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Die UBS wird nie mehr dieselbe sein

Schlechte Anlagen haben das Image der UBS schwer angekratzt. Keystone

UBS, die grösste Bank der Schweiz, mag einen irreparablen Schaden davon getragen haben. Dennoch werde sie nicht vom gleichen Schicksal eingeholt wie der gefallene US-Banken-Gigant Bear Stearns, glauben Finanzmarktkenner.

Dieselbe Meinung wie die Finanzbeobachter hegen auch die Anleger, da der Aktienkurs der UBS trotz einem weiteren Abschreiber von 19 Mrd. Franken (19 Mrd. Dollar) und wohl dank dem angekündigten Abgang von VR-Präsident Marcel Ospel in die Höhe schoss.

Am Dienstag abend notierte die Aktie 12% höher als am Vortag.

Doch der Traum der UBS-Führung, zu einer der best-rentierenden Investment-Banken zu werden, liegt nun am Boden. Und die weltbekannte Schweizer Bank wird sich künftig stark damit beschäftigen müssen, reiche Kunden davon abzuhalten, sich aus der Vermögensverwaltung (Wealth Management) der UBS zu verabschieden.

“Ich denke, die UBS wird nie mehr dieselbe sein”, sagt Professor Hans Geiger vom Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Uni Zürich gegenüber swissinfo.

Die UBS ist nun jene europäische Bank, die am allermeisten von der US-Subprime- und Hypotheken-Krise betroffen ist.

Die Meinung bleibt gespalten, ob die Bank in den kommenden Monaten weitere Abschreibungsbedarf aufweisen wird oder nicht. Denn immer noch werden rund 31 Mrd. Franken an Risiko-Hypotheken-bezogenen Aktiva in den Büchern ausgewiesen.

Wobei in dieser Summe eventuelle von der UBS herausgegebene Anleihen mit Leverage-Effekt (Hebelwirkung) und andere spekulative Aktiv-Posten nicht inbegriffen sind.

Geiger glaubt aber, dass mit dem Ausscheiden von Marcel Ospel auch weitere unliebsame Überraschungen wegfallen.

“Ospel sagte im Dezember, er selber sei ein Teil der Lösung. Der Umstand, dass er nun abtritt, legt die Vermutung nahe, er sei solange geblieben, bis sein Pult für einen Nachfolger geräumt war.”

Kein Schicksal wie Bear Stearns

Doch Andreas Venditti meinte gegenüber swissinfo, weitere Abschreiber können nicht ausgeschlossen werden. Der Analyst der Zürcher Kantonalbank sagt: “Es gibt weiterhin Aktiva im Risikobereich, so dass noch nicht sicher ist, wie sich diese Geschichte weiterentwickeln wird.”

Beide Experten sind sich jedoch einig, dass die UBS kaum dasselbe Schicksal erreichen wird wie die US-Investmentbank Bear Stearns. Diese musste für einen Bruchteil ihres (einstigen) Werts im März an Konkurrent J.P. Morgan verkauft werden, um ihren Untergang zu vermeiden.

“Bear Stearns besass kaum andere Geschäftsfelder, die ihr ein langfristiges, stabiles Einkommen gesichert hätten”, sagt Venditti. “Sie hatte eine völlig andere Finanzierungsstruktur als die UBS. Die UBS kann im Notfall auf ihre Spar- und Kredit-Sparten und auf ihre Vermögensverwaltung zurückgreifen, die beide sehr gesund sind.”

Die UBS plant, weitere 15 Mrd. Franken in Form von Wertpapieren mit Vorzugsrechten (ordentliche Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten für alle Aktionäre) aufzunehmen. Dies hat eher damit zu tun, dass die Bank ihre Cash-Positionen vorsorglich aufstocken will, als dass sie Geld für ihr Weiterbestehen bräuchte.

Wird die reiche Privatkundschaft bleiben?

Das grösste Problem für die UBS dürfte ein anderes sein: Sie wird nun die reiche Privatkundschaft davon abbringen müssen, ihre Geld abzuheben und in eine andere Bank zu transferieren. Schliesslich ist die UBS der weltgrösste Vermögensverwalter – das Wealth Management legte den Grundstein zum Erfolg dieser Bank.

Die UBS gewärtigt eine grosse Anzahl von unzufriedenen Kunden und einige mögliche gerichtliche Nachspiele. Die Bank setzte nämlich letzte Woche den Wert von so genannten “auction rate securities”, die sie ihrer Kundschaft vorher verkauft hatte, herunter, obwohl diese dachte, es handle sich um eine sichere Anlageform.

“Auction rate securitites” sind Schuldscheine, deren Rückzahlungsbedingungen periodisch auf Auktionen neu festgelegt werden.

Jetzt ermittelt das amerikanische Distriktgericht von Manhattan gegen die UBS und eine Reihe anderer Institute. Denn es besteht der Verdacht, dass diese Banken solche Schuldscheine unter Vortäuschung falscher Tatsachen verkauft haben soll.

“Es wird darüber gesprochen, dass die Kundschaft der Bank den Rücken zukehrt”, sagt Geiger. “Doch ein allzu grosses Gesprächsthema scheint es nicht zu sein.”

Zuerst habe die UBS 19 Milliarden abgeschrieben, und der Verlust im ersten Quartal des laufenden Jahres betrug nochmals 12 Milliarden. Das heisse doch, dass immer noch Geld zur Bank fliesse.

swissinfo, Matthew Allen in Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Die UBS hat im Jahr 2007 schwere Zeiten durchgemacht. Es begann mit dem Kollaps der Hedgefonds Dillon Read Capital.

Zwei Monate später, im Juli, nahm der CEO Peter Wuffli abrupt seinen Hut, ohne dass eine klarer Erklärung abgegeben worden wäre.

Im Oktober gab die UBS bekannt, sie würde 1500 Jobs im Investment Banking-Bereich streichen – inklusive jenen des betreffenden Chefs Huw Jenkins. Gleichzeitig strich auch Clive Standish, Chief Financial Officer der Bank, seine Segel.

Ende Oktober wurde mitgeteilt, dass die UBS 4,2 Mrd. Franken auf den Subprime-Schuldscheinen abschreibe und dass im 3. Quartal 2007 ein Verlust von 726 Mio. Franken anfalle – der erste Quartalsverlust seit neun Jahren.

Im Dezember informierte die UBS, dass weitere 10 Mrd. Franken Abschreibungen anstünden, da sich die US-Subprime-Krise vertiefe. Gleichzeitig kündigte sie an, dass 13 Mrd. neues Eigenkapital aufgenommen würden, von einem Singapurer Staatsfonds und mittelöstlichen Investoren.

Die Aktionäre stimmten dieser Kapitalspritze im Februar 2008 zu.

Weitere 4 Mrd. wurden im Januar abgeschrieben. Dies brachte die Summe der Abschreiber auf 20 Milliarden. Und diese Summe ist nun nochmals mit den Erklärungen von Anfang April fast verdoppelt worden.

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