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Kann der Bund weiterhin Steuern einziehen?

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Die Mehrwertsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für den Bund. Keystone

Am 4. März entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung, ob der Bund die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer für weitere 15 Jahre erheben darf. Fast zwei Drittel der Steuereinnahmen stehen auf dem Spiel. Trotzdem zeichnet sich diese Abstimmung durch grösste Ruhe aus: Nur ein kleines Nein-Komitee bekämpft die Vorlage.

Es sind die beiden wichtigsten Finanzierungsquellen des Bundes: Im Jahr 2016 flossen aus der direkten Bundessteuer sowie der Mehrwertsteuer etwas mehr als 43,5 Milliarden Franken in die Bundeskasse – das entspricht fast 65% der Einnahmen.

Grafik Einnahmen des Bundes
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Bei der Präsentation der neuen Finanzordnung (NFO 2021Externer Link) für die Abstimmung vom 4. März sprach der Schweizer Finanzminister Ueli Maurer deutliche Worte: Ohne diese beiden Steuern, wäre der Bund am Boden. Mit nur einem Drittel der Einnahmen wäre die Schweiz schlicht und einfach nicht mehr finanzierbar.

Neu ist nur das Verfallsdatum

Mit der Vorlage NFO 2021 ändert sich nichts an den Steuersätzen, sie werden weder erhöht, noch gesenkt. Es wird einzig darüber abgestimmt, ob der Bund die beiden Steuern weiterhin erheben darf. Denn dieses Recht ist nur befristet in der Bundesverfassung verankert und läuft Ende 2020 aus. Falls das Stimmvolk Ja zur NFO 2021 sagt, wird der Bund die Steuern bis 2035 einziehen dürfen. Danach muss die Regierung erneut um Erlaubnis fragen.

Dieses Prinzip hat sich bewährt. Seit fast 60 Jahren ist es in der Bundesverfassung verankert und wird regelmässig von Volk und Ständen erneuert. Dass die Bestimmung fest im kollektiven Denken verwurzelt ist, zeigt sich auch daran, dass beide Parlamentskammern den Vorschlag der Regierung, die Frist um 15 Jahre zu verlängern, einstimmig angenommen haben.

Die grosse Parlamentskammer (Nationalrat) hat kurz darüber debattiert, entweder die neue Frist auf zehn Jahre zu verkürzen, wie von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) vorgeschlagen, oder die Frist ganz abzuschaffen und dem Bund damit definitiv das Recht zur Erhebung der beiden Steuern zu geben, wie von den Sozialisten und den Grünen gewünscht.

Doch beide Vorschläge erhielten ausserhalb der Parteien, von denen sie kamen, keinerlei Unterstützung. Am Ende sprach sich niemand gegen die Verlängerung um 15 Jahre aus. Was die kleine Parlamentskammer (Ständerat) betrifft, so gab es dort überhaupt keine Diskussion: Die Ständeräte haben sofort zugestimmt.

Ein Super-GAU

Ursprünglich hätte auch die Regierung die Befristung lieber abgeschafft. Angesichts der vitalen Bedeutung der Einnahmen wäre es für den Bund angenehmer, wenn er dauerhaft darauf zählen könnte. In der Vorberatung zeigte sich jedoch, dass fast alle Parteien dagegen waren.

Die Regierung gab es daher auf, eine Streichung der Bestimmung vorzuschlagen, was im Parlament keine Mehrheit gefunden hätte. Damit erhielt die NFO 2021 uneingeschränkte Unterstützung.

Da es sich um eine Verfassungsänderung handelt, braucht es zwingend eine Volksabstimmung. Zudem muss eine doppelte Mehrheit von Volk und Ständen erreicht werden. Alle im Parlament vertretenen Parteien empfehlen ein Ja. Auch die Kantone, die 17% der direkten Steuereinnahmen des Bundes bekommen, sind dafür. 

Gegen die NFO 2021 wurde Mitte Januar überraschend ein kleines KomiteeExterner Link gebildet, angeführt von der «up!schweizExterner Link» (Unabhängigkeitspartei aus jungen Libertären). Diesem haben sich auch ein paar Mitglieder der rechtskonservativen SVP, der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP.Die Liberalen), der jungen FDP sowie der Piratenpartei angeschlossen. Das Nein-Komitee, das die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer als schädliche Steuern anprangert, will eine öffentliche Debatte über die ständige Zunahme der Steuerlast anregen.

Was aber würde passieren, wenn die Vorlage am 4. März wider Erwarten abgelehnt würde? «Es wäre ein Super-GAU», sagte Maurer an der Pressekonferenz. Der Minister fügte an, dass «kein Plan B» existiere: Es wäre unmöglich, andere Finanzierungsquellen oder Einsparungsmöglichkeiten in der gleichen Grössenordnung zu finden, schon gar nicht in so kurzer Zeit. Ab dem 1. Januar 2021 könnte der Bund den grössten Teil seiner Aufgaben nicht mehr erfüllen.

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Weltweites Unikum

Dass der Staat seine Bürger in regelmässigen Abständen um Erlaubnis bitten muss, Steuern erheben zu dürfen, ist weltweit einmalig und potenziell riskant. Es handle sich um ein weltweites Unikum, das die Finanzminister anderer Länder sprachlos mache, sagte selbst Maurer. Diese Besonderheit hänge mit dem Schweizer System der direkten Demokratie zusammen, so der Minister weiter. «Das Volk ist souverän, und ich finde es richtig, es um Erlaubnis zu bitten, um Steuern zu erheben.»

Nach Ansicht von Maurer sind 15 Jahre ein «vernünftiger» Zeitrahmen für eine Befristung. So entstehe ein Dialog, der das Verantwortungsbewusstsein des Staates und der Bürgerinnen und Bürger stärke.

Provisorisch seit über einem Jahrhundert

Die Befristung der Steuerbefugnis hat auch historische Wurzeln, die mit dem Föderalismus zu tun haben. Bei der Gründung des Bundesstaates 1848 hatte der Bund nur sehr begrenzte Kompetenzen. Er konnte bloss Zölle erheben, während die direkte Besteuerung von Einkommen und Vermögen den Kantonen vorbehalten war.

Der Bund hat erstmals 1916 direkte Steuern erhoben, und dies nur während zwei Jahren – wegen des Ersten Weltkriegs. Aber mit der Zeit wurden diese aussergewöhnlichen Steuern immer häufiger.

Im Jahr 1958 wurden sie in der Bundesverfassung verankert, jedoch zeitlich begrenzt. Die Abstimmung vom 4. März ist die neunte Verlängerung.

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Video der Bundesbehörden:

Übertragung aus dem Italienischen: Sibilla Bondolfi

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