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UBS-Aktionäre wählen Ospels Nachfolger

Keystone

Am Mittwoch wählen die Aktionäre den Nachfolger für den gescheiterten Marcel Ospel. Der Favorit des Verwaltungsrats heisst Peter Kurer. Schafft es der UBS-Chefjurist?

Peter Kurer wurde für diese Position nominiert, nachdem Marcel Ospel in der Folge der Milliardenverluste der UBS seinen Rücktritt bekanntgab. Doch mittlerweile sieht sich auch Kurer starker Kritik ausgesetzt.

Der nächste UBS-Chef sollte die Bank nach einem unheilvollen Jahr wieder auf Erfolgskurs bringen. Die Nominierung von Kurer überraschte aber manche Beobachter. Denn als Chefberater der Bank ist er nicht zwar ein Insider, verfügt aber über wenig Erfahrung im Bankgeschäft.

Dies wurde von gewissen Aktionären, unter ihnen der frühere Konzernchef Luqman Arnold, und von der Anlagestiftung Ethos moniert. Arnold publizierte durch seine Investmentgesellschaft Olivant eine Stellungnahme, in der er kritisierte, dass Kurer Mitglied desjenigen Verwaltungsrats ist, der am Debakel der UBS mitschuldig sei.

“Unter diesen Voraussetzungen ist weder zu erwarten, dass er die für diese Funktion nötige Objektivität mitbringt, noch dass es mit ihm einen Bruch von der bisherigen abgeschotteten Unternehmensführung der UBS geben wird”, heisst es darin.

“Wir stellen daneben fest, dass Herr Kurer wenig Erfahrungen im Bank- und Kreditgeschäft, bezüglich Marktrisiko und Strategien mitbringt – alles Eigenschaften, die angesichts der aktuellen Lage der UBS von höchster Wichtigkeit sind.”

Arnold traf sich diesen Monat mit Kaderleuten der UBS, als er die Anteile seiner Olivant-Investmentgesellschaft von 0,7% auf 1,1% aufstockte.

Kurer kontert Angriffe

Kurer konterte diese Kritik in einem Interview mit der Zeitung “Financial Times” als “diskriminierend”. Man solle ihn aufgrund von Taten, nicht von Konzepten beurteilen. Ausserdem widersprach Kurer Gerüchten, wonach er nur eine Übergangslösung darstelle, bis man den richtigen Nachfolger für Ospel gefunden habe.

Kurer demonstrierte ferner seine Entschlossenheit mit der Ankündigung, dass er das “Chairman’s Office”, das dreiköpfige Präsidium, reformieren und Spezialisten für das Bankgeschäft in den Verwaltungsrat holen wolle.

Der 58-jährige Jurist kam 2001 von der Zürcher Rechtsfirma Homburger zur UBS. Bei Homburger hatte er Grossfusionen wie diejenige von Ciba-Geigy und Sandoz zu Novartis eingefädelt. Seit 2002 ist er Mitglied der UBS-Konzernleitung.

Swissair-Affäre

Eugen Haltiner, der Chef der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), lobt Kurer als “aussergewöhnlich qualifizierten Mann”, der “nicht um den heissen Brei herumredet”. Kurers Nominierung entspreche den Erwartungen.

Im Spielfilm “Grounding” (2006) über den Niedergang der früheren Schweizer Fluggesellschaft Swissair wurde Kurer allerdings wenig schmeichelhaft dargestellt. Der Film zeigte ihn als Überläufer vom Swissair-Anwalt zur UBS in dem Moment, als die Bank angeblich versprochene Gelder dann doch nicht zahlen wollte.

Einziger Kandidat

Trotz allem wird erwartet, dass die Aktionäre an der Generalversammlung vom Mittwoch der Wahl von Kurer zustimmen werden. Alternative Kandidaten wie der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, oder der frühere Justizminister Christoph Blocher wurden in den Medien vorgeschlagen.

Da aber keiner von ihnen nominiert wurde, steht allein Peter Kurer zur Wahl. Andere Möglichkeit: Die Aktionäre verzichten auf die Wahl eines UBS-Chefs.

Ausserdem wird erwartet, dass die Aktionäre den Antrag zu einer Kapitalerhöhung von 15 Mrd. Franken gutheissen.

swissinfo, Matthew Allen, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Susanne Schanda)

Der 1949 geborene Schweizer studierte in Zürich Rechtswissenschaften und erwarb das Zürcher Rechtspatent. Einen weiteren akademischen Titel erhielt er von der University of Chicago.

Seine Karriere begann er als juristischer Sekretär am Bezirksgericht Zürich.

Zwischen 1980 und 1990 war er bei Baker & McKenzie in Zürich tätig.

1991 bis 2001 war Peter Kurer Partner bei Homburger Rechstanwälte in Zürich.

Zur UBS kam er 2001, zunächst als Group General Councel. 2002 stieg er zum Mitglied der Konzernleitung auf.

Die UBS macht seit 2007 schwere Zeiten durch. Es begann mit dem Kollaps der Hedgefonds Dillon Read Capital.

Zwei Monate später, im Juli 2007, musste der CEO Peter Wuffli abrupt und ohne Erklärung seinen Hut nehmen.

Im Oktober gab die UBS bekannt, sie werde 1500 Jobs im Bereich Investment Banking streichen.

Ende Oktober wurde mitgeteilt, dass die UBS 4,2 Mrd. Franken auf den Subprime-Schuldscheinen abschreibe und dass im 3. Quartal 2007 ein Verlust von 726 Mio. Franken anfalle.

Im Dezember kündigte die UBS weitere 10 Mrd. Franken Abschreibungen an. Gleichzeitig informierte sie, dass 13 Mrd. Eigenkapital aufgenommen würden, von einem Singapurer Staatsfonds und mittelöstlichen Investoren.

Im Januar 2008 musste die Grossbank weitere 4 Mrd. abgeschreiben. Dadurch erhöhte sich die Summe der Abschreiber auf 20 Milliarden Franken.

Nachdem Marcel Ospel Anfang April Abschreibungen von weiteren rund 20 Mrd. Franken bekannt gab, musste er auf den Termin der Generalversammlung seinen Rücktritt erklären.

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