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Uhrenstädte im Jura: Wettlauf gegen die Zeit

Blick vom Panoramaturm in La-Chaux-de-Fonds in Richtung Le Locle (in Richtung Westen). Keystone

Ende Juni wird das Unesco Welterbe-Komitee über die Kandidatur von La Chaux-de-Fonds und Le Locle entscheiden. Diese Neuenburger Uhrenstädte zeugen von der spezifischen Industrialisierung des Juras. Sie könnten die neun Welterbe der Schweiz ergänzen.

Weniger als ein Jahr nach der Aufnahme der Rhätischen Bahn (Albula, Bernina) und der tektonischen Arena Sardona auf die Welterbe-Liste der Unesco könnte die Schweiz eine weitere Attraktion zu ihren Unesco-geschützten Kultur- und Naturerbestätten hinzufügen.

In der letzten Juni-Woche wird das Unesco-Komitee über weitere Kandidaturen entscheiden, die verschiedene Länder eingereicht haben. Darunter befindet sich auch das Dossier der beiden Uhrenstädte im Neuenburger Jura. Die Städte sind Beispiele für eine gelungene Symbiose von Urbanistik und Uhrenindustrie.

swissinfo.ch erzählt das Kultur- und Naturerbe

Das multimediale swissinfo-Dossier – in deutscher, französischer und italienischer Sprache – ermöglicht eine virtuelle Reise zu den Schweizer Stätten, wie sie auf der Liste der Unesco figurieren.

Damit soll der einmalige Wert dieser Kultur- und Natur-Attraktionen neu entdeckt werden können. Schliesslich ist die Menschheit aufgerufen, solche Attraktionen als Welterbe zu schützen.

Die neun Stätten leben so auf dank den Impressionen der Journalisten, den Kommentaren der Experten und der Eindrücklichkeit der Bilder. Dazu kommt ein erster Dossier-Teil, der auf den Ursprung der Welterbe-Idee eingeht. Ein abschliessender Teil befasst sich mit der letzten Kandidatur der beiden Jura-Städte und dem architektonischen Werk von Le Corbusier.

Die beiden Städte entstanden innert weniger Jahrzehnte aus Dörfern auf 1000 m Höhe als Folge der dominierenden Uhrenindustrie. Trotz des rigiden Klimas, der relativen Abgelegenheit und des Fehlens von Rohstoffen konnten die Bewohner die Fortschritte der Industrialisierung für sich umsetzen.

Der städtische Bestand von La-Chaux-de-Fonds und Le Locle besticht nicht auf den ersten Blick und hat dennoch einen einmaligen historischen und urbanistischen Wert. Strassen, Gebäude und Fabriken wurden speziell auf die Bedürfnisse einer jungen und wachsenden Industrie ausgerichtet.

Der Jura fast wie Amerika

Trotz der Krise im 19. Jahrhundert entwickelten sich die beiden Städte zu einer “einzigen Uhrenwerkstatt”, wie es Karl Marx ausdrückte. Vergleichbar mit den Städten in Amerika entstand auch eine grosse Multikulturalität der Bevölkerung: Viele Einwanderer, meist Italiener, wurden in die Jura-Berge gerufen und fanden dort Arbeit.

Zur städtebaulichen und architektonischen Entwicklung gesellten sich Fortschritte auch im sozialen und gesellschaftlichen Bereich. Der Erfolg der Uhren-Industrialisierung ist also auch das Resultat einer kulturellen und schulischen Entwicklung, die damals gegenüber dem Rest der Schweiz weit fortgeschritten war.

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Le Corbusier auf der Warteliste

Die Kandidatur der beiden Neuenburger Jura-Städte interessiert aber nicht nur die Schweiz. Das Unesco-Komitee wird sich auch zum Dossier der Architektur und Urbanistik von Le Corbusier äussern müssen. Diese Kandidatur ist gemeinsam von Argentinien, Deutschland, Belgien, Japan und der Schweiz – unter der Ägide von Frankreich – aufgelegt worden.

Sie umfasst 22 Gebäude, die von der unverwechselbaren Kreativität und Vielseitigkeit von Le Corbusier zeugen. Vier davon befinden sich in der Schweiz: Die Villa Jeanneret-Perret und Schwob in La Chaux-de-Fonds, das ‘Kleine Haus’ am Genfersee und das Haus Clarté in Genf.

Stefania Summermatter, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)

Am 27. Oktober 2008 reichte die Schweiz ihre Kandidatur für einen der 21 Sitze des Welterbe-Komitees der Unesco ein.

Dieses Komitee verwaltet das Welterbe der Menschheit und wählt die Orte und Themen, die auf die Unesco-Liste kommen.

Die Komiteewahlen finden im Oktober in Paris statt.

Vom 22. bis 30. Juni findet in Sevilla (Spanien) die 33. Sitzung des Komitees statt.

Bis heute wurden in der Schweiz im Bereich des Kulturerbes die Berner Altstadt, der Stiftsbezirk St. Gallen, das Benediktinerinnen-Kloster St. Johann in Müstair, die Burgen und die Stadtbefestigung von Bellinzona und in diesem Jahr die Kulturlandschaft Weinbaugebiet Lavaux aufgenommen.

Im Bereich des Naturerbes sind es die Stätten Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn und Monte San Giorgio im Tessin.

Jüngst gutgeheissen wurde im Bereich des Kulturerbes die “Rhätische Bahn in der Kulturlandschaft Albula/Bernina”, im Bereich des Naturerbes die “Glarner Hauptüberschiebung”.

Weltweit sind bis heute rund 900 Orte in über 140 Ländern dem Welterbe zugeordnet. Am besten vertreten ist Italien.

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