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Suva-Skandal: Bund übernimmt Strafverfahren

Der Skandal trifft auch indirekt die fast zwei Millionen Suva-Versicherten. Keystone

Die Bundesanwaltschaft übernimmt das Strafverfahren zu den verdächtigen Immobilienverkäufen bei der Schweizerischen Unfallversicherungs-Anstalt Suva.

Im Moment befinden sich noch zwei der sieben Verdächtigen wegen Flucht- und Kollusionsgefahr im Kanton Tessin in Untersuchungshaft.

Die Übernahme des von den Tessiner Behörden eingeleiteten Strafverfahrens im Zusammenhang mit Suva-Immobilienverkäufen liege im nationalen Interesse, teilte die Bundesanwaltschaft am Dienstag mit.

Auf Grund des bisherigen Verlaufs des Ermittlungsverfahrens und im Hinblick auf allfällige weitere Abklärungen sowie unter Berücksichtigung des nationalen Interesses dränge sich die Übergabe des Strafverfahrens an die Strafverfolgungsbehörde des Bundes auf, heisst es weiter.

Bei einem der Hauptbeschuldigten, der unter anderem wegen passiver Korruption und Betrugs unter Verdacht stehe, handle es sich um einen Angestellten des Bundes. Er untersteht gemäss Artikel 340 des Strafgesetzbuches im Hinblick auf mutmassliche Amtsdelikte der Bundesgerichtsbarkeit.

Tessiner offenbar nicht sehr erfreut

Nun haben die in einem Pool zusammengefassten Tessiner Staatsanwälte, die bis anhin den Verlauf der Ermittlungen gewährleisteten, die Übergabe des Verfahrens mit den Akten und den nötigen Informationen an die Bundesanwaltschaft vorgenommen.

Die Tessiner Staatsanwaltschaft hätte den Fall gerne weiter selber bearbeitet. Das Delegations-Begehren der Tessiner Staatsanwaltschaft, die den Fall eröffnet hatte, wurde durch die Bundesbehörden abgelehnt. Darüber scheint die Justiz in Lugano nicht sehr erfreut zu sein.

Keine weiteren Auskünfte

Die Bundesanwaltschaft wird nun die Ermittlungen und die Strafuntersuchung auf Bundesebene weiterführen und gegebenenfalls vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona zur Anklage bringen.

Derzeit befinden sich im Kanton Tessin noch zwei Beschuldigte wegen Flucht- und Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft. Fünf Verdächtige wurden inzwischen entlassen.

Die Bundesanwaltschaft will mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen vorderhand keine weiteren Auskünfte zum Verlauf des Verfahrens erteilen.

Auflistung aller Immobilientransaktionen

Eine Delegation des Verwaltungsrats der Suva hatte am Montag in Bern mit Bundesrat Pascal Couchepin eine Aussprache über die Immobilienaffäre geführt.

Die Delegation unter der Leitung von Suva-Präsident Franz Steinegger stellte Innenminister Couchepin bis Mitte November einen Zwischenbericht über alle Immobilien-Transaktionen der letzten fünf Jahre in Aussicht.

Revision des Unfallversicherungsgesetzes

In organisatorischer Hinsicht wurde vereinbart, dass die notwendigen Massnahmen zur Anpassung der Strukturen der Suva bei der laufenden Unfallversicherungsgesetz-Revision zu treffen seien.

Die Suva-Spitze habe den Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) auch über die Kontrollmechanismen orientiert.

Bund hat Oberaufsicht

Die Suva erinnerte daran, dass die Landesregierung die Oberaufsicht über die Suva ausübt. Er habe die Zuständigkeit zur Aufsicht über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen an das Bundesamt für Gesundheit delegiert.

Die Immobilienpolitik falle in die Zuständigkeit der Suva. Die Aufsicht darüber obliege dem Verwaltungsrat, der ein Anlagereglement erstellt habe.

swissinfo und Agenturen

Die Suva ist die wichtigste Gesellschaft der obligatorischen Unfall-Versicherung der Schweiz.

Sie versichert gegen 1,8 Mio. Arbeitende gegen Berufsunfälle, Berufskrankheiten und Nichtbetriebsunfälle.

Am 28. August enthüllte das Tessiner Wochenblatt “Il Mattino della Domenica”, dass die Schweizerische Unfallversicherungs-Anstalt (Suva) in Bellinzona, Mendrisio und Lugano Gebäude zu Preisen, die unter dem Marktwert lagen, verkauft hatte.

Der Hauptverdächtige hätte Bestechungsgelder an den ehemaligen Chef der Suva-Immobilien-Abteilung bezahlt.

Die Staatsanwaltschaft des Tessins eröffnete eine Untersuchung. Dabei wurden neun zweifelhafte Transaktion im Tessin und zwei in der Deutschschweiz aufgedeckt.

Sieben Personen werden in dieser Angelegenheit wegen Urkundenfälschung, Betrug, unsachgemässer Verwaltung und Bestechung verdächtigt. Zwei Personen befinden sich immer noch in Untersuchungshaft.

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