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Sinkende Tendenz bei den Asylstatistiken

Bald weniger Andrang? Asylsuchende beim Kochen. Keystone

Im ersten Halbjahr 2004 sind die Asyl-Gesuche im Vergleich zum Vorjahr um 17,2% zurückgegangen.

Das Bundesamt für Flüchtlinge gibt dafür zwei Gründe an: Den Effekt der restriktiveren Massnahmen und die gesamteuropäische Tendenz.

Die Zahl der Asylsuchenden sinkt. Ende Juni lebten in der Schweiz insgesamt 62’505 Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene. Dies ist die tiefste Zahl seit 1990. Innert Jahresfrist nahm die Anzahl Personen um 5,6% ab.

Das historische Maximum von rund 110’000 Asylsuchenden war Ende der 90er Jahre während des Kosovokriegs erreicht worden.

Neu wurden in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 8391 Asyl-Gesuche gestellt (-17,2% gegenüber der Vorjahresperiode), wie das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) am Mittwoch mitteilte. Das BFF ist im Justiz-Departement (EJPD) untergebracht, dem Bundesrat Christoph Blocher vorsteht.

Besondere Relevanz vor UNHCR-Kritiken an Schweiz

Die sinkende Tendenz sei in ganz Westeuropa seit 2002 zu beobachten, sagte BFF-Sprecher Dominique Boillat. Dennoch hatte das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) einen Tag vor der Publikation der Halbjahres-Zahlen die Schweiz vor Verstössen gegen die Flüchtlingskonvention (Völkerrecht) gewarnt.

Die UNO stellt die geplante verschärfende Revision des Asylgesetzes in der Schweiz in Frage, wobei Verfahren, Wegweisungsentscheide und Vollzug angepasst werden sollen. Ausserdem soll das Gesetz den EU-Entwicklungen angeglichen werden. Im Herbst befindet der Ständerat über diese Verschärfungen.

Laut Boillat haben Deutschland und die Niederlande ihre Asylgesetze bereits verschärft. Frankreich soll folgen. Und die EU habe ihr “System Dublin” eingeführt. Danach existiert pro Asylsuchenden in der EU nur ein Dossier, so dass wiederholte Gesuche verunmöglicht werden.

Mehr Abgänge, viele Untergetauchte

Ein wesentlicher Grund für den tiefen Bestand von gegenwärtig 62’505 Asylsuchenden und vorläufig Aufgenommenen ist die Zunahme der Abgänge. Zu den tiefen Zahlen tragen laut Boillat allerdings auch jene Personen bei, die untertauchen und so aus der Statistik verschwinden.

Das BFF geht davon aus, dass sich die Zahlen auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisieren werden.

Im ersten Halbjahr 2004 wurden mehr Abgänge als Asylgesuche verzeichnet: Den 8391 Asyl-Gesuchen seit Januar 2004 stehen 9412 ausgereiste Personen gegenüber. Diese hohe Zahl der Abgänge ist laut Boillat auf eine bessere Organisation zurückzuführen. Dazu gehörten auch Abkommen zur Rückübernahme.

Mehr Nichteintretensentscheide, aber höhere Anerkennungsquote

In den ersten sechs Monaten wurden 3145 Nichteintretensentscheide gefällt. Mit anderen Worten, in 28,8% der behandelten Fälle wurde auf das Asylgesuch nicht eingetreten (24,5% im Vorjahresvergleich).

Gestiegen ist aber nicht nur die Nichteintretensquote, sondern auch die Anerkennungsquote: Sie lag im ersten Halbjahr 2004 bei 8,5% (6,4% in der Vorjahresperiode).

Laut Boillat liegt die Anerkennungsquote in der Schweiz durchschnittlich bei 10%. Rund jeder zehnte wird damit zum anerkannten Flüchtling. Was allerdings nicht bedeute, dass 90% der Gesuche missbräuchlich seien.

Herkunftsländer: Serbien und Montenegro an der Spitze

Bei den Herkunftsländern lagen Serbien und Montenegro auch im Juni auf Platz eins. Stark zugenommen hat die Zahl der Gesuche aus der Slowakei und Bulgarien. Bei den Asylsuchenden aus Bulgarien handelt es sich laut BFF fast ausschliesslich um Romas. Irak liegt auf Platz 7.

Die Zahl der erstinstanzlichen Pendenzen ist weiter gesunken und beläuft sich gegenwärtig auf 8317, wie das BFF weiter schreibt. Im Juni wurden 1809 Asylgesuche erstinsantzlich entschieden.

Im Vergleich zum Vorjahr konnten die erstinstanzlichen Pendenzen um 29,5% verringert werden. Dennoch schreibt das BFF, dass weiterhin ein “Problem beim Abbau von Vollzugspendenzen” bestehe.

swissinfo und Agenturen

Ende Juni 2004 zählte man in der Schweiz 62’505 Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene (-5,5% im Vorjahresvergleich).

Diese abnehmende Tendenz ist auch in Europa spürbar. In der Schweiz zeigt sich zudem eine Zunahme der Ausreisen.

Ein Tag vor der Publikation der sinkenden Statistiken wurde die Schweizer Justiz-Ministerium wegen der geplanten Verschärfung des Asylgesetzes von der UNO-Instanz UNHCR kritisiert.

Anzahl Asylgesuche auf 100’000 Einwohner im Vergleich:
Österreich 875
Schweiz 643
Grossbritannien 277
Holland 198
Frankreich 189
Deutschland 147
Im Juni 04 stellten 1195 Personen ein Asylgesuch in der Schweiz.
1921 Menschen reisten in der gleichen Periode aus.

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