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Donnernde Explosionen und Flugabwehrfeuer über Kabul

Die ersten Explosionen von Bomben und Raketen schrecken die Einwohner von Kabul kurz nach Einbruch der Dunkelheit auf: Um 20.57 Uhr bebt die Erde von der Wucht fünf schwerer Detonationen. Dann ist das Rattern der Flugabwehrgeschütze zu hören, mit denen die Taliban-Miliz versucht, amerikanische Kampfflugzeuge abzuschiessen.

Sofort nach der ersten schweren Explosion bricht in ganz Kabul die Stromversorgung zusammen. Die Hauptstadt liegt in völliger Dunkelheit da. Vermutlich wurden da Ziele im Südwesten Kabuls angegriffen. Dort liegen der Darulaman-Palast, eine alte Königsresidenz, und die historische Balahisar-Festung. Dann wird es für wenige Minuten ruhig – bis ein Kampfflugzeug die Stadt überquert, und der Krieg weitergeht.

Am Telefon sagt Taliban-Funktionär Mudir: “Wir werden angegriffen. Sie haben den Süden von Kabul bombardiert. Unsere Geschütze sind im Einsatz.”

In der südafghanischen Stadt Kandahar – dort haben die islamischen Fundamentalisten der Taliban ihre Zentrale – soll der Tower des Flughafens beschädigt worden sein. Explosionen werden auch aus Dschalalabad im Osten des Landes gemeldet.

Kabul hat wieder Strom

In Kabul kann nach mehr als zwei Stunden das Licht wieder eingeschaltet werden, die Stromversorgung funktioniert wieder. Die Stadt wirkt ruhig, es gibt keine Anzeichen von Panik. Nach mehr als zwei Jahrzehnten immer neuer Kriege sind die eine Million Hauptstadtbewohner abgehärtet. Grosse Teile der Stadt sind ohnehin schon lange zerstört.

Taliban haben etwa 40’000 Soldaten

Etwa 40’000 Soldaten haben die Taliban unter Waffen. Viele von ihnen sind im Krieg gegen die Nordallianz im Einsatz – die Kämpfer um den gestürzten Präsidenten Burhanuddin Rabbani haben seit dem 11. September Landgewinne in Richtung Kabul gemeldet.

Militärisch völlig unterlegen unternahmen die Taliban am Sonntag noch einmal einen Versuch, die drohenden Angriffe in letzter Minute abzuwenden – indem sie die Freilassung der acht ausländischen Shelter-Now-Mitarbeiter anboten, unter ihnen vier Deutsche. Aber die Regierung in Washington wies dies ebenso zurück wie das Angebot, über eine Auslieferung von Osama Bin Laden zu verhandeln – und hat nun 26 Tage nach den Terroranschlägen in New York und Washington die angedrohte Militäraktion begonnen.

swissinfo und Amir Shah (AP)

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