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Teurere Briefpost und Zukunftsfragen

Geschätzte Handarbeit: Ein Pöstler verteilt in Zürich Briefpost. Keystone Archive

Die Post prüft Preiserhöhungen für die Briefpost. Die europaweite Liberalisierung holt auch das Schweizer Postmonopol ein.

Im Hintergrund bleibt das Problem des Poststellennetzes: Je mehr Poststellen, desto teurer die Briefe.

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die Schweizer Post letztes Jahr in ihrem Monopolbereich “Briefpost” rote Zahlen geschrieben. Dies sei ein Hauptgrund für die Post, den Schritt einer Briefpost-Preiserhöhung ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Noch sei aber nichts entschieden, sagt Postsprecherin Liselotte Spengler. Entscheiden kann die Post selbst sowieso nicht allein, sie müsste einen entsprechenden Antrag beim Ministerium für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) stellen. Geplant wäre laut Post, die potentiellen Preisanpassungen auf den 1. Januar 2004 in Kraft zu setzen.

Über das Ausmass des Preisaufschlags will die Post noch keine Angaben machen. Es bestünden mehrere Szenarien.

Mehr E-Mail und weniger Geld

Zur Briefpost zählen neben der so genannten schnelleren A- und billigeren B-Post auch die so genannte Promo-Post, also Sendungen ohne Adressen und das Zustellen von Zeitungen.

Der erstmalige Verlust im Bereich Briefpost – der inzwischen eigentlich PostMail heisst – sei vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen, sagt Post-Sprecherin Liselotte Spengler gegenüber swissinfo.

Erstens auf die Substitution durch E-Mail und zweitens darauf, dass Grosskunden ihre Sendungen nicht mehr via A-, sondern B-Post versenden. 85% der gesamten Briefpost sind Geschäftssendungen.

Volumenrückgang von 10%

Bis 2010 rechnet Spengler mit einem Brief-Volumen-Rückgang von 10 Prozent. Die Post befürchtet, künftig tiefrote Zahlen zu schreiben , wenn jetzt keine Preiserhöhungen vorgenommen würden.

Neue Investitionen, darunter etwa die Reorganisation der Briefzentren (REMA), würden dann sehr schwierig.

Die Post-Sprecherin erinnerte zuden daran, dass die Preise für A- und B-Post unter 100 Gramm seit 1996 nicht erhöht worden seien. Auch sei die Schweizer Post im internationalen Vergleich eher billig.

Zukunftsfrage

Eine umfassende Restrukturierung und Liberalisierung der Schweizer Post erhitzt in der Schweiz schon länger die Gemüter. Gerade die Frage der Regionen sind im föderalistischen Land Schweiz sehr wichtig – und nicht immer auf Anhieb mit rein wirtschaftlichen Interessen zu vereinen.

Gleichzeitig muss sich die Schweiz und ihre Post auf die kommende Konkurrenz in einem europaweit liberalisierten Markt vorbereiten.

Kontrollierte Liberalisierung

Letzten Frühling präsentierte Post-Minister Moritz Leuenberger dem Parlament eine Liberalisierung des Postmarkts in “schweizerischer Langsamkeit”, wie er sagte.

Er wollte darin die Monopolgrenze in der Briefbeförderung ab 2006 auf 100 Gramm senken. Bei allen schwereren Briefen soll die Schweizer Post also ab 2006 von privaten und ausländischen Mitstreitern Konkurrenz erhalten.

Eine ähnliche Teilliberalisierung gibt es heute bereits bei der Paketpost, bei der die Konkurrenz bei Päckchen ab 2 Kilo Gewicht mitstreiten kann. Der Postpaketmarkt soll gemäss Leuenbergers Liberalisierungsplan bereits ab 2004 ganz geöffnet werden.

Leuenberger gewann im Parlament Zustimmung und sein Vorschlag wurde mit 98 gegen 65 Stimmen angenommen. Sein Liberalisierungs-Plan ist seither politische Zielvorgabe für die Schweizerische Post.

Die EU will die Monopolgrenze in der Briefpostbeförderung in ihren nationalen Postmärkte bis 2006 auf 50 Gramm senken.

Post-Föderalismus

Heiss bekämpft wurde Ende Jahr der rabiate Vorschlag der Post, die bisher 18 regionalen Postverteilzentren auf drei grosse Verteilzentren zu reduzieren. Gewerkschaften und Kantone protestierten und setzten sich danach mit der Post an einen Tisch – um drei Varianten dabei herauszuarbeiten, über die in den kommenden Monaten entschieden werden sollen.

Die Varianten sehen entweder drei Hauptzentren auf der Mittelland-Achse plus zwei oder fünf Sub-Verteilzentren vor, darunter neu auch eine jenseits des Gotthards im Tessin und in Basel. Oder aber eine Variante mit fünf Hauptzentren.

Aber auch bei den Poststellen und im Briefpost-Monopol sind Volk und Gewerkschaften sehr aufmerksame Partner. Denn das vielgliedrige Schweizer Postbüronetz und die örtliche Post sind für die Schweiz so wichtig wie die Kirche im Dorf. Sie sind Symbol für echten Föderalismus und dienen als Hort der Unabhängigkeit.

Teure Poststellen, teurere Briefpost?

Post-Chef Ulrich Gygi hingegen pflegt zu sagen, dass nur rund 800 Postbüros in der Schweiz markwirtschaftlich notwendig wären. Ganz so rabiat wird die Post auch hier nie durchgreifen können. Dennoch werden die Poststellen von aktuell rund 3300 Postbüros auf rund 2500 bis 2700 Postfilialen reduziert werden.

Zudem würden auch neue Modelle, zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Agenturen oder Heimlieferung diskutiert, sagt Post-Sprecherin Spengler gegenüber swissinfo.

Das heikle Detail an der Sache ist, dass die Post bisher ihr vielgliedriges Postbüronetz teilweise über die Mehreinnahmen ihres Briefbeförderungs-Noch-Monopol finanziert.

swissinfo, Anita Hugi

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