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Schweizer Connection wird teuer für die AfD


Politisch läuft es gut für die rechtspopulistische AfD. Soeben wurde sie im ostdeutschen Thüringen mit 23,4 Prozent zur zweitstärksten Kraft im Bundesland gewählt. Doch illegale Spenden aus der Schweiz kommen die Partei teuer zu stehen.

Nur einige Tage vor der Wahl-Euphorie fand die Partei unangenehme Post von der deutschen Bundestagsverwaltung im Briefkasten: Eine Geldstrafe von 396’000 Euro soll die AfD zahlen, weil der Kreisverband der Co-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel illegale Überweisungen aus der Schweiz angenommen und nicht gemeldet hatte. Es ist bereits der dritte Fall, in dem die Alternative für Deutschland (AfD) wegen unrechtmässiger Wahlkampfhilfe aus der Schweiz ins Visier gerät.

Zuwendungen an die Partei werden in Deutschland besonders kritisch beobachtet, weil sich die einst selbst in der rechten bürgerlichen Mitte verortende AfD zunehmend an den rechtsnationalen Rand bewegt. Bernd Höcke, der als Spitzenkandidat die Thüringer AfD anführte, darf laut eines Urteils des Amtsgerichts Meiningen als Faschist bezeichnet werden: Die Begründung der Richter: Wer den Sieg der Alliierten 1945 als  “katastrophale Niederlage” bezeichnet und vor einem “bevorstehenden Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch” warnt, habe dieses Werturteil verdient.

Hilfe von Züricher PR Agentur

Wer also unterstützt aus dem Ausland Politiker solcher Gesinnung? Vor Alice Weidel hatten bereits AfD-Parteichef Jörg Meuthen und AfD-Europaabgeordneter Guido Reil illegale Hilfe von den Eidgenossen einräumen müssen, genauer gesagt von der Werbeagentur Goal AG im Kanton Zürich. Deren Inhaber ist der deutsch-schweizerische PR-Berater Alexander Segert, der wiederum enge Verbindungen zur rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) unterhält. Seine Idee waren die umstrittenen SVP-Plakate, auf denen weisse Schafe schwarze Schafe aus deren Revier kicken.

Die Goal-AG hatte zunächst im Jahr 2016 Meuthen bei dessen Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg mit Inseraten, Flyern und Plakaten unterstützt, Gudo Reil dann auf ähnliche Weise im nordrhein-westfälischen Wahlkampf 2017. Illegal war dies, weil die Unterstützung aus einem Nicht-EU-Land stammte und nicht angegeben wurde. Die Strafbescheide gegen Meuthen und Reil in dieser Sache über insgesamt 402’900 Euro hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble bereits unterzeichnet.

Parteispenden Deutschland

Grundsätzlich dürfen politische Parteien in Deutschland Parteispenden von Bürgern und Unternehmen annehmen.  Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind jedoch verboten. Bis zu einer Höhe von 500 Euro können Spender anonym bleiben, bis zu 1000 Euro sind Barspenden erlaubt. Spenden von insgesamt mehr als 10’000 Euro im Jahr müssen mit Namen, Anschrift und der Gesamtsumme im Rechenschaftsbericht der Partei aufgeführt werden. Grossspenden von mehr als 50’000 Euro müssen die Parteien unverzüglich dem Bundestagspräsidenten melden, der sie dann öffentlich macht.

Der Fall Alice Weidel ist verzwickter und klingt ein wenig wie ein schlechter Krimi. Auf das Konto ihres Kreisverbands am Bodensee gingen im Sommer 2017 in Tranchen insgesamt 132’000 Euro aus der Schweiz ein – unter dem Stichwort “Wahlkampfhilfe Alice Weidel”. Damals war Weidel Spitzenkandidatin der AfD im Bundestagswahlkampf. Die Politikerin unterhält seit vielen Jahren aus privaten Gründen einen Zweitwohnsitz in der Schweiz. Mittlerweile hat sie ihn wegen zunehmender Anfeindungen von Biel in den Kanton Schwyz, genauer in den Wallfahrtsort Einsiedeln, verlegt. Die Region gilt als Hochburg der SVP – die inhaltlich viele Schnittpunkte mit der AfD aufweist. 

Verschleierte Geldflüsse

Zunächst fiel die Zahlung an Weidels Kreisverband niemandem auf, die Partei meldete den Eingang nicht. Bis ein Rechercheverbund von Süddeutscher Zeitung, WDR, NDR und dem Schweizer Tamedia-Recherchedesk im Jahr 2018 auf das Geld stiess. Die Journalisten fanden heraus, dass die Summe von einem Zürcher Apotheker stammte. Dieser beteuerte, nur als Mittelsmann agiert zu haben und legte eine Liste der angeblich wahren Spender vor. Doch diese erwiesen sich als Strohmänner, die ihre Namen gegen Geld hergegeben hatten.

In Wahrheit steckte hinter der Zahlung der in Zürich und England lebende deutsche Milliardär Hennig Conle senior. Er wollte nicht als Spender in Erscheinung treten und hatte den in seiner Nachbarschaft lebenden Apotheker, Inhaber der PWS PharmaWholeSale International AG aus Zürich, gebeten, das Geld über die Strohmänner zu überweisen. Mittlerweile wurde er von der Zürcher Staatsanwaltschaft in Anwesenheit eines deutschen Ermittlers vernommen Die Ergebnisse liegen den deutschen Ermittlungsbehörden nicht vor. Fest steht, dass der Geldstrom an Weidels Kreisverband mit Vorsatz die Regeln für die deutsche Parteienfinanzierung

unterlief. Die nun festgesetzte Strafe beläuft sich auf die dreifache Summe der angenommen Zahlungen, also auf 396’000 Euro.

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Zu spät zurückgezahlt

Nicht nur sind Spenden von ausserhalb der EU an deutsche Parteien verboten. Dass die 132’000 Euro-Spende gestückelt war, weist zudem auf eine Verschleierungstaktik hin. Jeder Spendeneingang über 10’000 Euro auf dem Parteikonto muss im Rechenschaftsbericht aufgelistet werden. Die Spenden an Alice Weidel kamen aber in Tranchen von jeweils 7900 Euro an.  Weidel räumte erst nach den Recherchen ein, bereits 2017 von dem Geldfluss gewusst zu haben. Ihr Kreisverband überwies das Geld dann auch im April 2018 auf das Konto der Firma PWS zurück – allerdings erst ein halbes Jahr nach Spendeneingang. 

In der Zwischenzeit nutzte es der Kreisverband unter anderem zur Begleichung von Anwaltsrechnungen. Zudem, so fanden Journalisten von Tagessschau.de heraus, gingen nach Rückzahlung der ersten Summe weitere 38’000 Euro auf Weidels Konto ein.  “Es spricht viel dafür, dass auch dieses Geld von demselben mutmasslichen Geldgeber stammen könnte: dem Milliardär Henning Conle“, so das Portal. Die AfD hat derweil Rückstellungen für die Strafen veranschlagt, will aber gegen alle drei Bescheide klagen.

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