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Mutmasslicher Lehrermörder im Kosovo verhaftet

Trauerfeier am 18. Januar 1999 für den erschossenen Lehrer. Keystone Archive

Der mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte mutmassliche St. Galler Lehrermörder ist in seinem Haus im Kosovo festgenommen worden. Er soll nun an die Schweiz ausgeliefert werden.

Ded Gecaj wird dringend verdächtigt, am 11. Januar 1999 den Lehrer seiner Tochter erschossen und seine Tochter jahrelang missbraucht zu haben.

Die zuständige Untersuchungsrichterin und auch das Bundesamt für Justiz (BJ) äusserten sich zuversichtlich, was die Auslieferung Gecajs an die Schweiz anbelangt.

Diesbezüglich gibt es einen Präzedenzfall: Der Dübendorfer Parkplatzmörder Bashkim Berisha wurde Anfang Juli von der UN-Übergangsbehörde im Kosovo (Unmik) an die Schweiz ausgeliefert.

Gecaj war Ende 2000 bereits von einem serbischen Gericht in Leskovac zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Unmittelbar nach dem Schuldspruch wurde er jedoch wieder freigelassen.

Die St. Galler Behörden stellten das Strafverfahren trotz des serbischen Urteils nie ein, weil das Urteil zu milde sei und das Gericht den Verdacht auf sexuellen Missbrauch nicht abgeklärt habe.

Ende 2005 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen den Antrag auf Auslieferung Gecajs. Er konnte sich aber bis heute einem Auslieferungsverfahren entziehen, indem er Anfang 2006 untertauchte.

Das Bundesamt für Justiz handelte in einem Schriftenwechsel mit der UNO-Verwaltung UMNIK im Kosovo die Modalitäten aus, um in diesem Einzelfall die Auslieferung eines Kosovaren in die Schweiz zu ermöglichen.

Am frühen Montagmorgen konnte Gecaj nun in seinem Haus im Kosovo festgenommen und in Auslieferungshaft gesetzt werden.

Im Besprechungszimmer erschossen

Die zuständige St. Galler Untersuchungsrichterin Ursula Brasey sagte auf Anfrage, sie gehe davon aus, dass Gecaj wegen des internationalen Haftbefehls nur einen sehr engen Bewegungsraum gehabt habe.

Vermutlich habe er es nun einmal gewagt, nach Hause zu gehen und sei dabei verhaftet worden.

Der Verhaftete wird dringend verdächtigt, seine Tochter jahrelang schwer missbraucht und am 11. Januar 1999 den damals 37-jährigen Lehrer seiner Tochter, den St. Galler Reallehrer Paul Spirig erschossen zuhaben.

Er hatte an jenem Tag eine Aussprache mit dem Lehrer verlangt und den zweifachen Familienvater anschliessend im Besprechungszimmer erschossen. Nach der Tat flüchtete Gecaj in sein Heimatland.

Frau wurde in den Kosovo ausgeschafft

Bei einer Befragung durch die dortigen Behörden hatte er die Tötung des Lehrers gestanden, jedoch geltend gemacht, der Lehrer habe seine Tochter missbraucht.

Laut den Ermittlungen der St. Galler Strafverfolgungsbehörden hatte der Lehrer von der körperlichen Misshandlung der Tochter gewusst und auch den Verdacht gehabt, dass das Mädchen von seinem Vater sexuell missbraucht worden war.

Die Frau des mutmasslichen Lehrermörders war vom Kantonsgericht St. Gallen am 6. September 2000 in zweiter Instanz zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.

Sie wurde der Körperverletzung, der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht sowie der Nötigung schuldig gesprochen und in den Kosovo ausgeschafft.

Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Drittel der Strafe verbüsst hatte, wurde sie wieder freigelassen und aus der Schweiz ausgeschafft. Sie hat laut dem Gerichtsurteil jahrelang die brutale Misshandlung ihrer Tochter durch den Ehemann geduldet und ihn sogar dazu angestiftet.

Die Tochter erhielt als 17-Jährige im Frühling 2001das Stadtbürgerrecht von St. Gallen. Sie musste damit nicht mehr in den Kosovo zurückkehren, wo ihr Leben wegen Familienrache bedroht sein könnte. Sie lebt an einem geheim gehaltenen Ort.

swissinfo und Agenturen

Im Juli 2007 hat die UNO-Übergangsverwaltung im Kosovo (Unmik) bereits Bashkim Berisha an die Schweiz ausgeliefert.

Der 26-jährige Kosovo-Albaner soll 2005 in Dübendorf (Kanton Zürich) auf einem
Parkplatz einen Mazedonier erschossen haben.

Berisha war nach seiner Flucht aus der Schweiz im Oktober 2005 bei einer Verkehrskontrolle in der Gegend von Peja im Kosovo festgenommen worden.

Als letzte Instanz bewilligte das Oberste Gericht der Unmik Ende Mai die Auslieferung.

Dazu musste die Schweiz besondere Bedingungen erfüllen, da gemäss Europäischem Auslieferungsübereinkommen die Vertragsparteien nicht verpflichtet sind, eigene Staatsangehörige auszuliefern.

So musste die Zürcher Staatsanwaltschaft etwa ein spezielles Beweisdossier zur Tat Berishas zusammenstellen.

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