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Schweizer Modell soll Tropenwälder schützen

In Indonesien werden jährlich 2 Mio. Hektaren Tropenwald gerodet, um Platz für Plantagen zu machen. Keystone

170 Gäste aus 51 Ländern, darunter Indonesien, informieren sich ab Dienstag in Interlaken über die Schweizer Waldpolitik.

Das Schweizer Modell hat sich seit 150 Jahren bewährt. Es basiert auf der Dezentralisierung des Waldeigentums, der Kompetenzteilung und klaren gesetzlichen Leitplanken.

Die Schweizer Waldpolitik stösst international auf grosses Interesse. Sie bietet laut dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) einen Schlüssel zur Erhaltung gefährdeter Wälder in den Tropen und anderen Klimagebieten.

“Die Wälder sind eine wirklich globale Angelegenheit: Sie hängen von der Gesundheit aller Wälder weltweit ab”, sagte BUWAL-Direktor Philippe Roch gegenüber swissinfo.

Die Schweiz habe eine lange Tradition in der nachhaltigen Nutzung ihrer Wälder, so Roch. Das Forstpolizeigesetz von 1876 mit starker nationaler Regelung und föderaler Zusammenarbeit stosse weltweit auf grosses Interesse.

Dezentralisierung gegen Raubbau

Dieses Dezentralisierungs-Modell könnte in Ländern der Tropen und anderen Klimazonen Vorbild sein, sagte Roch. Mitten in einem solchen Prozess befinde sich Indonesien, das mit starkem Raubbau an seinen Wäldern zu kämpfen habe und Entscheidungsmacht an die lokale Bevölkerung abgeben wolle.

Ähnliche Probleme habe die Schweiz im 19. Jahrhundert gehabt, hiess es. So seien Wälder ohne behördliche Bewilligungen gerodet worden, weil die Gesetzeslage unklar gewesen sei. Mit klaren gesetzlichen Leitplanken, wie sie die Schweiz kenne, könne der Wald besser geschützt werden, so das BUWAL.

Mit dem Workshop in Interlaken werde die Schweiz zusammen mit Länderpartnern wie Indonesien, Brasilien, Ghana, Russland und Kanada, in denen 70 Prozent der weltweiten Waldfläche liegen, die Rolle der Dezentralisierung ausleuchten, so Roch. Dies im Rahmen des UNO-Waldforums, das nächste Woche in Genf beginnt.

Mehr Motivation nötig

“In Interlaken geht es nicht um politische Abkommen, sondern darum, die Kooperation zwischen den Ländern zu vereinfachen und Vorschläge für das UNO-Waldforum auszuarbeiten”, präzisierte Roch.

In den Tropen verschwindet laut BUWAL täglich Wald auf einer Fläche von 25’000 Fussballfeldern. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass die Zentral- und Provinzregierungen rund drei Viertel der weltweiten Waldfläche als Eigentum beanspruchten, obwohl viele dieser Wälder oft seit langer Zeit durch lokale Gemeinschaften genutzt würden.

Wo die lokale Bevölkerung mehr Entscheidungsspielraum habe und ein Einkommen aus der Waldnutzung erhalte, steige die Motivation für eine nachhaltige Nutzung.

Entwaldung verhindern

Wie der Generalsekretär des indonesischen Forstministeriums, Wahjudi Wardoyo, mitteilte, hat Indonesien 2001 damit begonnen, die zentralstaatliche Autorität in die Regionen zu verlagern. So soll verhindert werden, dass weiterhin illegal Holz geschlagen wird. Fehlende Rechtssicherheit führe zu Holzraub und Entwaldung.

Doris Capistrano vom Zentrum für internationale Wadstudien (CIFOR) betonte die Wichtigkeit dieser Entwicklung. “Wir beobachten Dezentralisierungs-Prozesse in über 60 Ländern. In einigen führen sie zu guten Resultaten.”

Doch sie gibt zu bedenken: “In der Schweiz dauerte der Prozess 150 Jahre. Wir können nicht erwarten, dass die Entwicklungsländer nun in drei bis fünf Jahren so weit sind.”

Für Roch zeigt das Schweizer Modell, dass dezentralisierte Waldpolitik mit guten gesetzlichen Leitplanken und einer klaren Trennung der Kompetenzen auf den verschiedenen institutionellen Stufen einhergehen muss. “Nun können unsere Erfahrungen anderen Ländern, wie beispielsweise Indonesien, helfen.”

Konkrete Beispiele

Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Workshop in Interlaken werden konkrete Beispiele des Schweizer Dezentralisierungsmodells gezeigt. Exkursionen sind ins Emmental, an die Brienzer Wildbäche, nach Boltigen im Simmental und zum Kleinen Rogen Mürren-Isenfluh vorgesehen.

Neben dem BUWAL beteiligen sich auch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die Stiftung für Entwicklungszusammenarbeit Intercooperation sowie der Kanton Bern an der Durchführung des Workshops.

swissinfo und Agenturen

In den Tropen verschwindet täglich Wald auf einer Fläche von 25’000 Fussballfeldern.
In der Schweiz ist das erste Forstpolizei-Gesetz seit 1876 in Kraft.
Beim Workshop in Interlaken treffen sich 170 Teilnehmende aus 52 Ländern vom 27. bis 30. April.
Danach findet vom 3. bis 14. Mai das vierte Wald-Forum der UNO in Genf statt.

Vor gut 150 Jahren herrschten in der Schweiz ähnliche Zustände wie heute in vielen so genannten Entwicklungsländern (beispielsweise Indonesien). Seither haben sich die Schweizer Wälder gut erholt. Dies nicht zuletzt dank der föderalen Zusammenarbeit, kombiniert mit einer starken gesetzlichen Regelung auf nationaler Ebene.

Dieses Modell stösst international auf grosses Interesse: Es bietet einen der Schlüssel zur Erhaltung gefährdeter Wälder in den Tropen und anderen Klimagebieten.

Mit dem Interlakner Workshop vom 27. bis 30. April will die Schweiz zusammen mit Länderpartnern wie Indonesien, Brasilien, Ghana, der Russischen Föderation und Kanada die Rolle der Dezentralisierung als Schlüssel zur Erhaltung der Wälder ausleuchten.

Die beteiligten Länder repräsentieren insgesamt mehr als 70 Prozent der weltweiten Waldfläche.

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