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1500 Kilo Sprengstoff befreien die Gotthardstrasse

Der Fels wird weggesprengt. Keystone

Am Freitag, kurz vor Mittag, wurden die rund 5500 Kubikmeter Fels, welche die Gotthard-Autobahn bei Gurtnellen im Kanton Uri bedrohten, weggesprengt.

Die Sprengung verlief erwartungsgemäss. Die Autobahn A2 bleibt jedoch weiterhin gesperrt. Die Folgen der Sprengung müssen erst abgeklärt werden.

Die Sprengung des Felskopfes oberhalb von Gurtnellen ist nach einer ersten Einschätzung der Fachleute optimal abgelaufen. Der Transitverkehr kann frühestens Mitte nächster Woche wieder durch das Urner Reusstal rollen.

Die Verantwortlichen der Sicherheitssprengung zeigten sich nach dem kontrollierten Felsabtrag durchwegs zufrieden. Die Sprengung sei so verlaufen, wie sie geplant worden sei, sagte der Urner Baudirektor Markus Züst.

Sprengmeister Pascal Reber sprach von einer drehbuchmässigen Sprengung. Geologe Markus Liniger, der vom Helikopter aus die Wand ein erstes Mal begutachtete, sagte, es sei eine saubere Abbruchstelle ohne neue Gefahrenherde entstanden.

Die Felsnase war 30 Meter hoch, 60 Meter breit und 14 Meter tief. Sie war instabil, weil unter ihr Fels abgebrochen war.

Staubwolke, Knall und Getöse

Der abbruchgefährdete Felskopf von rund 5500 Kubikmetern Inhalt wurde am Donnerstag mit 1,5 Tonnen Sprengstoff gefüllt. Am Freitag um 11 Uhr wurde das explosive Material gezündet, und mehrere tausend Kubikmeter Gestein stürzten ins Tal.

Nach fünf langen und drei kurzen Signaltönen wurde die Sprengung ausgelöst. Vorerst bildete sich eine grosse Rauch- und Staubwolke, dann hörte man den Knall und Steine sowie Felsbrocken polterten mit Getöse aus einer Höhe von rund 1400 Metern Höhe ins Tal.

Das Ziel, durch einen engen Bohrraster nur kleine Felsbrocken von maximal fünf Kubikmeter zu produzieren, wurde bis auf wenige Ausnahmen erreicht. Die Ausnahmen bestätigten, dass nicht alles voraussehbar sei und eine Gefahr bestanden habe, sagte Baudirektor Züst.

Strassen verschont

Offenbar sind keine grösseren Felsbrocken auf die 700 Meter tiefer liegende Autobahn gestürzt. Sie wurden im arg havarierten Schutzwald aufgehalten.

Auch die Kantonsstrasse blieb offenbar vom Steinfall verschont.Während der Sprengung blieb auch der Verkehr auf der Bahnlinie unterbrochen.

Öffnung frühestens nächste Woche

Sicher ist, dass die Gotthard-Transitachse auch im besten Fall nicht sofort nach der Sprengung freigegeben wird. Die A2 bleibt laut Adrian Zurfluh, dem Sprecher der Koordinationsgruppe Felssturz, noch mindestens drei bis vier Tage gesperrt.

Zum einen verursachte die Sprengung im Fels Spannungsveränderungen. Es ist deshalb möglich, dass es nach der Sprengung zu Nachbrüchen kommt. Sind Nachsprengungen nötig, könnten diese frühestens am Samstag oder Sonntag durchgeführt werden.

Die Autobahn darf erst gereinigt werden, wenn der Hang als stabil eingestuft wird.

Ausweichrouten für 50’000 Autos

Im schlimmsten Fall müsste die Transitachse während des Sommerferienverkehrs gesperrt bleiben. Die 40’000 bis 50’000 Autos, die im Juli und August täglich den Gotthard queren, müssten auf andere Routen ausweichen. Für diesen Fall ist mit Blick auf die Reisenden eine Informationsoffensive geplant.

Was den Schwerverkehr betrifft, ist die Situation derzeit unter Kontrolle. Jährlich fahren 1,3 Mio. Lastwagen durch die Schweiz, davon 1 Mio. durch den Gotthard. Seit der Schliessung des Gotthards hat der Schwerverkehr um die Hälfte abgenommen.

Viele Camionneure fahren über Österreich oder Frankreich. Es bleiben 2000 bis 3000 Lastwagen, die täglich die Schweiz queren – der grösste Teil via die San-Bernardino-Route, die übrigen via Simplon oder Grossen St. Bernhard.

swissinfo und Agenturen

Ende Mai brachen im Kanton Uri Felsbrocken ab und ein Teil davon rollte bei Gurtnellen auf die Autobahn A2 und auf die Kantonsstrasse.

Zwei Insassen eines Autos aus Deutschland fanden den Tod.

Nach weiteren Felsstürzen musste die wichtige Nord-Süd-Autobahn gesperrt werden.

Die A2 ist zusammen mit dem 17 km langen Strassentunnel durch den Gotthard eine wichtige Verkehrsachse im alpenquerenden Verkehr.

Auf ihr rollen rund 75% des Transitverkehrs durch die Schweiz.

An Werktagen fahren jeden Tag 10’000 Fahrzeuge (3500 Lastwagen) durch den Gotthard.

An Wochenenden sind es 13’000 Fahrzeuge.

An Ostern 2006 waren es zwischen 20’000 und 25’000 Fahrzeuge.

Während der Ferienreisezeit steigt die Zahl auf 40’000 bis 50’000.

16. Dezember 2002: Zwischen Amsteg und Wassen werden bei einem Steinschlag auf der Gotthardautobahn 3 Autos beschädigt.

29. April 2003: Ein Felsbrocken durchschlägt zwischen Gurtnellen und Wassen eine Lawinengalerie. Verletzt wird niemand.

21. März 2005: Zwei je 5 Kubikmeter grosse Felsbrocken stürzen auf die Gotthardautobahn. 2 Autofahrer bleiben trotz Kollision mit den Hindernissen unverletzt.

31. Mai 2006: Ein 64-jähriger Mann und seine 60-jährige Ehefrau aus Deutschland sterben, als bei Gurtnellen rund 10’000 Kubikmetern Gestein auf die Gotthardautobahn niedergehen.

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