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Neue Ära in der Volkszählung

RDB

Ab 2010 gibt es bei der eidgenössischen Volkszählung keine Fragebogen mehr. Das Schweizer Parlament hat am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

Die Daten werden künftig den Verwaltungsregistern entnommen und mit Stichproben bei Personen und Haushaltungen ergänzt. Das neue System hatte aber auch Anlass zu Kritik gegeben.

Mit der Bereinigung der letzten Differenz im total revidierten Gesetz über die eidgenössische Volkszählung am Donnerstag im Ständerat steht einem Systemwechsel von der zehn-jährlichen Vollerhebung hin zu Registererhebungen und Stichproben nichts mehr im Weg.

Die Totalrevision des Gesetzes über die eidgenössische Volkszählung war in beiden Räten praktisch unbestritten. Auch die Vorbehalte der Kantone, die eine Kombination von Vollerhebung und Registererhebung vorgeschlagen hatten, fanden kaum Resonanz.

Das neue System wurde als aktueller, genauer und billiger beurteilt. Konkret sieht es eine jährliche Erhebung aufgrund der Einwohnerregister von Gemeinden und Kantonen vor sowie den wichtigsten Bundespersonen-Registern und dem eidgenössischen Gebäude- und Wohnungsregister.

Begleitende Erhebung

Diese Daten werden mit einer jährlichen Strukturerhebung bei 200’000 Personen ergänzt. Bei dieser Strukturerhebung wird nach Sprache, Religion, Ausbildung, Arbeit, Pendlergewohnheiten und Miete gefragt.

Hinzu kommen alle fünf Jahre statistische Erhebungen bei 10’000 bis 40’000 Personen zu Verkehr, Familie, Gesundheit, Bildung, Sprache und Religion.

Der Finanzierungsbeschluss sieht vor, dass der Bund von 2008 bis 2015 die Kosten von insgesamt rund 69 Mio. Franken übernimmt. Die von den Kantonen gewünschte Variante wäre auf 137 Millionen zu stehen gekommen. Der Verpflichtungskredit für die Volkszählung 2000 hatte 108 Millionen betragen.

Kritik der Kantone

Kantonen und Verbänden ging es nicht um die zu zählenden Menschen, sondern um ein möglichst lückenloses Datenmaterial. Die Raum- und Verkehrsplanung seien auf lückenlose, vergleichbare Datenreihen angewiesen, hatte es geheissen.

Änderungen sollten deshalb nicht leichtfertig gemacht werden, hatten sie in der Vernehmlassung bemerkt. Auch wenn einige Kantone Stichproben erweiterten, trage dies starken regionalen Unterschieden nicht Rechnung.

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Vernehmlassung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Vernehmlassung oder das Vernehmlassungsverfahren ist die Konsultation von betroffenen und interessierten Kreisen (auch Mitwirkungsverfahren). Sie ist eine wichtige Phase im schweizerischen Gesetzgebungsverfahren. Bei der Vorbereitung wichtiger Gesetze und anderer Vorhaben von grosser Tragweite sowie bei wichtigen völkerrechtlichen Verträgen werden die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten Kreise zur Stellungnahme eingeladen.

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Heikles Thema

Die Volkszählung, die bisher alle zehn Jahre durchgeführt wurde, ist in der Schweiz ein Politikum. 1990, als die Fichen-Affäre herrschte und das Land als “Schnüffelstaat” tituliert wurde, konnte die Zählung nur mit grosser Repression durchgeführt werden: Wer den Volkszählerinnen und -zählern die Haustüre vor der Nase zuschlug, wurde massiv gebüsst.

Im Jahr 2000 dann entschärften die Behörden das Prozedere und führten die Volkszählung per Fragebogen durch, die alle Haushalte ausfüllen mussten. Zudem konnten die Fragen auch im Internet beantwortet werden. Weil jedoch viele Angaben falsch waren oder ganz fehlten, war die Qualität des Datenmaterial angezweifelt worden.

Gezählt werden alle Menschen, die zum Zeitpunkt der Volkszählung in der Schweiz wohnen, also auch die ausländische Wohnbevölkerung.

swissinfo und Agenturen

Die erste Volkszählung der Schweizer Wohnbevölkerung fand 1798 in der Zeit der Helvetik statt. Die Daten blieben aber unvollständig.

Nach der Gründung des Bundesstaats wurde die erste offizielle Volkszählung 1850 unter der Leitung von Stefano Franscini durchgeführt.

Seit diesem Zeitpunkt finden sie alle 10 Jahre statt.

Diente die erste Volkszählung noch hauptsächlich der Erfassung von reinen Personen-Daten, haben sich die Erhebungen im Laufe der Jahre stark gewandelt.

Heute umfasst die Volkszählung Daten über Bevölkerung, Sprachen, Religionen, Erwerbsleben, Mobilität, Haushalt, Lebensqualität sowie Gebäude.

Sie ist ein unentbehrliches Planungs- und Entscheidungs-Instrument für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geworden.

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