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Ospel geht, die Krise bleibt

Marcel Ospel wird als grösste Hypothek für die UBS beschrieben. swissinfo.ch

Die Schweizer Presse wirft im Zusammenhang mit den grossen Aufräumarbeiten bei der Grossbank UBS Fragen auf. Während sie den Rücktritt von Verwaltungsrats-Präsident Marcel Ospel begrüsst, ist sie skeptisch, ob der Nachfolger Peter Kurer die UBS aus der Krise führen kann.

“UBS nimmt einen neuen Anlauf”, schreibt die “Basler Zeitung, “Die UBS räumt auf und versichert damit die Finanzmärkte” heisst es in “Le Temps”, “Nahe am Totalschaden” titelt der “Tages Anzeiger” und “Grounding von Ospel” die “Berner Zeitung”.

Das Thema UBS beschäftigt am Tag nach dem erneuten Abschreiber in der Höhe von 19 Mrd. Franken und dem Rücktritt von Verwaltungsrats-Präsident Marcel Ospel die Schweizer Presse.

Die Medien beschäftigten sich namentlich mit der Frage, wie es bei der UBS weitergeht. “Hat die UBS endlich die Talsohle erreicht?, fragen sich Kunden und Bevölkerung nach dem Geständnis des erneuten Abschreibers von 19 Milliarden Franken und dem schäbigen Abgang von Marcel Ospel”, schreibt die Westschweizer “Le Temps”.

“Die europäischen und amerikanischen Finanzmärkte haben einen Seufzer der Befreiung ausgestossen, als die UBS die gesalzene, aber erwartete Rechnung präsentierte”, so “Le Temps”.

“Es kann noch schlimmer werden”, meint zur Zukunft der UBS “Der Bund” lakonisch. Gemäss dem Blatt wird die UBS “nicht untergehen”: Die Grossbank sei für die kleine Schweizer Volkswirtschaft zu vital, als dass der Staat einem Untergang tatenlos zusehen könnte.

Vertrauen dank Befreiungsschlag

Auch das geschädigte Image der UBS wird thematisiert. “Die Marke UBS, eine der besten der Branche weltweit, liegt in Scherben”, schreibt der “Tages Anzeiger”.

“Die Marke UBS war auch ein Synonym für jenen Wirtschaftszweig, der diesem Land neben Kritik und Neid auch Anerkennung und Wohlstand einträgt. Vermögensverwaltung durch Schweizer Banken bedeutete Sicherheit, Seriosität und Vertrauen. Das ist nach dem tiefen Fall der UBS Geschichte.”

Etwas positiver sieht es die “Basler Zeitung”: “Der Schub für die UBS-Papiere deutet auf die Rückkehr des Vertrauens in die angeschlagene Grossbank hin.”

Der effektivste Befreiungsschlag sei der UBS mit der Auslagerung “maroder” Papiere aus dem US-Hypothekengeschäft gelungen. Damit sei ein “bösartiges Geschwür” entfernt worden. “Denn der Rest der UBS, und damit der überwiegende Teil, ist eigentlich gesund”, so die BaZ.

“Grounding von Ospel”

Der Rücktritt von Verwaltungsrats-Präsident Marcel Ospel wurde von den Schweizer Medien begrüsst. “Ospel musste einsehen, dass er Teil des Problems war, und eben nicht – wie er dies gern behauptete – Teil der Lösung”, schreibt die “Basler Zeitung” weiter.

“Grounding von Ospel”, titelt die “Berner Zeitung”. “Rücktritt kommt zu spät”, heisst es weiter. “Jahrelang stand Ospel für aggressive (Investment-)Bankinggeschäfte und hohe Gewinne. In die Geschichtsbücher eingehen wird er aber als Mann, der durch übergrossen Risikoappetit die grösste Schweizer Bank an den Rand des Ruins brachte.”

“Für die Zukunft der Bank ist dies Nebensache”, schreibt “Der Bund” in Bezug auf Ospels Rücktritt. “Die zahlreichen Ospel-Kritiker haben nun den gewünschten Knochen zum Beissen erhalten. Damit kann sich die öffentliche Diskussion endlich wieder wichtigeren Fragen zuwenden.”

Nachfolger hat schweren Stand

Am Handlungsspielraum von Ospels Nachfolger, dem Juristen Peter Kurer, zweifeln die Medien jedoch. Kurer sei “Teil des Systems”, schreibt der “Tages Anzeiger”.

“Jenes System, das die Verantwortung längst mit Selbstbereicherung vermischt. Es ist auch die Gier nach Geld und Macht, die die UBS ins Verderben laufen liess.” Und weiter: “Im UBS-Präsidium wird jetzt ein Name ausgetauscht, mehr nicht. Eine vertrauenbildende Massnahme ist das nicht.”

“Swissair-Killer soll UBS retten” titelt der “Blick” über den ehemaligen Swissair-Juristen und Ospel-Nachfolger bei UBS. “Das Chaos bei der UBS ist so gross, dass es keinen jovialen Superbanker wie Ospel braucht. Sondern einen detailversessenen, kühlen Technokraten.”

“Kurer dürfte mit seinem juristischen Wissen tatsächlich der geeignete Mann sein, um die UBS aus der heutigen Krise zu führen. Klar ist aber auch, dass er kaum mehr als eine Übergangslösung darstellen dürfte”, so die “Berner Zeitung”.

swissinfo, Corinne Buchser

Die UBS hat im Jahr 2007 schwere Zeiten durchgemacht. Es begann mit dem Kollaps der Hedgefonds Dillon Read Capital.

Zwei Monate später, im Juli, nahm der CEO Peter Wuffli abrupt seinen Hut, ohne dass eine klarer Erklärung abgegeben worden wäre.

Im Oktober gab die UBS bekannt, sie würde 1500 Jobs im Investment Banking-Bereich streichen – inklusive jenen des betreffenden Chefs Huw Jenkins. Gleichzeitig strich auch Clive Standish, Chief Financial Officer der Bank, seine Segel.

Ende Oktober wurde mitgeteilt, dass die UBS 4,2 Mrd. Franken auf den Subprime-Schuldscheinen abschreibe und dass im 3. Quartal 2007 ein Verlust von 726 Mio. Franken anfalle – der erste Quartalsverlust seit neun Jahren.

Im Dezember informierte die UBS, dass weitere 10 Mrd. Franken Abschreibungen anstünden, da sich die US-Subprime-Krise vertiefe. Gleichzeitig kündigte sie an, dass 13 Mrd. neues Eigenkapital aufgenommen würden, von einem Singapurer Staatsfonds und mittelöstlichen Investoren.

Die Aktionäre stimmten dieser Kapitalspritze im Februar 2008 zu.

Weitere 4 Mrd. wurden im Januar abgeschrieben. Dies brachte die Summe der Abschreiber auf 20 Milliarden. Und diese Summe ist nun nochmals mit den Erklärungen von Anfang April fast verdoppelt worden.

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