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Science City, ein Magnet für grosse Hirne

Labor für Informationswissenschaft: Das erste Gebäude der Science City wird noch in diesem Jahr gebaut. ETHZ

Die ETH Zürich zeigt, wie sie ihre Zweigstelle auf dem Hönggerberg zur Science City entwickeln will, wo nicht nur geforscht, sondern auch gelebt wird.

Zwei Jahre nach der Präsentation ihrer Idee gibt die ETH in einer Ausstellung erste Einblicke in den Entstehungsprozess von Science City.

Science City, die Vision der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) von einem Stadtquartier für Denkkultur auf dem Hönggerberg, nimmt Gestalt an. Nach einer Testplanung im letzten Sommer steht nun das städtebauliche Konzept fest. Klar ist also, welche Gebäude wohin zu stehen kommen und wie gross sie sein werden. In einem nächsten Schritt soll dann ihr Aussehen bestimmt werden.

In einer Ausstellung präsentiert die ETH der Öffentlichkeit erstmals, wie sie sich ihren Wandel zur Science City vorstellt und wo sie heute im Planungsprozess steht.

Lernen, lehren und leben an einem Ort

Als attraktiven Forschungsplatz kann die ehemalige Aussenstation der ETH auf dem Hönggerberg heute kaum bezeichnet werden. Jeden Abend verwandelt sich das Gelände in eine Geisterstadt. Studierende und Lehrende reisen zurück ins nahe Zürich, wo sie wohnen. “Wegreisen am Abend passt nicht mehr zur heutigen Art des Studierens und Forschens”, erklärt Gerhard Schmitt, Vizepräsident für Planung und Logistik der ETH und geistiger Vater von Science City, gegenüber swissinfo.

Mit Science City will Schmitt das Leben auf den Hönggerberg bringen. Sein Projekt sieht daher nicht nur neue Gebäude für Forschung und Lehre vor. Wohnraum für rund tausend Studierende und Gastdozierende, eine Sportanlage sowie Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants sollen den bestehenden Hochschulkomplex zudem zu einem Campus nach dem Vorbild amerikanischer und britischer Universitäten umfunktionieren, wo nicht nur gelehrt und gelernt, sondern auch gelebt wird.

Campus als Begegnungsplattform

Im Unterschied zu den gegen aussen abgeschlossenen Universitätsstädten im angelsächsischen Raum und anders als es der missverständliche Name des Projekts vermuten liesse, versteht Schmitt seinen Campus als Ort, wo sich Wissenschaft mit Öffentlichkeit, Bildung, Wirtschaft und Kultur verbindet. “Wir wollen hier ein Stadtquartier für Denkkultur schaffen, das der ETH gleichermassen wie der Bevölkerung gehört”, erklärt er. Der angestrebte Dialog zwischen Bevölkerung, ETH und Wissenschaft werde die Sciene City zu einem einzigartigen Campus machen.

Ein erster Schritt in Richtung Öffnung hat die ETH bereits vollzogen. Von Anfang an hat sie nicht nur die Stadt, sondern auch die Anwohner aus dem Quartier Höngg in die Planung mit einbezogen und sie über den Projektstand informiert. “In den letzten 15 Monaten haben alle von der ETH gelernt, dass der Dialog nicht von selbst kommt, man muss ihn wirklich Eins zu Eins erarbeiten”, sagt Schmitt.

Gleichwohl stossen sich einige Anwohner an den Ausbauplänen der ETH. Sie befürchten, dass die Science City das Naherholungsgebiet auf dem Hönggerberg einschränke und mehr Verkehr sowie Lärm mit sich bringe. Als “IG Pro Grüner Hönggerberg” überreichten sie dem Zürcher Stadtrat im letzten Oktober eine Petition, die den Bau der Science City verhindern will.

Letzte Mankos ausgeräumt

Mit dem Entwicklungsprojekt Science City will sich die ETH in erster Linie ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern. In einem Ranking der Londoner “Times” vom letzten November ging sie als zehntbeste Universität der Welt hervor.

Damit steht sie im Wettbewerb mit Top-Institutionen, die vorwiegend im angelsächsischen Raum angesiedelt sind und Spitzenforschern und Jungtalenten aus dem Ausland nicht nur ideale Arbeitsbedingungen, sondern auch attraktive Lebensbedingungen, beispielsweise in Campus-Unterkünften, bieten.

Mit einem Campus auf dem Hönggerberg beseitige die ETH nun “den letzten Nachteil gegenüber anderen Spitzenhochschulen”, sagt Schmitt weiter.

Neue Wege der Finanzierung

Insgesamt soll das Projekt 400 Millionen Franken kosten. 150 Millionen davon steuert der Bund für den Bau der neuen Forschungs- und Lehrgebäude bei. Die restlichen 250 Millionen für Wohn- und Freizeitgebäude will die ETH über Donatoren und Sponsoren zusammentragen.

Erklärtes Ziel der ETH ist es, die Science City bis zum Jahr 2010 zu realisieren. Nach der Testplanung vom letzten Sommer werden nun die Vorgaben für den Masterplan wiederum unter Einbezug der Quartiere und Parteien erarbeitet. Für das nächste Jahr soll dann ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden. 2007 will die ETH mit der Umsetzung ihrer Pläne starten.

Schon in diesem Jahr wird indes mit dem Bau des Laboratoriums für Informations-Wissenschaften begonnen. Es gehört ebenfalls zum Science-City-Projekt und kann dank einer privaten Spende von 23 Millionen Franken sofort realisiert werden. Der Baubeginn für das Sport Center ist im Jahr 2007 vorgesehen.

swissinfo, Nicole Aeby

1855 wird die ETH im Zentrum von Zürich eröffnet.
1959 wird der Platz in der Innenstadt knapp. Auf dem Hönggerberg, 12 km nordwestlich des Zentrums, erwirbt die ETH Bauland für einen zweiten Standort.
1960 entstehen dort einzelne Institutsgebäude für Physik und Biologie.
1971 kommt im Zuge einer zweiten grossen Ausbauetappe ein Komplex für Architektur und Bauwissenschaften hinzu.
1996 – 2004 entsteht ein fünfgliedriges Gebäude für Chemie, Life Sciences und Materialwissenschaft.
2005 – 2010 soll aus dem Hochschulkomplex eine Science City werden.

Die Ausstellung “Science City ETH Zürich” ist bis am 3. Februar 2005 in der Archena, im ETH-Gebäude HIL auf dem Hönggerberg, zu sehen.
Sie wurde in anderer Form bereits in Berlin und Barcelona gezeigt, wo sie laut ETH von 10’000 Menschen besucht wurde.

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