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Menschenrechte: Die Gründe für die Panne

Session in Genf: Louise Arbour, UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, und Alfonso de Alba, Sessions-Präsident. Keystone

Die dritte Session des UNO-Menschenrechtsrates, welche diese Woche in Genf zu Ende geht, leidet unter einer generellen Blockade, sagt Adrien-Claude Zoller.

Laut dem unabhängigen Experten wird es mehrere Jahre dauern, bis die neue UNO-Organisation voll wirkungsfähig ist.

Adrien-Claude Zoller und seine Organisation “Genf für die Menschenrechte” bilden Mitglieder von Nichtregierungs-Organisation und Diplomaten im Bereich Menschenrechte aus.

swissinfo befragte den unabhängigen Experten zu den Pannen im neuen Menschenrechtsrat in Genf.

swissinfo: Der Rat steckt in einer Sackgasse. Wie erklären Sie sich das?

Adrien-Claude Zoller : Die aktuellen Diskussionen gleichen denjenigen aus dem Kalten Krieg, nur dass sie sich auf das Thema Menschenrechte fokussieren.

Wir befinden uns in einer Phase der Neuordnung der multilateralen Beziehungen, und die Verhandlungen sind schwierig, gleich welches Thema oder welche Organisation.

Die Länder des Südens hofften zudem, dass ihnen die Reform der UNO im Sicherheitsrat mehr Gewicht verschafft. Die Reform ging aber komplett daneben.

Aus diesem Grund schuf man den Menschenrechtsrat, dessen Status höher angesiedelt ist als derjenige der UNO-Menschenrechtskommission. Das hat der Bewegung der blockfreien Länder mehr Einfluss verschafft.

swissinfo : Ist der Konflikt Nord-Süd nicht ein Konflikt Demokratie gegen autoritäre Regimes?

A.-C.Z: Der Rat hat sich noch gar nicht mit der Menschenrechts-Thematik befasst. Es ist aber offensichtlich, dass vor allem Präsidenten der Blockfreien verhindern wollen, dass die wirksamen Instrumente der alten Menschenrechtskommission auch im neuen Menschenrechtsrat eingesetzt werden, wie etwas die Sonderberichte.

Diese Länder gehören vor allem der Islamischen Konferenz an, welche die Bewegung der Blockfreien völlig unter Kontrolle hat, dies mit dem vollen Einverständnis der aktuellen Präsidentschaft Kubas.

Weil diese Länder im Rat in der Mehrheit sind, können sie momentan alles durchsetzen. Und sie tun dies auch.

swissinfo: Haben die Länder Europas und Lateinamerikas nicht reagiert?

A.-C.Z: Bevor sie das können, muss man sehen, dass es einige Jahre dauern wird, bis der Menschenrechtsrat seine Funktion richtig wahrnehmen kann. Genau wegen der Schwierigkeit, aus der aktuellen internationalen Situation heraus zu diskutieren.

Und weil Europa in der Frage über Guantanamo, der geheimen CIA-Überflüge oder der Folter nicht auf Distanz gegenüber den USA geht, fehlt ihr als Minderheit die Glaubwürdigkeit, mit ihrer Position bei der Mehrheit durchzudringen.

swissinfo : Die Schweiz hat sich sehr stark gemacht für den neuen Menschenrechtsrat. Welche Rolle spielt sie jetzt?

A.-C.Z: Die Schweizer Diplomatie entwickelt mehr und mehr innovative Initiativen. Beispielsweise, Länder aus verschiedenen Regionen an einen Tisch zu bringen. Sie muss diesen Weg fortsetzen.

swissinfo : Hat der harzige Start des Rates Folgen für die Frage der Menschenrechte?

A.-C.Z: Die Folge ist ein fehlender Schutz der Menschenrechte. Beispielsweise ist der Status der Sonderberichterstatter in Frage gestellt.

Ihre telefonischen Interventionen bei Regierungen zugunsten von Opfern von Menschrechts-Verstössen bleiben wirkungslos. In der Vergangenheit haben solche Anrufe zur Rettung von Menschenleben beigetragen.

swissinfo-Interview: Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Die dritte Session des Menschenrechtsrates dauerte vom 29. November bis 8. Dezember in Genf. Sie brachte die Annahme einer Resolution, die einen Verhaltenskodex für unabhängige Sonderberichterstatter festlegt.

Am 12. Dezember findet eine Sondersession statt zur Beratung der Lage in Darfur, Sudan.

Die vierte Session ist für den 12. März bis 6. April geplant. Die Mitglieder müssen einen Konsens über die Funktionsweise des Rates finden, unter anderem über die periodische Analyse der globalen Menschenrechtslage.

Afrika (13 Sitze): Algerien, Kamerun, Djibouti, Gabon, Ghana, Mali, Mauritius, Marokko, Nigeria, Senegal, Südafrika, Tunesien and Zambia.

Asien (13 Sitze): Bangladesch, Bahrain, China, Indien, Indonesien, Japan, Jordanien, Malaysia, Pakistan, Philippinen, Südkorea, Saudi Arabien and Sri Lanka.

Osteurope (6 Sitze): Aserbaidschan, Tschechische Republik, Polen, Rumänien, Russland und Ukraine.

Lateinamerika/Karibik (8 Sitze): Argentinien, Brasilien, Kuba, Ecuador, Guatemala, Mexiko, Peru und Uruguay.

Westeurope und andere (7 Sitze): Kanada, Finnland, Frankreich, Deutschland, Niederlange, Schweiz und Grossbritannien.

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