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Ungenutztes Babyfenster

Eine Frau legt in einer gestellten Szene am 9.5.2001 in Einsiedeln ein Kleinkind in das sogenannte Babyfenster. In der Realität wurde bis heute kein Kind abgegeben. Keystone

Seit einem Jahr gibt es am Regionalspital Einsiedeln ein Babyfenster zur anonymen Abgabe ungewollter Kinder. Bis jetzt wurde die Möglichkeit nicht genutzt.

Die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind (SHMK) wählte den Muttertag 2001, um in Einsiedeln das erste Babyfenster der Schweiz zu eröffnen. Es sei ein Hilfsangebot für Mütter in extremen Situationen, wurde der Schritt begründet.

Bis heute wurde das Babyfenster nicht beansprucht. Dennoch wollen SHMK und Regionalspital weitermachen. Laut Alois Gmür, Stiftungsrats-Präsident des Spitals, hat man mit der inzwischen gegründeten Stiftung für Mutter und Kind einen Vertrag auf fünf Jahre. Es sei ein Angebot, das er nach wie vor als sinnvoll erachte, sagte Gmür. Jedenfalls sei es besser als die Aussetzung.

Weitere Babyfenster geplant

Bei der im Herbst 2001 gegründeten Stiftung für Mutter und Kind, die jetzt für das Babyfenster zuständig ist, plant man das Angebot auch in anderen Regionen bereitzustellen. Die Rede ist von bis zu vier weiteren Babyfenstern in den Regionen Basel, Bern, Westschweiz und Tessin.

Das Bundesamt für Justiz veröffentlichte im August 2001 ein Gutachten, das den Betreibern des Babyfensters vorwirft, die Rechtslage fragwürdig kommuniziert zu haben. Eine Mutter, die ihr Kind anonym im Babyfenster aussetze, handle nicht legal, heisst es darin. Es sei zudem die schlechtere Alternative zur Freigabe zur Adoption.

Bei der SHMK räumt man ein, dass bei der Benützung des Babyfensters unter Umständen gegen die Meldepflicht in zivilrechtlichen Sinne verstossen werde. Man sehe darin aber kein wirkliches Hindernis. Man erwarte auch nicht, dass die Justiz im konkreten Fall einschreite.

Für Mütter in extremen Situationen

Das Babyfenster ist laut SHMK eine Alternative zum Schwangerschafts-Abbruch. Es ist für Mütter in extremen Situationen gedacht. Sie können ihr Neugeborenes anonym in das Fenster legen, dieses schliessen und sich entfernen.

Mit Verzögerung gibt es dann im Spital Alarm und das Pflegepersonal nimmt sich des Kindes an. Die Mutter hat danach während sechs Wochen das Recht, das Baby zurückzufordern.

Die Initiantin des Babyfensters, die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind, setzt sich vehement gegen jegliche Form der Abtreibung ein. Sie ergriff unter anderen das Referendum gegen die am 2. Juni zur eidgenössischen Abstimmung gelangende Fristenregelung und lancierte die Initiative “für Mutter und Kind”. Das Begehren beinhaltet das faktische Verbot des Schwangerschafts-Abbruchs und geht hinter die heutige Regelung zurück.

swissinfo und Agenturen

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