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Europa produziert offenbar weniger Ozonkiller

Trichlorethan kann auch aus Deponien in die Atmosphäre entweichen. Keystone

Ein Schweizer Forscher widerspricht den Ergebnissen einer europäischen Messkampagne über Ozon abbauendes Trichlorethan.

Statt 20’000 Tonnen gelangen aus Europa nur 300 bis 3400 Tonnen des Lösungsmittels pro Jahr in die Atmosphäre.

Der Umwelttechniker Stefan Reimann von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf bei Zürich hat mit seinem internationalen Team herausgefunden, dass die aus Europa stammenden Emissionen des Ozon abbauenden Trichlorethans deutlich tiefer sind als bisher angenommen.

Reimann schätzt sie auf 300 bis 3400 Tonnen pro Jahr. Eine vor kurzem publizierte europäische Messkampagne hatte den Trichlorethan-Ausstoss noch auf rund 20’000 Tonnen pro Jahr beziffert.

Die von Reimann und seinem Team im Wissenschafts-Magazin “Nature” publizierten Forschungs-Ergebnisse widersprechen der europäischen Messkampagne klar.

Seit Mitte der 90er-Jahre haben die weltweiten Trichlorethan-Emissionen gemäss einer Schätzung des UNO-Umweltprogrammes von 700’000 auf weniger als 20’000 Tonnen abgenommen.

Deshalb war die Überraschung riesig, dass die europäische Messkampagne im Jahr 2000 den europäischen Emissions-Ausstoss auf 20’000 Tonnen bezifferte.

So wäre das Montreal-Protokoll, das die Verwendung von Trichlorethan in Europa seit 1996 verbietet, in Frage gestellt worden.

Reimanns anderer Schluss

Empa-Forscher Reimann hat mit seinem Team im Rahmen eines EU-Projektes seine Messreihen vom Jungfraujoch und jene der EU aus Mace Had an der Westküste von Irland verglichen und analysiert.

Daraus folgert er, dass sich die Emissionen aus Europa lediglich auf 300 bis 3400 Tonnen pro Jahr belaufen.

Den grossen Unterschied erklärt er mit den nur viertägigen Messungen der europäischen Messkampagne.

Während dieser kurzen Periode seien wahrscheinlich aussergewöhnliche Ereignisse aufgetreten, welche die damaligen Messungen beeinträchtigt haben könnten.

Reimann stützt sich hingegen auf mehrjährige Messreihen, die Schwankungen in den Trichlorethan-Konzentrationen auch langfristig berücksichtigen.

Auch weniger ist noch zu viel

Die von der Empa geschätzten Emissionen sind immer noch sehr gross. Der Einsatz von Trichlorethan ist seit 1996 verboten.

Mögliche Quellen könnten laut den Wissenschaftern der illegale Verbrauch kleinerer Mengen aus gehorteten Lagern oder Emissionen aus Abfalldeponien sein.

Reinigungsmittel der Atmosphäre

Die neuen Empa-Einschätzungen der Trichlorethan-Emissionen in Europa erlauben auch genauere Aussagen über die Konzentrations-Veränderungen der Hydroxylradikale zu machen.

Diese beseitigen einen grossen Teil der von den Menschen verursachten Luftverschmutzung. So werden sie auch Reinigungsmittel der Atmosphäre bezeichnet.

Trichlorethan wurde bis Anfang der 90er-Jahre in grossen Mengen in der Industrie zur Reinigung von Metallteilen und als Lösungsmittel eingesetzt. Auf Grund ihrer Langlebigkeit gelangt die Substanz bis in die Atmosphäre und trägt dort zum Abbau der Ozonschicht über den Polen bei.

Es droht aber die Gefahr, dass die global zunehmende Luftverschmutzung die Hydroxylradikale überfordert, schreibt die Empa.

Im schlimmsten Fall wäre ein ungebremste Verschmutzung der Atmosphäre die Folge.

swissinfo und Agenturen

Seit mehreren Jahren misst die Empa in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, Trichlorethan und die ebenfalls Ozon abbauenden FCKWs auf dem Jungfraujoch.

Die neuen Forschungs-Ergebnisse zeigen, dass in Europa die Bestimmungen des Montreal-Protokolls für das Trichlorethan weitgehend eingehalten werden.

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