millionen Franken. Für Wüest ist dieses Geld gut investiert. Er verweist darauf, dass Staat und Private in der Schweiz jährlich rund sechs Milliarden Franken für den Umweltschutz ausgeben, von der Abwasserreinigung bis hin zu Lärmschutzwänden.

“Die Statistiken und Untersuchungen der Umweltagentur werden uns helfen, die Mittel für den Umweltschutz effizient einzusetzen.”

swissinfo, Simon Thönen, Brüssel

Die Europäische Umweltagentur (EUA) ist eine Institution der Europäischen Union (EU).

Sie verfügt über ein eigenes Budget und wird von einem Verwaltungsrat kontrolliert.

Ihr Sitz ist in Kopenhagen. Für die EUA arbeiten in der dänischen Hauptstadt 150 Leute.

In der EUA machen nicht nur EU-Mitgliestaaten mit, sondern auch sieben weitere Länder.

Aufgabe der EUA ist es, Umweltdaten zu sammeln, zu vergleichen und zu veröffentlichen und damit die Grundlage für politische Entscheide zu liefern.

Mit dem Beitritt zur EUA am 1. April tritt die Schweiz erstmals einer EU-Agentur bei.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) wird einen Sitz im EUA-Verwaltungsrat haben.
Die Schweiz wird ab 2007 jährlich 2 Mio. Franken ans EUA-Budget leisten.

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