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Schweiz versöhnt Fans mit Sieg gegen Portugal

Hakan Yakin gibt der Fussball-Schweiz mit zwei Toren den Stolz zurück. Keystone

Die Ära von Nati-Trainer Köbi Kuhn hat am Sonntagabend halbwegs in Würde geendet: Die Schweiz schlug Portugal 2:0. Im Spiel ohne Wert erzielte Hakan Yakin beide Treffer.

Der Schweizer Nationalmannschaft und Trainer Kuhn ist die “geschuldete” Versöhnung mit den Schweizer Fans gelungen. Stürmer Hakan Yakin sorgte mit seinen zwei Treffern dafür, dass die Schweiz vor einem EM-Abschied mit Spott und Hohn verschont geblieben ist.

Der Sieg der Schweiz ist aber ein Fussballmuster ohne Wert: Denn das Ausscheiden des Gastgebers hatte bereits nach der 1:2-Pleite gegen die Türkei von letztem Mittwoch festgestanden.

Der versöhnliche Abschluss mag auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz in den ersten beiden EM-Partien eine durchaus mögliche Viertelfinal-Qualifikation aus eigenem Unvermögen verpasste.

“Zubi” hält Schweiz im Spiel

Die Schweizer, die mit Pascal Zuberbühler im Tor für Benaglio sowie mit Johan Vonlanthen anstelle Barnettas spielten, waren von Beginn weg eher in der Defensive. Dies obwohl die Portugiesen ohne ihre Superstars wie Cristiano Ronaldo, Deco und Carvalho angetreten waren.

Erstmals heiss wurde es vor dem Schweizer Tor in der 18. Minute, als Zuberbühler einen abgelenkten Freistoss mit der rechten Hand reflexartig an die Latte lenken konnte. Fünf Minuten später hatte Inler die Führung für die Schweiz auf dem Fuss, aber er sah seinen Weitschuss vom portugiesischen Hüter Ricardo glänzend pariert.

In der 24. Minute wäre Zuberbühler geschlagen gewesen, aber Verteidiger Senderos verhinderte mit einer Fussabwehr den Rückstand. Ricardo musste nach gut einer halben Stunde erneut sein ganzes Können aufbieten, um einen Kopfball des sehr präsenten Hakan Yakin abzuwehren.

Auftrieb mit Barnetta

Nach der Pause hatten die Schweizer leichte Vorteile. Doch nach einem schnellen Konter hätte es 1:0 für Portugal heissen können; Nani traf indes nur den Pfosten.

Mit der Einwechslung Tranquillo Barnettas für den wirkungslosen Vonlanthen kam sofort mehr Zug ins Schweizer Spiel. Der Ostschweizer in Diensten Leverkusens vergab in der 62. Minute bei seinem ersten Ballkontakt die Führung nur knapp. Inler setzte mit einem seiner gefürchteten Weitschüsse nach, traf aber nur den Aussenpfosten des Gehäuses von Ricardo.

Matchwinner Yakin

In der 71. Minute geschah, was kaum mehr jemand für möglich gehalten hatte: Hakan Yakin schoss nach herrlichem Zuspiel Derdiyoks den Ball zwischen Ricardos Beinen zur Schweizer Führung ein. Sieben Minuten vor Schluss holte der Berner gar zum Doppelschlag aus: Nach Foul von Meira im Strafraum versenkte Yakin den Elfmeter sicher.

Die Tore Nr. 17 und 18 im Trikot der Nationalmannschaft dürften für Yakin eine grosse Genugtuung sein. Nach hervorragender Saison bei den Young Boys war Yakin erst nach der Verletzung von Alex Frei zum Stammspieler der Kuhn-Elf aufgerückt.

Barberis: Ende gut für alle

“Dieser Sieg tut den Schweizer Spielern gut, aber auch dem Trainer und den Fans”, sagte Umberto Barberis, Fussball-Experte für swissinfo an der Euro 08. Das Schweizer Publikum in Basel sei fantastisch gewesen, weil es dem Team die schlechten Darbietungen gegen Tschechien und die Türkei verziehen habe. “Dies fällt auch auf die Schweiz als Mit-Organisatorin der EM zurück.”

Der ehemalige Internationale relativiert nicht die Leistung der Schweizer, aber den Wert des Erfolgs. “Hätte Portugal in Bestbesetzung um die Qualifikation gespielt, wäre die Schweiz wohl kaum zum Handkuss gekommen”, schätzte er.

Barberis zeigte aber Verständnis für die Taktik von Portugals Trainer Luiz Felipe Scolari. “Er wollte für seine Stars in der bedeutungslosen Partie jedes Verletzungsrisiko ausschliessen.” Ebenso das Risiko von gelben oder roten Karten, die Sperren für den weiteren Verlauf der EM nach sich gezogen hätten.

Schwieriges Erbe für Hitzfeld

Trotz dieses versöhnlichen Abschlusses gilt es aber Nüchternheit zu bewahren: Die Heimmannschaft hat in den ersten beiden Gruppenspielen Schiffbruch erlitten. Das Kuhn-Team war unter dem Motto “Once in a Lifetime” zur EM vor eigenem Anhang angetreten. Doch Trainer und Spieler vermochten die einmalige Chance nicht zu packen.

Nicht die Gegner waren zu stark, wie der Sieg über Portugal zeigt, sondern die Schweiz war zu schwach. Die Zukunft der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft ist nach der “verspielten” Heim-EM ungewiss. Gewiss ist aber, dass auf Kuhn-Nachfolger Ottmar Hitzfeld eine schwierige Aufgabe wartet.

swissinfo, Renat Künzi

Zweiter Viertelfinalist aus der “Schweizer” Gruppe A ist die Türkei. Sie schlug am Sonntagabend Tschechien in einem Hitchcock-Finale 3:2.

Portugal war bereits nach zwei Spielen für die erste K.o.-Runde qualifiziert.

Der Schlussstand in der Gruppe A:

1. Portugal 6 Punkte
2. Türkei 6
3. Schweiz 3
4. Tschechien 3

Trotz des frühen Ausscheidens der Schweiz an der EM im eigenen Land ist Köbi Kuhn der erfolgreichste Schweizer Nationaltrainer.

In den 73 Partien feierte die Schweiz 32 Siege und erreichte 18 Unentschieden. 23 Mal verloren seine Spieler.

Kuhn weist mit sieben Jahren auch die längste Amtszeit auf.

Seine grössten Erfolge waren die Qualifikation für die Euro 2004 in Portugal und die WM 2006 in Deutschland.

In Portugal schied die Schweiz sang- und klanglos aus, während sie an der WM 2006 ihre Gruppe gewann. Allerdings verloren sie im Achtelfinale gegen eine schwache Ukraine peinlich im Penaltyschiessen.

Die Euro 2008 im eigenen Land wurde statt zu Kuhns Karrierehöhepunkt zu einem Tiefpunkt: Noch nie war eine EM-Heimmannschaft bereits nach fünf Tagen und zwei Spielen ausgeschieden.

Kritiker bezeichneten die zwei Jahre seit der WM 2006 als zwei verlorene Jahre für den Schweizer Fussball.

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