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Schweiz hilft Südlibanon zurück in den Alltag

Grundschule Namee, Südlibanon. swissinfo.ch

Auf dem Feld ist der Krieg Israels gegen die libanesische Hisbollah beendet, doch die Menschen leiden noch heute unter den Zerstörungen. Die Schweiz hilft ihnen bei der Rückkehr in den Alltag.

swissinfo besuchte Projekte in den Bereichen Schulhaus-Renovationen, sauberes Trinkwasser, Minenräumung und Reinigungsarbeiten nach der Ölpest.

Seit dem 14. August schweigen in Libanon offiziell die Waffen, nach dem rund einmonatigen Krieg Israels gegen die islamische Hisbollah.

Die Zerstörungen der Bombenangriffe richteten vor allem in Südlibanon verheerende Schäden an. Rund eine Million Menschen wurden vertrieben.

Die Schweiz beteiligt sich an der Beseitigung der Kriegsschäden, mit dem Programm “Back to life”, für das der Bundesrat, die Schweizer Landesregierung, 20 Mio. Franken bewilligte.

Das Programm soll der betroffenen Zivilbevölkerung so schnell als möglich die Rückkehr in den Alltag ermöglichen.

Hochmotiviert

“Die Menschen sind sehr am Wiederaufbau interessiert, weil sie sehr stark mit ihrer Heimat verbunden sind”, sagt Leiter Kurt Rothacher von der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die das Programm in Südlibanon durchführt.

Da viele Rückkehrer rasch wieder eine positive Perspektive entwickelt hätten, glaubt Rothacher nicht, dass es zu einer Auswanderungswelle kommt. Verantwortlich für diese neue Zuversicht, gerade auch der jüngsten Bewohner, ist die Renovation von rund 50 der insgesamt 350 beschädigten Schulhäuser.

In den Dörfern Namee und Alfidar hatten die Schulen das Pech, direkt neben Brücken oder Fabriken zu liegen, welche völlig zerstört wurden. In Namee hatten die Kinder Angst gehabt, nie mehr in ihre Schule zurückkehren zu können, erzählen sie.

Helle Räume, helles Lachen

Jetzt strahlen sie im hellen Klassenzimmer um die Wette und sind stolz, dort weiter lesen und rechnen zu lernen.

Die Reparaturarbeiten haben zwei Wochen gedauert, in denen alle Fenster ersetzt, die Türen geflickt, die Wände neu gestrichen und die Einschusslöcher in der Fassade sowie das Dach geflickt wurden.

Die Schulbehörden wissen die Schweizer Hilfe sehr zu schätzen. “Ich danke der DEZA für diese Arbeit. Sie ist ein gutes Beispiel, wie hoch die zivilisierten Länder die Bedeutung der Schulen für die Kinder schätzen und respektieren”, erklärt Ibrahim Abu Shahla, Direktor der Schule in Namee.

Ebenso rasche Hilfe leistet die Schweiz bei der Grundversorgung mit Trinkwasser und medizinischer Hilfe. In fünf Dörfern, die unter besonders akutem Mangel an Ärzten und Medikamenten leiden, stellte die DEZA weisse Container auf, in denen lokales Pflegepersonal die Bevölkerung mit erster Hilfe und Medikamenten versorgt.

Wasserversorgung vital

Schlimm sieht es auch punkto sauberem Trinkwasser aus. Dieses ist Mangelware, da viele Leitungen zerstört wurden.

Die DEZA finanziert kleinere Reparaturen an Wasserleitungen, Reservoirs oder Wassertanks wie etwa in Maraka.

Zwei von der Schweiz finanzierte Generatoren treiben Pumpen an, welche Reservoirs mit Grundwasser füllen.

“Diese Arbeit muss besonders schnell und präzis erledigt werden, denn es geht um die Menschen, die in ihr normales Leben zurückkehren wollen”, sagt DEZA-Mitarbeiter Andrea Cippà.

Im Rahmen des Programms “Back to Village” werden in sieben Dörfern rund 750 Häuser wieder aufgebaut oder renoviert. Mit nur kleineren Beiträge kann sehr viel getan werden, so Kurt Rothacher.

“In etwa 80% der Fälle betragen die Kosten zwischen 50 und 200 Dollar. Nur in 10% zwischen 2000 und 5000 Dollar.” Um sicherzustellen, dass die Gelder nicht zweckentfremdet werden, zahlt sie die DEZA in Raten aus.

Starthilfe für die Schwächsten

Zahlreiche Familien haben im Krieg ihr ganzes Hab und Gut verloren. 1600 von ihnen, vorwiegend Bauern, Handwerker und Händler, unterstützt die DEZA mit Starthilfen zwischen 250 und 750 Dollar, damit sie wieder auf eigenen Füssen stehen können.

Im wahrsten Sinne des Wortes lebensrettend ist die Schweizer Hilfe bei der Räumung der hunderttausenden von nicht explodierten israelischen Streubomben. Unter der Zivilbevölkerung haben diese bisher 23 Todesopfer und 136 Verletzte gefordert, die meisten von ihnen spielende Kinder und Bauern.

“Das Problem ist viel grösser als erwartet. Die Streubomben sind überall verteilt, mitten in den Gemüsefeldern und Obstgärten. Die Bauern können nicht arbeiten”, erklärt Friedrich Steinemann, Chef des DEZA-Büros in Beirut.

Die Schweiz rüstet 50 Minenräumungs-Equipen – bestehend aus zwei ausländischen Experten und rund zehn Einheimischen, meist Bauern – mit dem erforderlichen technischen Gerät aus. Diese müssen den Boden, meist Anbauland und Obstgärten, quadratzentimeterweiser untersuchen und notfalls säubern.

Obwohl sich ihre bisherige Bilanz sehen lassen kann – rund 1500 zerstörte Streubomben ohne einen einzigen Unfall – wartet auf die Räumer noch ein riesiger Berg an Arbeit. Rund eine Million Explosivkörper sollen sie insgesamt unschädlich machen.

swissinfo, Tamer Aboalenin, Südlibanon
(Deutsche Version: Renat Künzi)

Nach der Entführung zweier israelischer Soldaten startete Israel am 12. Juli 2006 eine Offensive in Südlibanon gegen Stellungen der Hisbollah.
Am 14. August wurde ein Waffenstillstand unterzeichnet.
Nach Angaben der UNO wurden knapp 1200 Zivilisten getötet. 15’000 Wohnungen, 94 Strassen und 80 Brücken wurden zerstört. Die Schäden an der Infrastruktur belaufen sich laut libanesischer Regierung auf 3,6 Mrd. Dollar.
Rund eine Million Menschen wurden vertrieben, von denen die meisten wieder zurückgekehrt sind.
In Libanon leben 250’000 Flüchtlinge aus Palästina, die meisten in Lagern. Ihre prekäre Lage wurde durch den Krieg noch verschärft.

Die Bombardierung von Öltanks in Beirut durch die Israelis löste eine Umweltkatastrophe aus.

Ein Ölteppich trieb auf dem Meer Richtung Norden und verschmutzte das Naturschutzgebiet der Palmeninsel.

Die DEZA finanziert ein Reinigungs-Programm mit 400’000 Franken.

Fischer, die ihrer Lebensgrundlage beraubt sind, reinigen die Küste mit Hochdruckgeräten von der Ölkruste. Viele Felsen und Steine müssen sie von Hand vom Ölschlick befreien.

Die Entsorgung der Ölrückstände ist noch nicht geklärt. Möglich ist die Verwendung in der Zementindustrie oder im Strassenbau.

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