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Von Auen und Bibern

Im September beginnt der Schoggitaler-Verkauf. Keystone

Seit 1946 setzen sich der Schweizer Heimatschutz und Pro Natura für die Erhaltung der Lebensgrundlagen in der Schweiz ein. Mit dem Schoggitaler-Verkauf wird jährlich ein Projekt unterstützt. Die Taler 2001 sollen Auen und damit ihren tierischen Bewohner - allen voran dem Biber - zugute kommen.

Biberbrugg, Biberstein, Biberist, Bibern. Orts- und Flurnamen zeugen von einer einst weiten Verbreitung dieses grossen Nagers in der Schweiz. Und seit Pelztragen out und die Winter warm sind, dürfte manch ein Biberfell-Pelzmantel in Brockenstuben hängen. Kulinarisch erweisen Biberli und Biberfladen in Restaurants, auf Märkten dem begnadeten Baumeister ihre Referenz.

Costor fiber, so heisst der lateinische Namen des Bibers. Einst in ganz Europa beheimatet, wurde er infolge der masslosen Verfolgung durch den Menschen nahezu ausgerottet, mit Ausnahme von wenigen Restvorkommen. Zum einen wurde er wegen seines dichten Haarkleides, zum andern seines “Bibergeil” genannten Sekretes gejagt. “Bibergeil” galt als Wundermittel in der Medizin und sollte Gebersten jeglicher Art heilen.

Kam hinzu, dass die Kelle (sein flacher Schwanz) beschuppt ist und demzufolge die Biber im Mittelalter als Fische gehandelt wurde. Damit konnte in der Fastenzeit bequem Biberfleisch, respektive “Biberfisch” gegessen werden.

Damit sich Biber heimisch fühlen braucht es einige Grundvoraussetzungen. Der dunkelbraune Vegetarier, er ernährt sich hauptsächlich mit Rinden und Blättern von Weichhölzern, liebt langsam fliessende Gewässer mit natürlichen Ufern, die von Auenwäldern und Dickicht umgeben sind. Nicht gerade die Norm der schweizerischen Gewässer.

Im Gegenteil, die Begradigung von Flussläufen, die Eindeichung von Stillgewässern, die Trockenlegung von Auenwäldern und Feuchtgebieten wurde jahrzehntelang exzessiv betrieben. Zum Glück für Biber & Co. fand in den letzten Jahren ein Umdenken statt.

1956 begannen, die ersten noch etwas naiven Aussetzungen des Bibers. Ohne abzuklären, ob die Aussetzungsstandorte für die Biber geeignet waren, schob man sie in die “freie” Natur ab. So kamen die meisten Biber um, wanderten weiter. Heute finden sich erfreulicherweise an der Rhone im Wallis, an vereinzelten Flussläufen im Kanton Aargau, im Berner Seeland, in der Ostschweiz wieder Biberbestände.

Die genau Zahl kann dabei nicht eruiert werden. Einige Kantone liefern Erhebungsdaten, andere nicht. Schätzungen reichen von 400 bis 1000 und stützen sich zumeist auf die beobachteten Ausbreitungstendenzen, die verschieden interpretiert werden. Die erstere Zahl dürfte aber die realistischer sein.

Kaum hat der fleissige Nager wieder vermehrt Holz gefasst, tauchen auch schon die ersten Negativmeldungen auf. Berichte von bibernden Schrebergarten-Besitzern, deren Früchtebäume nachts gefällt worden sind.

“Noch ist das Konfliktpotential Mensch – Biber nicht sehr gross”, wie Claudine Winter, Biologin erklärt. “Klagen sind aber ernst zu nehmen, es gilt aufmerksam und sensibilisiert auf Probleme zu reagieren, präventive Massnahmen einzuleiten”. Die Biberschutzstelle Schweiz*, des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft, welche Claudine Winter betreut, ist ein Schritt dazu.

Der Biber, dieser Anpassungskünstler ans Wasserleben geht seine Wege. Werden künstliche Ufer renaturiert, profitiert die ganze Natur davon. Seltene Brutvögel, Fische und Pflanzen finden nebst Biber wieder vermehrt Platz. Ein Umstand, der letztlich dem Land, der Bevölkerung zugute kommt. Ab September läuft in der Schweiz der Schoggitalerverkauf an. Lassen wir den Taler rollen, die Biber beissen sich durch.

Brigitta Javurek

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