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Weltumspannende Städtefreundschaft wird 30

Stadtpräsidentin Corine Mauch erhofft sich für Zürcher Unternehmen gute Geschäfte in Kunming. swissinfo.ch

Zürich und Kunming sind seit 1982 befreundet. Heute ist die Beziehung durch den Know-how-Transfer von der Limmat gen Osten dominiert, etwa bei Verkehr und Trinkwasseraufbereitung. Für Morgen hoffen die Zürcher auf ein Stück des dortigen Wirtschaftskuchens.

Dass Freundschaft durch den Magen geht, erlebte die Zürcher Delegation unter Führung von Stadtpräsidentin Corine Mauch beim Bankett, das die chinesischen Gastgeber zu Ehren des Besuchs der Freunde aus der Schweiz ausrichteten.

Aufgetischt wurden tierschützerisch diskutable Haifischflossensuppe, Gänseleber und Seegurken, aber auch unverdächtigere Delikatessen wie Steinpilze oder Trüffel.

Mit Dankesreden, Geschenken und Trinksprüchen schier ohne Ende unterstrichen die Gastgeber die Hochschätzung ihrer Partner aus Zürich.

Begonnen hatte es 1980 mit einer Ausstellung im Kunsthaus Zürich, in der erstmals im Westen Statuen der berühmten Terrakotta-Krieger aus der Stadt Xian zu sehen waren.

Die geknüpften Kontakte führten zwei Jahre später zur Unterzeichnung einer Partnerschaft mit der 7.-Mio.-Stadt Kunming, dem Hauptort der Provinz Yunnan.

China öffnete damals nach jahrzehntelanger Isolation vorsichtig seine Türen, und Kunming drängte in eine Zukunft voller dynamischen Wachstums. Was aber an allen Ecken und Enden fehlte, war technisches Know-how.

Ein wiedergenesener See

1987 wurden die Kontakte enger, als Zürcher Spezialisten Vertreter von Kunming im Bereich Trinkwasseraufbereitung und Abwasserreinigung berieten. Neuestes Kind der Städtepartnerschaft sind Ateliers für Künstler für inspirierende Aufenthalte in Zürich und Kunming.

Der Bund anerkannte die Leistungen der Stadt Zürich, indem die staatliche Entwicklungsagentur Deza die Städtepartnerschaft mit jährlich 250’000 Franken unterstützt.

Bei ihrer Jubiläums-Visite konnten sich die Zürcher vor Ort überzeugen, dass die Bemühungen Früchte tragen. Beispielsweise am See von Duan. Vor 30 Jahren hatte dieser zu den schmutzigstenGewässern der Erde gehört. Heute ist sein Wasser wieder einigermassen sauber, dank Wissen von Experten aus Zürich.

“Vor 30 Jahren ging der ganze Dreck in den See. Heute können wir während der Trockenheit 90% der Abwässer reinigen”, sagt Yan Xueyang. Er ist Chefingenieur in einer von 11 Abwasser-Reinigungsanlagen, die in den letzten Jahren in Kunming gemäss Zürcher Vorbild gebaut worden sind. Das Resultat ist umso bemerkenswerter, als Kunming infolge der Landflucht auf 7,3 Mio. Bewohner angewachsen ist, ein Trend, der weiter anhalten wird.

Busspur

Erfolge gibt’s auch beim öffentlichen Verkehr. Nach Zürcher Vorbild zirkulieren die Busse in Kunming auf eigenen Spuren. “Die Zentralregierung in Peking hat diesem Konzept Modellcharakter verliehen und empfiehlt anderen Städten, das Beispiel Kunmings zu übernehmen”, berichtet Corine Mauch stolz.

“Zürich ist in unserer Stadt sehr präsent”, bestätigt Kunmings Bürgermeister Zhang Zulin gegenüber swissinfo.ch. “Man sieht den Einfluss nicht nur entlang den Busspuren, sondern auch bei der Erhaltung und Pflege von historischen Gebäuden und natürlich am Diansee und in der Kanalisation.”

Umgekehrt ist die chinesische Präsenz bis heute diskret geblieben. Es gibt in Zürich ausser dem Kunming-Garten nur ein Atelier für chinesische Artists in Residence. Die Präsenz solle in den nächsten Jahren ausgebaut werden, sagt Bürgermeister Zhang Zulin.

Für Corine Mauch kommt es aber nicht so sehr nur auf sichtbare Zeichen des Austausches an, vielmehr will sie den Austausch von Ideen fördern. Dazu kommt noch etwas Handfestes: Kunming mit seiner rasenden Entwicklung sei heute in der Lage, “Dienstleistungen und Know-how einzukaufen, die Zürich bieten kann”. Mit anderen Worten: Kunming ist für Zürcher Unternehmen ein Markt der Zukunft.

Blauäugig?

Seit Beginn vereinbaren die Partnerstädte ihre Zusammenarbeits-Ziele für jeweils drei Jahre. Inhaltlich festgelegt werden die Programme an jährlichen Planungssitzungen. “Momentan sprechen wir über die Periode 2013 bis 2015. Zentrales Thema für uns ist der wirtschaftliche Austausch”, sagt Corine Mauch.

Die Botschaft ist bei ihrem Amtskollegen angekommen. “Es steht fest, dass die wirtschaftlichen Beziehungen vertieft werden”, sagt Zhang Zulin und kündet für nächstes Jahr die Reise einer Delegation an die Limmat an. Für Kunming verspricht er einen Schweizer Erlebnispark, der die Zürcher Kompetenzen zum Ausdruck bringen soll.

Konkret ist aber noch nichts. Während des viertägigen Besuchs stiessen die Zürcher mit ihren Visionen betreffend Ökonomie bei ihren Gesprächspartnern kaum auf offene Ohren. Aus dem Mund einer Chinesin, die für ein Abwasserreinigungs-Programm verantwortlich ist, tönt dies so: “Die Schweizer werden sehr bewundert, sie geben so viel und verlangen umgekehrt nichts.”

Die Partnerschaft Zürich-Kunming ist das einzige solche Projekt, das Hilfe vom Bund erhält (rund 250’000 Franken pro Jahr, via Deza).

Gesamthaft beträgt das Engagement der Bundesagentur in China 8 Mio. Franken. 5,5 Mio. Fr. fliessen in Projekte des globalen Programms gegen die Klimaerwärmung, 2,5 Mio. Fr. in laufende oder künftige Projekte.

Die Projekte betreffen nicht die nationale Entwicklung im Riesenreich, sondern die Zusammenarbeit mit China in der Region Asien sowie den globalen Dialog.

Die Deza ist sich bewusst, dass das aufstrebende China selbst zu einem wichtigen Akteur in Entwicklungsfragen und betreffend humanitäre Hilfe geworden ist, das vorwiegend für Länder des Südens.

Deshalb erachtet Bern den Dialog mit Peking über Fragen der Entwicklungs- und Aussenpolitik als sehr wichtig.

(Übertragen aus dem Französischen: Renat Kuenzi)

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