Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Columbia-Katastrophe – weltweite Bestürzung

Die Trümmer sind über mehr als 1000 Quadratkilometer verstreut. Keystone

Auf dem Rückweg zur Erde ist die US-Raumfähre Columbia in rund 60'000 Metern Höhe in mehrere Teile zerbrochen. Die sieben Astronauten - fünf Männer, zwei Frauen - an Bord hatten keine Überlebenschance.

Der Absturz löste weltweit Entsetzen und Trauer aus. Der Rückschlag für die Raumfahrt ist gross.

Mit dem Absturz der Columbia hat die US-Weltraumbehörde NASA damit fast auf den Tag 17 Jahre nach der Explosion der Raumfähre Challenger zum zweiten Mal eine Raumfähre verloren. Die Columbia war die älteste Fähre in der Raumfahrtflotte der NASA und war 1981 erstmals ins All gestartet.

Die genaue Unfallursache ist noch offen. Die NASA leitete umfassende Untersuchungen ein.

Rückschlag für Raumfahrt

In den USA reagierten Regierung und Bevölkerung erschüttert auf den neuen Schlag für das Raumfahrt-Programm. Die Flaggen wurden auf Halbmast gesetzt.

Präsident George W. Bush sagte in einer Fernsehrede: “Die Columbia ist verloren. Es gibt keine Überlebenden.” Die Tragödie sei aber nicht
das Ende der bemannten Raumfahrt. “Unsere Reise in den Weltraum geht
weiter”.

Bundespräsident Pascal Couchepin, der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, aber auch der chinesische Präsident Jiang Zemin und die amtierende griechische EU-Ratspräsidentschaft äusserten ihr tiefes Bedauern.

Auch Schweiz betroffen

Auch in der Schweiz löste das Unglück Betroffenheit aus. Patrick Piffaretti, Direktor des Schweizer Büros für Weltraumangelegenheiten (SSO) sprach gegenüber swissinfo von einer Katastrophe für die weltweite Raumfahrt-Gemeinde. Den Angehörigen der ums Leben gekommenen Astronauten drückte er sein Mitgefühl aus.

Auch Daniel Neuenschwander, bei der SSO zuständig für die internationalen Beziehungen, unterstrich die menschliche Tragödie. “Es ist ein sehr grosser Verlust für die bemannte Raumfahrt in den USA.”

Aber auch für die Europäische Raumfahrt-Agentur ESA und die daran beteiligte Schweiz sei der Absturz ein Verlust. Vor allem bei der Weiterentwicklung der Internationalen Raumfahrt-Station ISS werde es zu Verzögerungen kommen.

So werden die Shuttles, die als Nutzfahrzeuge für die ISS-Programme genutzt werden, nach dem Ereignis vom Samstag für längere Zeit am Boden bleiben, bis die Ursachen für den Absturz geklärt sind. Um die genauen Auswirkungen zu beziffern, sei es aber noch zu früh, erklärte Neuenschwander am Samstag.

Auswirkungen der Schwerelosigkeit

Die sieben Astronauten und Astronautinnen hatten während ihres 16 Tage dauernden Aufenthalts im Weltraum fast 80 Experimente durchgeführt. Mit an Bord waren auch zwei bio-medizinische Experimente der ETH Zürich.

Im Zentrum der Schweizer Projekte stand ein Experiment, dass sich mit der Auswirkung der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper befasst.

Sämtliche Resultate der zwei Schweizer Experimente sind verloren gegangen. Das sagte Augusto Cogoli, Leiter der Forschergruppe an der ETH Zürich, am Sonntag.

Die Ergebnisse vieler Experimente würden laufend vom Shuttle auf die Erde übermittelt, sagte Cogoli. Bei den Schweizer Experimenten war dies aber nicht möglich.

Insgesamt hatte die ESA auf diesem Columbia-Flug 7 so genannte Nutzlasten mit ihren Experimenten platzieren können.

Der Schweizer Beitrag an die ESA belief sich 2002 auf 125 Mio. Franken. Davon gingen etwa 25% in Projekte für die bemannte Raumfahrt, also für ISS-Programme und Mikrogravitäts-Projekte. Für 2003 sind insgesamt 122 Mio. Franken budgetiert.

Die Experimente waren in einem druckgeregelten Modul namens “Spacehab” untergebracht. Dieses war in der Ladebucht des Raumtransporters verankert und über einen Tunnel mit der Mannschaftskabine verbunden.

Um 15 Uhr brach der Funkkontakt ab

Das Drama der Columbia begann sich um 15.00 Uhr MEZ abzuzeichnen. Zu dieser Zeit hatte sich die Besatzung zuletzt gemeldet. Bis dahin hatte es keine Hinweise auf Probleme gegeben.

Die Columbia hätte um 15.16 Uhr MEZ auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida landen sollen.

Kurz vor der Katastrophe habe die Crew dann Schwierigkeiten gemeldet, sagte der Leiter des NASA-Shuttle-Programms, Ron Dittemore. Diese konnten aber nicht mehr bestätigt werden, denn plötzlich brach der Funkkontakt abrupt ab.

Die genaue Absturzursache sei vorerst offen. Klarheit würden vermutlich erst die eingeleiteten Ermittlungen bringen. Die Shuttle-Flüge wurden bis auf weiteres ausgesetzt.

Auf einem Fernseh-Video war deutlich zu sehen, wie der Raumtransporter über Texas zerbrach. Zeugen hörten einen lauten Knall. Die Columbia flog zur Zeit des Unglücks mit sechsfacher Schallgeschwindigkeit von 20’100 Kilometern pro Stunde.

Im NASA-Kontrollzentrum starrten die Ingenieure entsetzt auf ihre Kontroll-Bildschirme. Die in Cape Canaveral bereits auf die Landung wartenden Angehörigen der Astronauten wurden von NASA-Mitarbeitern an einen anderen Ort gebracht und betreut.

Trümmerteile über vier Bundesstaaten niedergegangen

Wenige Stunden danach wurden in einem über vier Bundesstaaten reichenden Gebiet, vor allem in Texas und Louisiana, Trümmer gefunden. Einige waren deutlich als Teile der Columbia zu erkennen.

Die NASA warnte die Bevölkerung davor, sich Trümmern zu nähern. Sie könnten giftiges Material enthalten. Mennschen kamen nicht zu Schaden.

Wenige Stunden nach dem Absturz sind am Samstag erste Leichenteile im Absturzgebiet geborgen worden. Weiter wurden in Texas und im US-Staat Louisiana unter anderem ein Abzeichen und ein Astronautenhelm gefunden.

Kurz vor der Katastrophe waren nach Angaben der NASA technische Probleme auf der linken Seite des Shuttle festgestellt worden. Ob sie in Zusammenhang standen mit einem Schaden am Hitzeschild der linken Tragfläche, der beim Start entstanden war, sei noch unklar, erklärten NASA-Verantwortliche.

Die Mission war zuvor wegen technischer Probleme seit dem geplanten Start im Juli 2002 immer wieder verschoben worden. Am 16. Januar schliesslich war die Raumfähre um 10.39 Uhr Ortszeit zu ihrem 28. Flug gestartet.

Israeli an Bord

Die Raumfähre Columbia hatte sieben Besatzungsmitglieder an Bord, darunter den ersten israelischen Astronauten Ilan Ramon und zwei Frauen. Die 41-Jährige Astronautin Kalpana Chawla war in Indien geboren.

Wegen des israelischen Astronauten hatte die NASA die seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ohnehin strikten Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft. Kampfflugzeuge hatten beim Start den Luftraum gesichert. Auch auf dem Boden waren die Kontrollen verstärkt worden.

Israel und Indien reagierten mit Erschütterung auf den Absturz der Columbia.

swissinfo und Agenturen

Die Crew:
Rick Douglas Husband
William McCool
Kalpana C. Chawla
David M. Brown
Michael P. Anderson
Laurel Blair Salton Clark
Ilan Ramon (erster israelischer Astronaut)

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft