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Schweiz gibt Abacha-Gelder frei

Rund 535 Mio. Dollar - etwa die Hälfte der Abacha-Gelder - liegt auf Schweizer Konten. swissinfo.ch

Nigerias Behörden haben sich mit den Beschuldigten im Fall Abacha geeinigt. In der Schweiz blockierte Gelder sollen an Nigerias Regierung überwiesen werden.

Die Affäre um die ins Ausland geschafften Milliarden des 1998 verstorbenen nigerianischen Diktators Sani Abacha wird mit einem Vergleich weitgehend abgeschlossen.

Der Deal, an dem neben der Schweiz auch Grossbritannien, Luxemburg, Jersey und das Fürstentum Liechtenstein beteiligt sind, wurde am Mittwoch vom Direktor des Bundesamts für Justiz (BJ), Heinrich Koller, und vom Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa in Bern präsentiert.

Demnach hat sich Nigeria mit den Angehörigen und Geschäftsfreunden des ehemaligen Präsidenten darauf geeinigt, dass die Strafverfahren gegen die beteiligten Personen eingestellt werden. Ihre Namen würden auch aus den nigerianischen Rechtshilfegesuchen an das Ausland gestrichen.

Die Familie Abacha selber erhalte rund 100 Mio. Dollar. Es gehe um Geld, dass die Familie vor der Amtseinsetzung des Präsidenten im Jahre 1993 erworben habe und die nachweislich aus nicht strafbaren Handlungen stammten.

Überweisung über BIZ

Im Gegenzug wird über eine Milliarde Dollar der im Ausland blockierten Gelder zu Gunsten der Regierung Nigerias an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel überwiesen. Im Falle der Schweiz handelt es sich um 535 Mio. Dollar. Gelder fliessen auch aus Grossbritannien, Luxemburg, Jersey und dem Fürstentum Liechtenstein zurück.

Laut dem Genfer Generalstaatsanwalt Bertossa wird der Transfer der Gelder auf Wunsch Nigerias über die BIZ ausgeführt: “Aus politischen Gründen, aber auch um Transparenz zu zeigen, schlug Nigeria diese Art der Überweisung vor”, sagte er gegenüber swissinfo.

Schweiz als Vorreiterin

Der am Mittwoch bekannt gegebene Deal kam auch auf Druck der Schweiz und der anderen von den Fluchtgeldern betroffenen Ländern zu Stande. Am Vortag hatten sich die Anwälte Nigerias und der am Vergleich beteiligten Beschuldigten in Genf mit den betroffenen Ländern getroffen. Dabei wurde der Weg frei gemacht für die Umsetzung des Vergleichs.

Bertossa zeigt sich über den Deal zufrieden: “Eine Lösung per Rechtsverfahren wäre viel komplizierter und viel schwieriger gewesen, vielleicht sogar nie zu Stande gekommen.” Insofern sei dieser Vergleich sehr zu begrüssen.

Gegenüber swissinfo lobte Bertossa auch das Vorgehen der Schweiz in diesem Fall: “Unser Land hatte eine Vorreiterrolle inne.” Kritik sei sicherlich gerechtfertigt, sofern sie sich auf die damalige Zeit beziehe. Nun jedoch habe sich die Schweiz vorbildlich verhalten.

Nigeria lobt die Schweiz

Für die Schweiz bedeutet der Deal insofern einen Erfolg, als sich das Land seit mehreren Jahren darum bemüht, die rufschädigende Problematik der Potentaten-Gelder auf die internationale Ebene zu tragen.

Der Rechtsvertreter Nigerias, der Genfer Anwalt Enrico Monfrini, hob die Einmaligkeit des Deals hervor und lobte die vorbildliche Rolle der Schweiz dabei. “Das ist ausserordentlich”, sagte Monfrini. Zum ersten Mal erhalte ein Land, und zudem ein Entwicklungsland, den Grossteil der Gelder zurück, die von einem ehemaligen Diktator abgezweigt worden seien.

Verfahren gegen Bruder geht weiter

Im Rahmen der Genfer Strafverfahren, die weitergeführt werden, bleiben rund 90 Mio. Dollar gesperrt, wie es weiter heisst. Nicht am Vergleich beteiligt ist unter anderem der Bruder des verstorbenen Staatschefs, Abdulkadir Abacha, wie Bertossa erklärte. In seinem Fall wird auch das Rechtshilfeverfahren in der Schweiz weitergeführt.

Systematische Plünderung

Abacha und seine Angehörigen wurden verdächtigt, die nigerianische Zentralbank jahrelang systematisch geplündert zu haben. Nigerias Behörden warfen dem Clan unter anderem Veruntreuung, Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäscherei vor.

Nach den Unterlagen für das Rechtshilfegesuch an die Schweiz soll die angeblich von Abacha aufgebaute mutmassliche kriminelle Organisation zwischen 1993 und 1998 die Staatskasse um über 2,2 Milliarden Dollar geplündert haben.

swissinfo und Agenturen

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