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Für Hochwasserschutz werden Milliarden benötigt

Keystone

Experten des Bundes haben übers Wochenende auf die Notwendigkeit eines effizienten Hochwasserschutzes aufmerksam gemacht: Der Investitionsbedarf geht in die Milliarden.

Die Pegelstände der Gewässer fielen nach den Überschwemmungen Mitte Woche unter die Hochwasser-Marken zurück.

Der Bund übernimmt teilweise fast die Hälfte der Kosten der Schutzmassnahmen. Für nächstes Jahr sind 147 Mio. Franken budgetiert. Das seien aber rund 100 Millionen zu wenig, wie Hans Peter Willi, Chef der Abteilung Gefahrenprävention im Bundesamt für Umwelt (BAFU), am Samstag gegenüber Schweizer Radio DRS sagte.

Und BAFU-Vizedirektor Andreas Götz geht für die kommenden Jahrzehnte von Investitionen in Milliardenhöhe aus, wie er gegenüber der SonntagsZeitung sagte.

Vor weiteren Investitionen müssen jedoch die gefährdeten Gebiete erst einmal bezeichnet werden. Der Bund will deshalb die Erstellung der Gefahrenkarten vorantreiben.

BAFU nimmt Kanton Bern in Schutz

Das BAFU nimmt auch den Kanton Bern in Schutz. Der nördlich gelegene Kanton Aargau hatte Bern vorgeworfen, zu viel Wasser aus dem Bielersee abgelassen zu haben. Das Wasser des (Berner) Bielersees fliesst in die (aargauische) Aare ab.

Wie BAFU-Vizedirektor Götz gegenüber dem Schweizer Fernsehen sagte, habe sich Bern auf BAFU-Angaben gestützt. Teilweise seien diese jedoch ungenau gewesen.

Regulierungssysteme am Anschlag

Die jüngsten Unwetter hätten gezeigt, dass das Wasserregulierungssystem im Mittelland Kapazitätsgrenzen habe, sagte Götz gegenüber der SonntagsZeitung. Es sei dies ein Szenario, an das bisher niemand zu denken gewagt habe.

Die Lehre aus den Überschwemmungen der letzten Tage sei, dass man drastische Szenarien durchdenken müsse, um sich richtig vorzubereiten. Der Standsicherheit der Kanäle und Dämme bei extremen Belastungen müsse ein grosses Augenmerk geschenkt werden.

Gewässerpegel sinken weiter

Am Sonntag sanken die Pegel von Bieler- und Thunersee unter die Hochwassermarke. Das Bielersee-Niveau muss nach Angaben der Behörden jedoch noch weiter sinken, damit alle gefluteten Häuser ausgepumpt werden können.

Die Schifffahrt bleibt dort ebenso eingestellt wie auf dem Murten- und Neuenburgersee. Auf dem Brienzersee nahmen die Kursschiffe am Sonntag wieder ihren Betrieb auf.

Der sinkende Aarepegel erlaubte es am Sonntag auch der Stadt Bern, den Hochwasseralarm aufzuheben. Die Abflussmenge hat laut Behörden am Morgen die Menge von 350 Kubikmetern pro Sekunde wieder unterschritten.

Delsberg wieder mit Stromanschluss

Seit Sonntag hat auch fast ganz Delsberg wieder Stromanschluss. In anderen Gebieten wie etwa am Bielersee ist die Stromversorgung indes teilweise immer noch unterbrochen.

Unterbrochene Strassen- und Bahnverbindungen werden sukzessive wieder in Betrieb genommen. Nach wie vor gesperrt ist unter anderem die SBB-Strecke zwischen Bern und Freiburg.

Aufatmen am Rhein

Auch in den nördlichen Nachbarländern am Rhein atmet man wieder auf. Das Hochwasser sei am Sonntag weiter zurückgegangen. Der Strom konnte für die Schifffahrt wieder freigegeben werden.

Das teilten die Hochwasser-Vorhersage-Zentrale (HVZ) in Karlsruhe (Baden-Württemberg) und das Hochwassermeldezentrum in Mainz (Rheinland-Pfalz) mit.

Dem Land Baden-Württembürg seien durch das August-Hochwasser Schäden in Millionenhöhe entstanden, so das Umweltministerium.

Das Wasser sei im Rhein auf ein Niveau gestiegen, das statistisch nur etwa alle zehn Jahre erreicht werde und für den Monat August äusserst ungewöhnlich sei.

Dafür werden für Nordostdeutschland neue Unwetteralarme und Überschwemmungen gemeldet.

swissinfo und Agenturen

Um eine richtige Politik der Prävention gegen die Hochwasser-Gefahr führen zu können, braucht der Bund Gefahrenkarten.

Diese Karten sollen bis 2011 vollständig vorliegen. Doch erst ein Drittel davon sei erstellt, sagte Roberto Loat, Verantwortlicher für die Gefahrenkarten beim BAFU.

Den Kantonen fehle es am politischen Willen, die nötigen Budgets zu sprechen.

Der Bund werde nun aber bis zu 70% der Kosten übernehmen, um die Arbeiten voranzutreiben.

Das Ausarbeiten eines Quadratmeters Karte kostet rund 5000 Franken.

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