Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Swiss Life: Die Ex-Chefs wehren sich

Herbert Lüthy, oberster Aufseher über Privatversicherer, hat harte Worte für die Ex-Spitze von Swiss Life. swissinfo.ch

Mit der Finanzgesellschaft LTS hat die Führung der Rentenanstalt die Versicherten geschädigt. Zu diesem Schluss kam das untersuchende Bundesamt für Privatversicherung.

Der Versicherungskonzern prüft eine Anfechtung.

Die ehemaligen Chefs des Versicherungskonzerns Swiss Life/Rentenanstalt wollen die Verfügungen des Bundesamtes für Privatversicherungen (BPV) nicht hinnehmen: Gemäss BPV-Direktor Herbert Lüthy erwägen sie eine Beschwerde.

Es handelt sich dabei nur um jene Mitglieder der Rentenanstalt-Konzernleitung, die an der Anlagegesellschaft “Long Term Strategy” (LTS) beteiligt waren, sowie um ehemalige Mitglieder des Ausschusses des Verwaltungsrats.

Im Frühling 2000 konnten Mitglieder der Konzernleitung der Rentenanstalt im Rahmen einer LTS-Kapitalerhöhung von 250’000 auf zwei Mio. Franken private Vermögenswerte auf eigenes Risiko investieren. Fünf Rentenanstalt-Chefs machten mit ihren LTS-Beteiligungen Gewinne in Millionenhöhe.

Minimale Schädigung der Versicherten

Dabei seien, so Lüthy, die Versicherten der Rentenanstalt – wenn auch nur marginal – geschädigt worden. Das BPV hat daher verfügt, dass die Rentenanstalt die Schadenssumme zurückfordere. Genaue Zahlen wollte Lüthy nicht nennen.

Doch mehr als zehn Mio. Franken würden es nicht sein, schätzte er. So konnten die LTS-Involvierten Aktien noch zum Nominalwert erwerben, als die Anlagegesellschaft schon Gewinne gemacht hatte.

Auch habe die Rentenanstalt der LTS nicht marktübliche Kredite gewährt. Es liege, so Lüthy, an der Bezirksanwaltschaft Zürich, die Höhe des Schadensbetrags festzulegen.

Höhe des Schadens bestimmt die Bezirksanwaltschaft

Gleichzeitig zur BPV hatte im November 2002 auch die Bezirksanwaltschaft Zürich ein Strafverfahren gegen die Rentenanstalt eröffnet. Vom Ausgang dieses Verfahrens hängt es ab, wie hoch die Schadenssumme ausfällt, die die Rentenanstalt zurückfordern kann. Gemäss Lüthy werde das Verfahren zwei bis drei Jahre dauern.

Der Versicherungskonzern selbst ist mit dem Untersuchungsbericht des BPV nur zum Teil einverstanden. Anders als das BPV kommt die Rentenanstalt zum Schluss, dass der VR-Ausschuss seiner Pflicht nachgekommen sei. Sie stützt sich dabei auf einen eigenen Bericht.

Eine Anfechtung des BPV-Entscheids sei deshalb in diesem Punkt zu prüfen, sobald die formelle Verfügung vorliege, hiess es von Seiten von Swiss Life. Anderseits prüfe die Rentenanstalt aber auch rechtliche Schritte gegen die beteiligten Manager.

Zobl: “Keine ungerechtfertigten Gewinne.”

Manfred Zobl, Ex-Chef der Rentenanstalt, sagte in einem Interview mit Radio DRS, er sei überzeugt, dass keine ungerechtfertigten Gewinne vorlägen. Alle Handlungen im Zusammenhang mit LTS seien rechtmässig erfolgt. Zobl liess offen, ob er gegen die Rückzahlungsforderungen rekurrieren werde.

Ein zusätzliches Rechtsgutachten der Rentenanstalt sei ausserdem zum Schluss gekommen, dass keine rechtliche Grundlage für zivilrechtliche Ansprüchen der Rentenanstalt gegenüber Konzernleitungs-Mitgliedern bestehe. Diesen Punkt wolle die Rentenanstalt nochmals prüfen.

Dem Ruf arg geschadet

Die Rentenanstalt teilte mit, dass die LTS dem Ruf des Unternehmens über deren materielle Bedeutung hinaus geschadet habe. Es seien Fehler passiert, doch seien diese inzwischen behoben worden. Bei der Swiss Life-Gruppe gebe es heute für das Management keine Beteiligungsgesellschaften mehr.

Auch Chlapowski kontert

Roland Chlapowski, ebenfalls früherer Rentenanstalt-Chef, kritisierte den Untersuchungsbericht des BPV ebenfalls. Die an der LTS beteiligten Manager hätten nicht zu Lasten der Rentenanstalt und der Versicherten von der LTS profitiert. Der Belgier Chlapowski war im vergangenen November nach nur acht Monaten als Rentenanstalt-Konzernchef ausgeschieden.

swissinfo und Agenturen

Die Manager der Swiss Life haben mit ihrer privaten Investment-Gesellschaft “Long Term Strategy” (LTS) den Versicherten geschadet, befand das Bundesamt für Privatversicherungen (BPV).

Die unrechtmässigen Gewinne sollen an die Swiss Life zurückgehen, verlangt das BPV. Davon wollen die betroffenen Manager vorerst nichts wissen.

Der Versicherungskonzern prüft ebenfalls eine Anfechtung des BPV-Verdikts, gibt aber zu, dass sein Ruf schon stark gelitten hat.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft