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Swiss Made lässt sich schulen

Kochunterricht in den Pionierzeiten. (EHL) EHL

Die Ecole Hôtelière Lausanne stellt ihre schulische Expertise, ihr "Savoir faire", zahlreichen weiteren Ländern zur Verfügung.

Mit Schweizer Präzision wird an den Standards und den Ausbildungs-Programmen gefeilt, um den Anforderungen der Branche weltweit zu genügen.

Oberhalb von Lausanne, in Le Châlet-à-Gobet, steht die älteste Hotel-Fachschule der Welt: Die Ecole Hôtelière Lausanne (EHL). Bei der Eröffnung 1893 hatte sie 24 Schüler. Heute, wo die übergreifende Gastgeber-Branche, auch Hospitality-Branche genannt, die Hotellerie im engeren Sinn ablöst, sind es über 1400 Studierende aus 87 Ländern.

Da Hotel-Metier und Gastgewerbe immer stark globalisierte Branchen waren, umfasst der Arbeitsmarkt für EHL-Absolventen seit langem die ganze Welt.

Lange galt dabei als Regel, dass die Schweizer Schulabgänger in die ganze Welt zogen, um jeweils vor Ort als Auslandschweizer schweizerisches “Savoir faire” anzuwenden. Auf diese Weise erhielten zahlreiche Hotelbetriebe und Hotelketten zwischen Singapur, San Francisco und London von Schweizer Expats direkt den Schweizer Stempel aufgedrückt, was Qualität und Service betrifft.


“Diesen Sinn für Präzision und Detail, mit einer gewissen Beharrlichkeit zu Ende geführt, vermittelt mir die EHL auch heute”, sagt Kallergis Augoustinos, Student im 5. Semester aus Griechenland, gegenüber swissinfo.

Aus Expertise wird Coaching

Inzwischen ist diese international erfolgreiche, aber an sich schweizerische Denkweise, von der Globalisierung abgelöst worden. “Die Schulausbildung selber ist zur Swiss Made Export-Dienstleistung geworden”, sagt André Mack, Senior Consultant EHL. “Aus über einem Dutzend Staaten ist die EHL von Regierungen, Berufs-Verbänden oder Hochschulen angefragt worden, ob sie beim dortigen Aufbau von Hotel- Fachschulen eine Art Coaching übernähme”, sagt Mack.


Der Libanon beispielsweise brauche eine internationale Qualitäts- Hotellerie. Eine Beiruter Universität hat in Lausanne angeklopft. Und die wachsende Tourismus- Destination Oman im Süden der Arabischen Halbinsel möchte, dass in ihrer Hotellerie der Anteil Einheimischer steigt.

“Die Omanis sind bis vor Kurzem nie für eine solche Art Service ausgebildet worden”, sagt Bertrand Willi, Leiter des Alumni Centre der EHL. Bisher taten dort international versierte Profis aus Indien und Philippinen in Oman ihren Dienst.

Auch in diesem Fall sind Hotel-Fachschulen gefordert. Besonders da sich in der Golfregion langsam die Einsicht durchsetzt, dass auch einheimische Frauen eingesetzt werden müssen – wie überall sonst auf der Welt.

Theorie auch als Praxis

Entsprechende Coaching-Verträge zur Begleitung des jeweils national geprägten Ausbildungs-Programms hat die EHL auch mit dem Emirat Dubai abgeschlossen. Wichtige Tourismusländer wie Italien oder Spanien hätten seltsamerweise kaum international einflussreiche Hotel-Fachschulen aufgebaut, bemerkt EHL-Direktor Ruud Reuland.

“Der Tendenz nach gibt es dort entweder die theorielastige Universität, oder dann den rein praktischen Einstieg als Koch oder Fachkraft.”

“In der Ausbildungsart, wie die EHL sie bietet, liegt dagegen das Schweizerische – als Fachhochschul-Konzeption”, so Reuland. “Sie kombiniert Theorie mit Praxis, ähnlich wie in Holland oder Finnland.”

Laut Reuland weitet die EHL ihre Ausbildung beim Gastgeber- sprich Hospitality Management in Richtung ‘Hospitality Functions’ aus: Gäste zu managen gelte es nicht nur in der Hotellerie, sondern immer mehr auch in Spitälern, Altersheimen, Residenzen, Gefängnissen oder Flüchtlingsheimen – hier würden in Zukunft geschulte Profis gesucht.

Furcht vor Verwässerung

Als Referenzwert für traditionelle, mit dem Label Swiss Made versehene Dienstleistung galt lange Zeit der Service der Swissair. Doch das sei vorbei, und an der EHL befürchtet man nun, dass sich der Begriff Swiss Made etwas vulgarisiere.

“Wer deshalb weiterhin eine auf Swiss Made bezogene Schulausbildung wünscht”, sagt der EHL-Berater Mack, “muss auch weiterhin in die Schweiz kommen und sich hier ausbilden lassen.” Wer aber eine jeweils auf sein Land ausgerichtete, gute Ausbildung vorziehe, der könne bei sich zu Hause eine Fachschule besuchen.

swissinfo, Alexander Künzle

Für ihren Verdienst, das Image der Schweiz in der Welt erneuert und verbessert zu haben, hat die EHL 2004 den Spezialpreis der Jury der “Brand Excellence Swiss Trophy” (B.E.S.T.) erhalten.

Als einzige Hotel-Fachschule konnte sich 2003 die EHL den Westschweizer Fachhochschulen anschliessen. Zwei Lehrgänge sind deshalb vom Bund anerkannt.

Die Diplome entsprechen universitären Abschlüssen und sind in Europa anerkannt.

2001 führte die EHL in Analogie zum MBA (Master in Business Administration) den “Master in Hospitality Administration”, (MHA), ein.

Seit 1996 bietet die EHL ihr Schulprogramm auch auf Englisch an. Seither wird die Fachschule zweisprachig geführt.

Die Ecole Hôtelière Lausanne wurde 1893 gegründet.
Hinter ihr steht eine nichtprofitorientierte Stiftung.
Insgesamt hat sie rund 25’000 Absolventen aus 107 Ländern diplomiert.
Zur Zeit sind über 1400 Studierende aus 85 Ländern eingeschrieben.
Sie beschäftigt 321 Mitarbeitende, wovon 94 Professoren aus 35 Ländern.
Die Schule ist als College-Campus aufgebaut, mit Freizeit-Infrastrukturen und über 300 Studios für Studenten.
52% der Studierenden absolvieren auf Englisch, 48% auf Französisch.
52% sind Frauen, 48% Männer.
44% stammen aus der Schweiz, ein weiteres Drittel aus Europa.

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