Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Zahl der neuen IV-Renten rückläufig

2004 hat die IV 25'500 neue Renten zugesprochen. Keystone

Die Massnahmen gegen die Verschuldung der Invalidenversicherung scheinen zu greifen. 2004 verringerte sich die Zahl der Neurenten um 6%.

Mit der 5. Revision, einer Zusatzfinanzierung und einer Verfahrensstraffung will der Bundesrat die IV längerfristig sanieren.

Zwar stieg die absolute Zahl der Bezüger einer Invaliden-Rente auch 2004 an, die Zahl der erstmals eingereichten Rentengesuche ging jedoch um 4,4% zurück, wie das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) mitteilte.

82’000 Menschen stellten 2004 ein Gesuch um Unterstützung der Invalidenversicherung (IV), 4000 weniger als im Vorjahr.

Rückläufig war auch die Zahl der zugesprochenen Neurenten. Sie sank im Vorjahresvergleich um sechs 6% von 27’100 auf noch 25’500 Renten. Die Ablehnungsquote erhöhte sich von 32 auf 38%.

Massnahmen greifen

Das BSV macht für den Rückgang bei den Neurenten unter anderem die besseren Instrumente zur Abklärung und Wiedereingliederung geltend, die bei der 4. IV-Revision eingeführt worden waren. Auch die effizientere Zusammenarbeit zwischen IV, Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe dürfte sich positiv ausgewirkt haben.

Zudem vermutet das BSV, dass die steigenden Ausgaben der IV zu einer gewissen Sensibilisierung für die Probleme der Versicherung geführt haben. Ein Indiz sieht das Bundesamt im Rückgang der Rentengesuche.

Mehr Rentenbezüger

Weiter gestiegen ist dagegen der Rentnerbestand in der IV. 283’000 Menschen waren bei der Versicherung gemeldet, 3% mehr als im Vorjahr. Damit bezogen 5,4% aller Menschen im erwerbsfähigen Alter eine IV-Rente. Im letzten Jahr waren es noch 5,2%.

Diese Zunahme führt das BSV darauf zurück, dass die Zahl der Neurenten immer noch höher liegt als jene der Rentenabgänge insbesondere durch Erreichen des AHV-Alters.

Dringender Handlungsbedarf

Die Zahl von neuen IV-Rentenfällen war in den letzten Jahren konstant angestiegen, laut BSV nicht zuletzt auch auf Grund einer Zunahme an psychischen Erkrankungen. Gleichzeitig werden die IV-Rentner immer jünger, was eine entsprechend längere Rentenbezugsdauer bedeutet.

Die Beitragseinnahmen halten nicht Schritt mit den wachsenden Ausgaben. Als Folge dieser Entwicklung steigt das Defizit der IV seit Jahren an. Sie fährt jährlich 1,5 Mrd. Franken Defizit ein. Ende 2006 wird sie auf einem Schuldenberg von 6 bis 9 Mrd. sitzen.
Mit der 5. IV-Revision will der Bundesrat das Prinzip “Eingliederung kommt vor Rente” stärken und die Zahl der Neurenten auf 10% absenken.

Mit dem Ziel einer möglichst frühzeitigen Wiedereingliederung sieht der Bundesrat vor, den Arbeitsunfähigen für längstens zwei Jahre statt der Rente nur ein Taggeld auszurichten. Während dieser Zeit wären die Betroffenen verpflichtet, an Integrations-Massnahmen teilzunehmen.

Neu sollen nur noch die regionalen ärztlichen Dienste die Arbeitsunfähigkeit und damit den Rentenanspruch beurteilen. Der Anspruch auf eine IV-Rente entsteht nicht mehr rückwirkend, sondern frühestens mit der Anmeldung. Für neue Renten wird eine Beitragsdauer von drei Jahren statt von bloss einem Jahr verlangt.

Geld aus dem Goldschatz?

Neben diesen Massnahmen und einer Straffung der Verfahren plant der Bundesrat auch eine Erhöhung der Lohnbeiträge von 1,4 auf 1,5%. Dazu käme ein Neuanlauf für einen Mehrwertsteuer-Zuschlag von 0,8% Punkten, der am 16. Mai 2004 an der Urne gescheitert war.

In der Ende letzten Jahres abgelaufenen Vernehmlassung wurde die Stossrichtung der bundesrätlichen Vorschläge begrüsst. Von links bis rechts, von den Behinderten-Organisationen bis zum Wirtschaftsdachverband économiesuisse wird der Grundsatz “Eingliederung vor Rente” unterstützt.

In den einzelnen Revisionspunkten gehen die Positionen je nach Interessenlage jedoch weit auseinander. Dazu kommt ein neues Element: Das Parlament hat es in der Hand, die 7 Mrd. Franken des Bundesanteils am Goldschatz der Nationalbank für die Sanierung der IV einzusetzen. Mit Vorstössen ist in Bälde zu rechnen.

swissinfo und Agenturen

Ende 2004 waren 283’000 IV-Bezüger gemeldet, 3% mehr als im Vorjahr.

Bezogen auf die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter stieg die Rentnerquote von 5,2 auf 5,4%.

Die Zahl der IV-Neurenten sank dagegen um 6%.

2003 verbuchte die IV Ausgaben in der Höhe von 10,7 Mrd., bei Einnahmen von 9,2 Mrd. und schloss mit einem Defizit von 1,5 Mrd. Fr.

Die öffentliche Hand (Bund und Kantone) hat gesetzesgemäss einen Beitrag in der Höhe von 50% der Ausgaben überwiesen.

Die Geldleistungen der IV schlugen 2003 mit 6,8 Mrd. Fr. zu Buche. Für individuelle Eingliederungsmassnahmen wurden 1.6 Mrd. Fr. und für kollektive Leistungen 1,9 Mrd. Fr. vergütet.

Der Bundesrat hat drei Massnahmen gegen die Kostenexplosion bei der IV vorgeschlagen, über die das Parlament noch in diesem Jahr beraten wird.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft