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Presseschau vom 25.07.2003

Die Schweizer Presse kommentiert ausführlich die schriftliche Begründung des Bundesgerichts zu Einbürgerungen an der Urne.

In seiner schriftlichen Begründung hält das Bundesgericht fest, die verfassungsmässigen Grundrechte und Verfahrensgarantien seien zu wahren. Dies sei bei Einbürgerungs-Entscheidungen an der Urne nicht möglich.

“Auflehnung gegen die Richter”, kommentiert die BERNER ZEITUNG die Reaktionen im Lande. Die schriftliche Begründung trage nichts zur Entschärfung der politischen Debatte bei.

Die BZ: “Die beiden gestern begründeten Urteile vom 9. Juli spalten die Schweiz. Selbst Staatsrechtler sind unterschiedlicher Meinung.”

So klug wie zuvor

“Die Katze bleibt im Sack”, titelt die AARGAUER ZEITUNG. Gemeint ist die Frage nach der Zulässigkeit von Einbürgerungen an Gemeindeversammlungen. “Auf diese Frage gibt auch die jetzt vorliegende schriftliche Begründung zu den ‘Jahrhundertentscheiden’ keine schlüssige Antwort.”

Ins gleiche Horn stösst die BASLER ZEITUNG: “Die Behörden und Politiker – und auch die Öffentlichkeit – sind nach der jetzt schriftlich vorliegenden Urteilsbegründung der beiden Einbürgerungs-Entscheide so klug wie zuvor.”

Politik gefordert

Die NEUE LUZERNER ZEITUNG sieht es auch so: “Seit Wochen streiten Juristen, Staatsrechtler und Parteien. Wer gehofft hat, die Erläuterungen würden weiterhelfen, sieht sich jäh getäuscht.”

Das Fazit der NLZ: “Es wäre gut gewesen, wenn das Bundesgericht mit klärenden Worten angetönt hätte, ob Einbürgerungen durch Gemeindeversammlungen künftig noch machbar sind oder nicht.”

Das Bundesgericht habe unnötigerweise Öl ins Feuer einer sonst schon emotionalen Debatte gegossen. Jetzt sei die Politik gefordert, und zwar auf kantonaler Ebene.

Feuer angezündet

Laut der BASLER ZEITUNG hätte das Bundesgericht den Mut aufbringen müssen, eine umfassende Lösung zu präsentieren.

Der Kommentar der BAZ: “Die Lausanner Richter haben ein Feuer angezündet, dieses aber nur zur Hälfte wieder gelöscht. Dies schafft Rechtsunsicherheit und dient in keiner Weise dem Anliegen einer geordneten Einbürgerungspolitik.”

Viel Pro und Kontra

Einige Zeitungen wie der TAGES-ANZEIGER oder die AAURGAUER ZEITUNG thematisieren zudem die gespaltenen Reaktionen in der Bevölkerung.

Die AZ: “Die Leserseiten in den Zeitungen sind voll von Beiträgen pro und kontra das Bundesgericht.”

Pro und Kontra-Beiträge gibts auch von Gastschreibern in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.

Kein Kontra, sondern nur eine Befürworterin kommt im BLICK zu Wort. Die Boulevardzeitung lässt eine Staatsrechtsprofessorin erklären, warum das Volk nicht immer das letzte Wort haben kann.

Der Kommentar der Expertin: “Es käme keinem Menschen in den Sinn, über Ehescheidungen und Strafurteile an der Urne zu entscheiden. Die Grenze liegt dort, wo es um Einzelentscheide geht, die Personen unmittelbar betreffen.”

swissinfo, Elvira Wiegers

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