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Ja zu einem Gesetz “für die langfristige Koexistenz von Mensch und Wolf”

Swissinfo Redaktion

Die Revision des Jagdgesetzes dient laut Ständerat Stefan Engler einerseits dem besseren Schutz verschiedener Wildtiere und ihres Lebensraumes und bietet andererseits eine pragmatische Lösung im Umgang mit dem Wolf. Der Bündner CVP-Politiker erklärt ausführlich, warum er für den 27. September zu einem Ja aufruft.

Das geltende Jagdgesetz stammt aus dem Jahr 1985. Seither hat sich Einiges geändert: Beispielsweise haben die Bestände geschützter Arten wie dem Wolf oder Biber in den letzten Jahren wieder zugenommen. Was erfreulich ist. Es ist ein gutes Zeichen für die Natur und Artenvielfalt in der Schweiz.

Allerdings führt beispielsweise die Zunahme des Wolfbestands auch immer wieder zu Konflikten mit der Landwirtschaft, dem Tourismus und der Bevölkerung. Um diesen veränderten Wildtierbeständen und den Bedürfnissen nach Schutz von Mensch und Tier besser entsprechen zu können, braucht es deshalb eine Revision des Jagdgesetzes.

Das revidierte Jagdgesetz dient dazu, verschiedene Wildtiere und ihren Lebensraum besser zu schützen. Zudem bietet es eine pragmatische Lösung im Umgang mit dem Wolf, der 1995 in die Schweiz zurückgekehrt ist. Der Wolfsbestand wächst stetig an: 2019 lebten rund 80 Wölfe in unserem Land.

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Manche Wölfe greifen Schafe und Ziegen an. Jährlich werden 300 bis 500 Tiere gerissen. Betroffen sind auch Herden, die von Zäunen oder Hunden beschützt werden. Denn Wölfe können lernen, Schutzmassnahmen zu umgehen. Und manche Wölfe verlieren die Scheu vor Siedlungen. Das revidierte Jagdgesetz bezweckt, Konflikte zu lindern, die mit dem wachsenden Wolfsbestand einhergehen.

Besserer Schutz der Natur

Das revidierte Gesetz bringt verschiedene Verbesserungen für die Wildtiere und ihren Lebensraum. Reservate und Schutzgebiete, die den Tieren als Rückzugsgebiete dienen, sowie Wildtierkorridore werden mit zusätzlichen Mitteln unterstützt. In der ganzen Schweiz werden rund 300 Verbindungswege in der Natur für Wildtiere vor Verbauung geschützt. Damit können ihre Lebensräume besser vernetzt werden. Bei Bahnlinien und Strassen sorgen Bund und Kantone für Brücken und Unterführungen für Wildtiere.

Der Bund unterstützt die Kantone bei der Aufwertung der Lebensräume von Wildtieren und Vögeln in den rund 80 eidgenössischen Wildtierschutzgebieten und Vogelreservaten finanziell. Zwölf Wildentenarten dürfen in Zukunft gar nicht mehr gejagt werden. Zudem gilt für die Waldschnepfe eine längere Schonzeit. Das Gesetz verpflichtet die Kantone und Bauern, Zäune wildtierfreundlich zu errichten, damit Unfälle und Verletzungen von Wildtieren möglichst ausbleiben. Diese Massnahmen dienen der Artenvielfalt: Sie helfen, den natürlichen Lebensraum der Wildtiere zu bewahren und die Natur zu schützen.

Pragmatische Lösung im Umgang mit dem Wolf

Das revidierte Jagdgesetz ermöglicht es den Kantonen, die Wolfbestände zu regulieren, bevor Wölfe Schafe und Ziegen angreifen. Der Wolf bleibt aber eine geschützte Tierart. Ziel dieser Neuerung ist, dass die Wölfe die Scheu vor Menschen und Siedlungen bewahren, weniger Schäden an Schafen und Ziegen entstehen und so die Zahl der Konflikte abnimmt.

Zentral im neuen Gesetz ist, dass die Umsetzungsverantwortung bei der Regulierung geschützter Arten neu bei den Kantonen liegt. Sie kennen das Gebiet, in dem sich das Raubwild aufhält. Sie kennen das Streifgebiet von Rudeln. Sie unterstützen den Herdenschutz. Sie stehen im Kontakt mit den Geschädigten, und vor allem sind es die kantonalen Wildhüter, die, falls es nötig ist, die Abschüsse zu tätigen haben. Ein Einschreiten der Wildhüterinnen und Wildhüter erfolgt nur dann, wenn Massnahmen zur Verhütung von Schäden alleine nicht mehr genügen.

Die Kantone stehen in der Pflicht, alle präventiven Massnahmen auszuschöpfen, bevor sie regulierend eingreifen. Wo sich Wolfsrudel bilden, wissen wir mittlerweile aus Erfahrung, dass sich Schäden nicht allein durch Schutzmassnahmen verhindern lassen. Die Wölfe lernen schnell, den Herdenschutz zu umgehen. Damit sie ihre Scheu gegenüber Siedlungen und Schutzeinrichtungen nicht verlieren, braucht es zu einem wirkungsvollen Herdenschutz auch die Möglichkeit einzelner Abschüsse.

Die Weidetierhaltung als ökologischste Tierhaltung muss in den Bergtälern auch in Zukunft möglich bleiben. Herden sind, wo das möglich und zumutbar ist, durch geeignete Massnahmen zu schützen; darin liegt der Beitrag der Landwirtschaft. Auch die Jäger haben sich mit den neuen Konkurrenten und den vorgefundenen Naturgegebenheiten zu arrangieren.

Das neue Gesetz schafft den Rahmen für ein langfristiges Nebeneinander von Mensch und Wolf. Es verdient unsere Zustimmung. Deshalb sage ich mit Überzeugung Ja zum neuen Jagdgesetz!

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.


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