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Schweizer wollen nicht in die EU

Ein Vollbeitritt zur EU ist in der Schweiz weiterhin kein Thema. Unklar ist aber, wie es in der Europa-Politik künftig weitergehen soll, wie eine Umfrage zeigt.

Am meisten Unterstützung geniesst zur Zeit die Variante einer dauerhaften Annäherung an Brüssel.

Die europapolitischen Volksabstimmungen von 2005 haben ein generell offenes Klima in der Schweiz gefördert. Der Wille, einzelne konkrete Projekte zu unterstützen, bleibt dagegen beschränkt, schreibt der Politikwissenschafter Claude Longchamp im jüngsten Europa-Barometer des Forschungsinstituts gfs.bern, das am Freitag publiziert wurde.

Zur Erinnerung: Das Schweizer Stimmvolk sagte Ja zum Beitritt zu den Abkommen Schengen/Dublin sowie zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die Bürger der zehn neuen EU-Staaten.

Wohin des Weges?

Ein mehrheitsfähiger Weg in der Haltung der Schweiz zur Euopäischen Union (EU) ist laut Longchamp nach den Bilateralen II unter den Stimmbürgern nicht auszumachen.

Für die Erhebung des Europa-Barometers wurden im November insgesamt 1027 stimmberechtigte Personen aus allen Landesteilen telefonisch befragt. Der statistische Stichprobenfehler liegt bei plus/minus 3,1 Prozentpunkten.

Lager für Vollbeitritt klein

Nur gerade 7% der Befragten können sich für einen Vollbeitritt der Schweiz zur EU erwärmen. Von den übrigen vier Varianten, die der Bundesrat in seinem Europa-Bericht analysieren will, schneidet die dauerhafte Annäherung an die EU auf dem bilateralen Weg am besten ab. Sie erhielt 30% Zustimmung.

25% tendieren zu einem Vollbeitritt mit der Möglichkeit, fallweise eigene Entscheidungen zu treffen. 18% wollen auf keinen Fall enger mit der EU zusammenarbeiten, als dies die Bilateralen I und II verlangen.

13% favorisieren einen Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), für den sich etwa Liechtenstein entschieden hatte. 7% gaben keine Antwort.

Die beiden beliebtesten Varianten seien für sich jedoch nicht mehrheitsfähig, so Longchamp weiter. Es werde deshalb weiter darauf ankommen, welche Protagonisten im Integrationsprozess mit welchen anderen Gruppen Allianzen bilden könnten.

In einer Abstimmung würden heute 34% der Befragten einen EU-Beitritt sicher ablehnen; eher dagegen sind weitere 20%. Diesen 54% Gegnern stehen 37% gegenüber, die eher oder bestimmt ein Ja in die Urne legen würden. 9% gaben keine Antwort.

CVP erhält am meisten Zuspruch

Unter den Regierungsparteien erhält die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) am meisten Zuspruch für ihre europapolitische Marschrichtung: Sie hatte vorgeschlagen, die Schweiz müsse sich weiter alle Optionen offen halten. Mit dieser Meinung sind 84% der Befragten eher oder vollständig einverstanden.

Die Haltung der Sozialdemokratischen Partei (SP), eine aktive Europadebatte unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten zu führen, wird von 71% eher oder ganz geteilt. Die Freisinnig-demokratische Partei (FDP) will dagegen zuerst innenpolitische Probleme lösen, bevor wieder über die Europa-Politik debattiert wird. Damit können sich 56% der Befragten ganz oder teilweise identifizieren.

Auf dem letzten Rang landet die EU-kritische Schweizerische Volkspartei (SVP), die einen Beitritt verhindern will. 43% der Befragten teilen ihren Standpunkt eher oder vollständig.

In zehn Jahren nicht EU-Mitglied

Trotz der Skepsis gegenüber einem EU-Beitritt wünschen sich aber 45% der Befragten, dass sich die Schweiz gegenüber dem Ausland mehr öffnen solle. Weitere 36% sind zumindest tendenziell dieser Meinung. Lediglich 17% wünschen sich keine weitergehende Öffnung.

Völlig uneins waren sich die Befragten über die Zukunftsperspektiven der Schweiz: 45% rechnen damit, dass die Schweiz in zehn Jahren EU-Mitglied sein wird. 48% erwarten für 2015 das Gegenteil.

swissinfo und Agenturen

Nur 7% der Stimmberechtigen sind laut dem jüngsten Europa-Barometer für einen Vollbeitritt der Schweiz zur Europäischen Union (EU).
Am meisten Zustimmung erhielt die Variante “dauerhafte Annäherung an die EU” mittels bilateralen Abkommen (30%).
25% tendieren zu einem Vollbeitritt mit der Möglichkeit, fallweise eigene Entscheidungen zu treffen.
18% wollen auf keinen Fall enger mit der EU zusammenarbeiten, als dies die Bilateralen I und II verlangen.
13% favorisieren einen Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Das “Europa-Barometer Schweiz” will relevante Fragen im Verhältnis der Schweiz zur EU aus Sicht der Stimmberechtigten analysieren.

Es tut dies seit 16 Jahren. 1989 führte das damalige GfS-Forschungs-Institut eine erste Befragung zum Binnenmarkt-Programm durch.

Es folgten zahlreiche Spezial-Untersuchungen rund um die Volksabstimmungen zum EWR resp. zu den Bilateralen I.

Seit 1993 wird das Europa-Barometer regelmässig realisiert, – aktuell zwei Mal im Jahr, Ende Mai und Ende November.

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