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Wortkarger Lukas Mühlemann

Lukas Mühlemann (links) mit seinem Rechtsanwalt am Ausgang des Gerichtsgebäudes. Keystone

Wie alle anderen Angeklagten hat auch Ex-Verwaltungsrat Lukas Mühlemann am Freitag im Swissair-Prozess die Vorwürfe zurückgewiesen.

Am Ende der dritten Prozesswoche sind die Befragungen der 19 Beschuldigten nun abgeschlossen. Nur vier Angeklagte standen dem Gericht Rede und Antwort.

“Die von der Staatsanwaltschaft gegen mich erhobenen Vorwürfe sind absolut haltlos”, sagte Mühlemann vor dem Bezirksgericht Bülach. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beschuldigt Mühlemann und die anderen Verwaltungsräte der Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung sowie der ungetreuen Geschäftsbesorgung.

Mit der Bündelung gesunder Geschäftsteile unter die Subholding der SAirLines seien der Muttergesellschaft Vermögenswerte in Milliardenhöhe entzogen worden. Damit sei den Gläubigern ein Schaden von 1,177 Milliarden zugefügt worden, behauptet die Anklage.

Auch durch die Zahlung von 150 Mio. Euro an die marode belgische Fluggesellschaft Sabena seien die Gläubiger der SAirGroup geschädigt worden.

Nur im Interesse der SAirGroup

Der Verwaltungsrat habe keine andere Wahl gehabt, als die Restrukturierung der SAirLines durch die SAirGroup sowie die Rekapitalisierung der Sabena durchzuführen, sagte Mühlemann in einer persönlichen Stellungnahme: “Hätten wir das nicht gemacht, hätte dies unabsehbare negative Folgen für die Gläubiger gehabt.”

Die Rekapitalisierung Sabena sei nötig gewesen, um sich alle Optionen offen zu halten, auch im Hinblick auf einen geordneten Ausstieg aus der belgischen Airline. Bei ihren Entscheiden hätten sich die Verwaltungsräte ausschliesslich an den Interessen der SAirGroup orientiert, sagte Mühlemann, der von 1995 bis Oktober 2001 im Verwaltungsrat sass.

Weiteres Schweigen

Zum umfangreichen Fragekatalog von Gerichtspräsident Andreas Fischer wollte er nicht Stellung nehmen: “Ich möchte von meinem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch machen. Ich kann nicht abschätzen, was meine Aussagen in den gegen mich hängigen Zivilklagen bedeuten würden.”

Auch zu den Fragen der Staatsanwaltschaft schwieg der ehemalige Credit-Suisse-Chef. Damit schlug Mühlemann die gleiche Strategie ein, wie zuvor sechs weitere mitangeklagte Verwaltungsräte.

Lediglich Ex-Verwaltungsrat Thomas Schmidheiny, die ehemaligen Vewaltungsrats-Präsidenten und Konzernchefs Eric Honegger und Mario Corti wie auch Ex-Konzernchef Philippe Bruggisser hatten die Fragen des Gerichts beantwortet.

Bruggisser und Corti zogen Publikum an, Mühlemann kaum

Aufsehen erregt hatte vor allem Corti, der mit den Grossbanken hart ins Gericht ging und sie für das Grounding veranwortlich machte. Die UBS wies Cortis Vorwürfe in einer Mitteilung an die Presse zurück.

Im Gegensatz zu den ehemaligen Konzernchefs Philippe Bruggisser und Mario Corti zog Mühlemann kein grosses Publikum an. Lediglich etwa 100 Zuhörer, darunter viele Jugendliche, kamen in die grosse Bülacher Stadthalle.

Befragungen beendet

Mit dem Auftritt Mühlemanns sind nach 13 Prozesstagen die persönlichen Befragungen der 19 Angeklagten zu Ende gegangen. In knapp zwei Wochen wird der Swissair-Prozess mit den Plädoyers der Staatsanwaltschaft, der Geschädigten und später der Verteidiger bis zum 9. März fortgesetzt.

Wann die Urteile erfolgten, könne er noch nicht sagen, sagte Gerichtspräsident Fischer: “Wir werden uns bemühen, möglichst speditiv zu sein.” Die Urteile würden den Angeklagten mündlich und öffentlich in der Stadthalle Bülachs verkündet.

swissinfo und Agenturen

Der Prozess gegen ehemalige Swissair-Verantwortliche begann am 16. Januar vor dem Bezirksgericht Bülach und dauert bis am 9. März.

Im Swissair-Prozess haben am Donnerstag auch die ehemalige Chef-Juristin der SAirGroup und ein externer Berater ihre Unschuld beteuert. Beiden wird vorgeworfen, Gläubiger bevorzugt behandelt zu haben.

Ab 15. Februar folgen die Anklage der Staatsanwaltschaft und die Plädoyers der Verteidigung.

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