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Verbesserung der Pandemie-Vorsorge

Das Grippemedikament Tamiflu. Keystone

Der Bund erhält mehr Kompetenzen, um die Bevölkerung bereits vor einer drohenden Pandemie mit Impfstoffen und Medikamenten zu versorgen.

Der Ständerat hat am Mittwoch als Zweitrat eine Änderung des Epidemien-Gesetzes angenommen, die der Bundesrat wegen der Vogelgrippe als dringlich eingestuft hatte.

Neu kann der Bund auch die Versorgung der Bevölkerung mit Produkten wie Schutzmasken sicherstellen.

Ist eine hinreichende Versorgung anders nicht zu gewährleisten, kann der Bund zudem die Herstellung von Medikamenten in der Schweiz durch Finanzhilfen fördern. Für die Verteilung der Heilmittel sind die Kantone zuständig.

Die Gesetzesänderung war angesichts der Verbreitung des Vogelgrippe-Virus für dringlich erklärt worden. Der Bundesrat will sie denn auch möglichst rasch in Kraft setzen.

Sobald dies erfolgt ist, kann er die Verhandlungen mit den Impfstoff-Herstellern abschliessen.

Notwendigkeit unbestritten

Der Ständerat stimmte der Vorlage – wie zuvor bereits der Nationalrat – oppositionslos zu. Er musste jedoch zweimal abstimmen, weil im ersten Lauf wegen zu vieler Abwesenheiten das Quorum nicht erreicht wurde.

In der Debatte wurde die Bedeutung der Vorlage angesichts der Gefahr einer Vogelgrippe-Pandemie hervorgehoben.

Die Gesetzesrevision komme auf leisen Sohlen daher, stellte Hansruedi Stadler von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) fest. Sie verdiene es jedoch, ins Rampenlicht gerückt zu werden.

Gesundheit ist oberstes Gesetz

Das einzige kritische Votum betraf die Sorge um den Föderalismus. Das Gesundheitswesen sei eine der grossen Zuständigkeiten der Kantone, sagte Philipp Stähelin von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP).

Mit der Gesetzesänderung laufe die Schweiz Gefahr, dass der Bund auf Schleichwegen zu weiteren Kompetenzen komme.

Bundesrat Pascal Couchepin entgegnete, die Gesundheit der Bevölkerung sei das oberste Gesetz. Der Bund werde mit den Kantonen zusammenarbeiten, doch er brauche gewisse Kompetenzen.

Vorimpfstoff ab 2007 vorhanden

Die Frage sei nicht, ob eine Pandemie komme, sondern wann sie komme. Der Bund hat sich in den vergangenen Monaten vorbereitet. Er hat Tamiflu für ein Viertel der Bevölkerung eingelagert.

Ab 2007 wird zudem ein Vorimpfstoff verfügbar sein, wie Couchepin sagte. Dieser soll vor einer Ansteckung schützen, bis ein spezifischer Impfstoff entwickelt ist.

Die Schweiz verfügt seit Ende 2005 über eine Reserve des Impfstoffes Tamiflu. Mit dieser können laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) über zwei Mio. Erkrankte behandelt und das medizinische Personal geschützt werden.

Für erste Welle gerüstet

Diese von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Abdeckung von 25% der Bevölkerung erfülle den Bedarf während einer ersten Pandemiewelle.

Sobald eine Pandemie unvermeidlich erscheint, sollen 10% dieser Reserve an die Kantone verteilt werden. Diese Massnahme könne Engpässe auf dem freien Markt überbrücken. Zusätzlich lege der Bund eine Notreserve für 10’000 rasch durchführbare Behandlungen an, heisst es im BAG-Bulletin.

Weiter kauft die Schweiz acht Mio. Dosen eines Pandemie-Impfstoffes, der Anfang nächsten Jahres zentral gelagert wird. Dies hatte der Bundesrat bereits Ende Juni beschlossen.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz ist das Gesundheitswesen kantonal geregelt. Deshalb gibt es 26 verschiedene Gesundheitssysteme, für jeden Kanton eines.

Gemäss Verfassung kann die Landesregierung Gesundheitsmassnahmen auf nationaler Ebene ergreifen. Sie kann insbesondere aktiv werden zur Bekämpfung extrem gefährlicher Krankheiten, die übertragbar sind.

Die Schweizer Regierung kann auch Gesetze erlassen betreffend Nahrungsmittel, Arzneimittel, Medikamente oder chemische Substanzen, welche die öffentliche Gesundheit gefährden.

Laut WHO gab es seit 2003 in 10 Ländern 247 Fälle von Vogelgrippe bei Menschen.
In der Schweiz wurde bisher kein Fall von Vogelgrippe bei Menschen registriert.
Die Schweizer Regierung rechnet damit, dass im Fall einer Übertragung von Mensch zu Mensch 1,85 Mio. Personen von der Vogelgrippe infiziert werden könnten.
In diesem Fall könnten 46’000 Leute im Spital aufgenommen werden, 7400 würden sterben.
Laut Regierung würde eine solche Pandemie rund 2,3 Mrd. Fr. kosten.

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