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Schweizer Biotech-Firmen suchen britische Partner

Biotechnologie boomt in der Schweiz. Keystone Archive

Schweizer Wissenschafter und Geschäftsleute sondieren diese Woche in London nach Partnern in der britischen Bio- und Nanotechnologie-Industrie.

Ziel der Bemühungen auf der Insel ist es, den Rückstand der beiden Länder in diesen Bereichen gegenüber den USA wettzumachen.

“Die USA sind Leader im Sektor, sowohl was die staatlichen Finanzmittel wie auch die Gelder privater Investoren anbetrifft”, sagt Tim Wells, stellvertretender Geschäftsleiter der Forschungs-Abteilung bei der Genfer Biotech-Firma Serono.

“In Zukunft müssen beide, Schweizer und Briten, in diesem Bereich Terrain wiedergutmachen”, so Wells zu swissinfo.

Charles Kleiber, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, und Jean-Daniel Gerber, Staatssekretär für Wirtschaft, leiten die 60-köpfige Schweizer Mission in London.

Die institutionelle Zusammenarbeit habe Priorität, erklärt Kleiber. Deshalb sind in der Schweizer Delegation auch die Präsidenten der Eidgenössischen Technischen Hochschulen Zürich und Lausanne vertreten.

“Wir müssen die Forschungs- und Bildungs-Aera in Europa in Form von Kompetenz-Zentren aktivieren, ebenso die Mobilität von Studenten und Professoren”, betont Kleiber. “Wir wollen sehr konkret und sehr pragmatisch sein. Wir gehen nicht nach London, um dort einfach ein bisschen zu reden.”

Interaktion

Im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens in London stehen Vorträge, Workshops und Diskussionen zum Thema Wissenschaft und Technologie und deren Anwendung. “Ein Ziel der Mission ist es, Leute aus Industrie und Wissenschaft zusammenzubringen”, so Kleiber. Diese würden sich nämlich gar nicht kennen.

“Ich persönlich will mit einigen der Akteure in Kontakt kommen und mehr über die britische Nanotechnologie-Szene erfahren”, sagt Harry Heinzelmann, Direktor des Schweizerischen Zentrums für Elektronik und Mikrotechnologie in Neuenburg (CSEM).

Gegenüber swissinfo sagt Heinzelmann, es nehme ihn wunder, wie die Briten die ethischen und gesundheitspolitischen Fragen sowie die Ängste im Zusammenhang mit der Nanotechnologie angehen würden.

Für Bernard Witholt, Professor für Biotechnologie an der ETH Zürich, ist Interaktion ebenfalls der Schlüssel. “Ziel ist es, in England Leute – sowohl Briten wie auch Schweizer – zu treffen, die in gewissen Bereichen dieselben Interessen wie wir haben: Bio-Katalyse mit Enzymen und Mikro-Organismen zur Verwirklichung von chemischen Präparaten.”

Angewandte Wissenschaft

Laut der Revisionsfirma Ernst & Young gab es 2002 in der Schweiz 216 Biotech-Firmen; in England waren es deren 331.

Man könne sich dank Publikationen und Konferenzen über die Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung zwar auf dem Laufenden halten, erklären Vertreter der Schweizer Delegation. Doch sei es äusserst wichtig zu sehen, wie in anderen Ländern neue Unternehmen entwickelten und die Geldmittel in die angewandte Wissenschaft investiert würden.

“Wenn es um die angewandte Wissenschaft, die Entwicklung neuer Firmen und deren Interaktion geht, dann ist der Schweizer Besuch in England sehr nützlich”, sagt Professor Witholt.

Und Tim Wells von Serono fügt bei: “Beide Länder haben Industrien auf der Basis von Spitzentechnologie und einer intelligenten staatlichen Unterstützung aufgebaut und damit Wissenschaft, Forschung und Technologie zu ihren Kernstärken gemacht.”

Nanotechnologie stärken

“Es ist wichtig, die europäischen wissenschaftlichen Aspekte der Nanotechnologie zu stärken”, sagt Christoph Gerber vom Nationalen Kompetenz-Zentrum für Nanowissenschaft gegenüber swissinfo. “Der Reichtum der Nano-Welt wird in Zukunft grossen Einfluss auf die Makro-Welt haben.”

Entscheidend sei auch, die Kontakte zwischen den in Europa entstehenden Nano-Zentren zu vertiefen, so Gerber weiter. “Insbesondere in Grossbritannien, weil das Land in diesem Bereich in Europa führend ist.”

swissinfo, Vincent Landon
(Übertragung aus dem Englischen: Jean-Michel Berthoud)

Ende 2003: Die Schweiz zählt 227 Biotech-Betriebe (2002: 216)

Die Schweiz figuriert in diesem Bereich in Europa an 6. Stelle, weltweit auf Platz 9

Die Schweizer Biotech-Industrie beschäftigt rund 13’000 Leute

2003: Insgesamt 19 Mrd. Fr. Gesamtinvestitionen in die Biotechnologie, davon in der Schweiz 130 Mio Fr.

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